Keine Hartz IV Minderung auf Entschädigung

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Zinsen auf nachgezahlte Opferentschädigung mindern nicht Hartz IV

29.09.2016

Erhalten Hartz-IV-Bezieher neben einer Opferentschädigung auch darauf angefallene Zinsen nachgezahlt, darf das Jobcenter diese nicht als Einkommen mindernd anrechnen. Wenn die Nachzahlung der Opferentschädigung selbst nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werde, müsse dies auch für die Zinsen gelten, entschied das Sozialgericht Düsseldorf in einem am Donnerstag, 29. September 2016, veröffentlichten Urteil (Az.: S 29 AS 4295/13).

Geklagt hatte ein heute 41-jähriger Hartz-IV-Empfänger, der als Kind Opfer einer schweren Straftat wurde. 2004 beantragte er daher eine Opferentschädigung. Der zuständige Landschaftsverband Rheinland lehnte diese zwar zunächst ab, sprach dem Mann aber nach einem gerichtlichen Vergleich eine monatliche Grundrente in Höhe von monatlich 295 Euro zu. Die Behörde erkannte einen Grad der Schädigungsfolgen von 60 an.

Mit der Anerkennung erhielt der Hartz-IV-Bezieher 27.857 Euro an Opferentschädigung nachgezahlt. Wegen der verspätet bewilligten Grundrente konnte der Mann sich zunächst auch über eine Zinszahlung in Höhe von 4.374 Euro freuen.

Das Jobcenter wertete die Zinsen jedoch als Einkommen. Diese seien auf sechs Monate zu verteilen. Danach habe der Hartz-IV-Bezieher für den Streitzeitraum November 2012 bis April 2013 zu Unrecht Leistungen bezogen. Zwar seien nach dem Gesetz Leistungen aus einer Opferentschädigung privilegiert und dürften nicht als Einkommen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Dies gelte jedoch nicht für Zinsen auf nachgezahlte Entschädigungsleistungen.

Dem widersprach das Sozialgericht in seinem Urteil vom 9. September 2016. Ob Zinsen als Einkommen angerechnet werden können, müsse immer im Zusammenhang mit der verzinsten Geldleistung gesehen werden. Sei die Hauptleistung – hier die Opferentschädigung – bei Hartz IV privilegiert und damit anrechnungsfrei, müsse dies auch für die Zinsen gelten.

Die Düsseldorfer Richter bezogen sich damit auch auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 21. Juni 2016 (Az.: L 9 AS 4918/14; JurAgentur-Meldung vom 2. August 2016). Das LSG hatte darin gerügt, dass ein Jobcenter einem Arbeitslosen erst eine Hartz-IV-Nachzahlung und darauf auch noch Zinsen gewährte, die Zinsen dann aber wieder als Einkommen anrechnete und das Arbeitslosengeld II entsprechend kürzte. Gegen das Urteil wurde mittlerweile Revision beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel eingelegt. Dort ist es unter dem Aktenzeichen B 14 AS 20/16 R anhängig.

Das BSG hatte allerdings in einem Urteil vom 22. August 2012 Zinseinkünfte aus der Anlage von Schmerzensgeldzahlungen als Einkommen gewertet (Az.: B 14 AS 103/11 R, JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Das wegen eines Unfalls gezahlte Schmerzensgeld wird nach den geltenden Bestimmungen nicht als Einkommen angesehen. Werden mit dem angelegten Geld aber Zinseinkünfte erzielt, müssten diese mindernd auf die Hartz-IV-Leistungen angerechnet werden, so die Kasseler Richter.

Dieses Urteil sei jedoch nicht auf den nun entschiedenen Fall übertragbar, betonte das Sozialgericht Düsseldorf. Denn hier habe der Kläger nicht frei darüber entschieden, am Markt Zinsen zu erwirtschaften. Vielmehr seien die Zinsen im Zuge einer Nachzahlung gezahlt worden. „Er musste seine Entschädigungsansprüche erst einklagen und hatte damit keinen entscheidenden Einfluss darauf, dass Zinsen entstehen“, heißt es weiter in dem Urteil. fle/mwo

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