Schwerbehinderung: GdB-Abstufung von 50 auf 30 gestoppt

18. März 2025
Wenn ein Versorgungsamt den festgestellten Grad einer Behinderung senkt, dann muss es dies mit objektiven aktuellen medizinischen Befunden begründen. Dies klärte das Landesgericht Sachsen-Anhalt und entschied damit gegen das Landesverwaltungsamt Halle, das dem Kläger den Grad der Behinderung von 50 auf 30 gesenkt hatte. (L 13 SB 2/16). Eine schwerwiegende Entscheidung Einen Grad der Behinderung von 50 (und höher) auf unter 50 zu senken, hat für die Betroffenen schwerwiegende Konsequenzen. Erst ab einem Grad der Behinderung von 50 gilt eine Behinderung als Schwerbehinderung, und erst dann besteht ein Anspruch auf damit verbundene Nachteilsausgleiche. Übersicht der Nachteilsausgleiche bei GdB >50 Besonderer Kündigungsschutz Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage Verbot von Mehrarbeit Recht auf ein persönliches Vorstellungsgespräch bei einer Bewerbung Altersrente für schwerbehinderte Menschen Einen den Bedürfnissen entsprechend gestalteten Arbeitsplatz Staatliche Unterstützung des Arbeitgebers bei einer Beschäftigung Herabstufung nach Routineuntersuchung Der Betroffene hatte einen Grad der Behinderung von 50 festgestellt. Nach einer Routineuntersuchung setzte die zuständige Behörde den Grad der Behinderung auf 30 herab und begründete dies pauschal damit, dass der Gesundheitszustand sich verbessert hätte. Die dem Grad der Behinderung zugrunde liegenden Funktionsstörungen der Wirbelsäule und psychischen Einschränkungen seien nicht mehr so schwerwiegend wie bei der Erstfeststellung des Grades der Behinderung Der Mann akzeptierte die Entscheidung nicht. Er legte Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass seine Beschwerden weiterhin erheblich seien und eine Herabsetzung nicht gerechtfertigt werden könnte. Die Behörde wies den Widerspruch zurück, und der Betroffene klagte deshalb vor dem Sozialgericht, um seinen Anspruch auf den vorherigen Grad der Behinderung durchzusetzen. Lesen Sie auch: Mitarbeiter mit Schwerbehinderung – So profitieren Arbeitgeber und Kollegen Rente mit Schwerbehinderung: Das gilt bei einem GdB unter 50 Keine ausreichenden Beweise Das Landessozialgericht gab dem Betroffenen schließlich recht. Es erklärte, die Behörde hätte keine ausreichenden Beweise vorgelegt, um nachzuweisen, dass sich der Gesundheitszustand wesentlich verbessert hätte. Was wären gültige Belege? Ausreichende Beweise, die für oder gegen einen höheren Grad der Behinderung sprechen, sind aktuelle medizinische Gutachten für die jeweiligen Einschränkungen, die auch die Wechselwirkungen zwischen den Einzelbehinderungen berücksichtigen. Solche Beurteilungen können ausgesprochen komplex sein, und oft sind Befunde von Fachärzten aus verschiedenen Disziplinen erforderlich. Dies gilt gerade für Fälle wie den vorliegenden, in dem für den Grad der Behinderung körperliche Beeinträchtigungen ebenso eine Rolle spielen wie psychische. Eine pauschale Aussage wie die, dass sich der Gesundheitszustand verbessert hätte, ohne diese verschiedenen aktuellen Gutachten als Grundlage einzuholen, reicht nicht aus, um in einer solchen Situation den Grad der Behinderung zu senken. Nicht nachvollziehbare Herabsetzungen anfechten Der Betroffene zog vor Gericht und war damit erfolgreich. Wenn Sie selbst eine Herabsetzung des Grades Behinderung durch die zuständige Behörde befürchten, dann sollten Sie so früh wie möglich beginnen, einer solchen Entscheidung vorzubeugen. Dazu können Sie ein Tagebuch führen, indem Sie detailliert Ihre Beschwerden notieren, aufschreiben, wann diese auftreten und mit welchen Auslösern, und auch, wenn sich die Einschränkungen verschlimmern. Dabei können scheinbar kleine Aspekte eine große Rolle spielen, bei einem Wirbelsäulenleiden zum Beispiel, wie schwer es fällt, eine Treppe zu bewältigen. Sie sollten sich darum kümmern, dass die behandelnden Ärzte regelmäßig Ihre Beschwerden notieren und dabei genau vermerken, wie stark diese Sie im Alltag beeinträchtigen. Denn über einen Grad der Behinderung entscheidet nicht die Erkrankung als solche, sondern das Ausmaß, in dem die Erkrankung Sie darin einschränkt, an der Gesellschaft teilzuhaben. Prüfen Sie Ihre Rechte Versorgungsämter müssen die Entscheidung über einen Grad der Behinderung gut begründen. Wenn Ihr Grad der Behinderung herabgesetzt wird, dann besprechen Sie sich umgehend mit einem Anwalt, der auf Behindertenrecht spezialisiert ist, ob die Beurteilung des Versorgungsamtes fundiert ist. Dann lassen Sie sich beraten, welche Chancen ein Widerspruch hat, und ob eine Klage vor dem Sozialgericht erfolgreich sein könnte. In vielen Fällen bekamen Menschen mit Behinderung recht, und das Versorgungsamt musste den Grad der Behinderung erhöhen.
Aktuelles
18. März 2025
Nach jahrzehntelanger Arbeit in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen, darauf freuen sich viele Rentenberechtigte. Doch die Wege in die Rente sind gepflastert mit Regelungen und Bedingungen, die für den Laien oft schwer zu durchschauen sind. Ein Thema, das immer wieder auf den Schreibtischen der Beraterinnen und Berater der Sozialverbände landet, ist der Übergang in die abschlagsfreie Rente - eine Rente, die nicht immer so einfach zu realisieren ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Die Erwartung: Rente ohne Abschlag Weit verbreitet ist die Annahme, dass man nach 45 Arbeitsjahren automatisch und ohne finanzielle Einbußen in den Ruhestand gehen kann. Tatsächlich gibt es mit der Altersrente für besonders langjährig Versicherte eine Regelung, die dies ermöglicht. Der Clou: Man kann zwei Jahre früher als zum gesetzlichen Renteneintrittsalter, jedoch ohne Abschläge in den Ruhestand gehen. Das klingt zunächst vielversprechend und gerecht für diejenigen, die über Jahrzehnte hinweg das Rentensystem mit Beiträgen unterstützt haben. Der Knackpunkt: Das erforderliche Alter Doch hier kommt die erste Hürde ins Spiel: das erforderliche Mindestalter. Auch wenn die Wartezeit von 45 Jahren erfüllt ist, bedeutet dies nicht automatisch, dass man ohne Abschläge in Rente gehen kann. Auch das erforderliche Lebensalter muss erreicht sein. Konkret heißt das: Müsste man beispielsweise bis 66 Jahre und 10 Monate arbeiten, könnte man frühestens mit 64 Jahren und 10 Monaten abschlagsfrei in Rente gehen. Jeder Versuch, noch früher in Rente zu gehen, würde unweigerlich zu Abschlägen führen, bestätigt auch Christian Schultz vom Sozialverband Deutschland, SoVD. Die Alternative: Altersrente für langjährig Versicherte Für diejenigen, die trotzdem früher aus dem Arbeitsleben ausscheiden möchten, gibt es die Altersrente für langjährig Versicherte. Diese ist bereits ab 35 Versicherungsjahren möglich und theoretisch schon ab dem 63. Geburtstag antrittsfähig – allerdings mit einem entscheidenden Nachteil: Für jeden Monat, den man früher in Rente geht, fallen 0,3% Abschläge von der Bruttorente an. Lesen Sie auch: Unterschiedliche Auszahlung der Rente für November Die Kosten des früheren Ruhestands Diese Abschläge können sich schnell summieren und zu spürbaren finanziellen Einbußen führen. Wer beispielsweise drei Jahre früher in Rente gehen will, muss mit Abschlägen von 10,8 Prozent rechnen. Hinzu kommt, dass sich auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verringern, was viele nicht bedenken. Die Entscheidung für einen früheren Renteneintritt ist also nicht nur eine Frage des persönlichen Wohlbefindens, sondern auch eine erhebliche finanzielle Entscheidung. Eine Beispielrechnung Um die Auswirkungen von früherem Renteneintritt auf die Rentenhöhe besser zu verstehen, zeigen wir ein Rechenbeispiel. Dieses Beispiel soll verdeutlichen, wie sich Abschläge auf die monatliche Rente auswirken können, wenn man sich entscheidet, früher die Altersrente zu beziehen. Paul, geboren am 1. Juli 1960, steht vor der Entscheidung bezüglich seines Renteneintritts. Gemäß den regulären Bestimmungen könnte er ab dem 1. November 2026 in Rente gehen, wenn er das Alter von 66 Jahren und 4 Monaten erreicht. Doch Paul hat bereits die erforderlichen 35 Beitragsjahre für die Rente erfüllt und möchte daher früher in den Ruhestand treten, nämlich mit 63 Jahren. Das bedeutet, dass er bereits ab dem 1. Juli 2023 eine Rente beziehen könnte. Allerdings gibt es einen Haken. Für jeden Monat, den Paul früher in Rente geht, wird von seiner Rente ein Abschlag vorgenommen. Die Rentenversicherung zieht für jeden dieser Monate 0,3 Prozent von seiner Rente ab. Da Paul 40 Monate früher in Rente gehen möchte als geplant, ergibt das einen Abschlag von insgesamt zwölf Prozent. Nehmen wir an, dass Paul zu diesem Zeitpunkt 40 Entgeltpunkte gesammelt hat. Gemäß den aktuellen Werten ab dem 1. Juli 2023 würde er ohne Abschläge eine monatliche Rente von 1.504 Euro erhalten. Aufgrund seiner Entscheidung, früher in Rente zu gehen, würde die Rentenversicherung zwölf Prozent davon abziehen. Das bedeutet, dass seine tatsächliche monatliche Rente bei vorzeitigem Renteneintritt rund 1.324 Euro beträgt. Die Differenz zwischen der ungekürzten und der gekürzten Rente beträgt somit 180 Euro pro Monat. Das sind die Kosten, die Paul für seine Entscheidung, früher in Rente zu gehen, zu tragen hat. Gut beraten ist halb gewonnen Wer also die 45 Arbeitsjahre voll hat und dennoch früher in Rente gehen möchte, sollte alle Optionen sorgfältig abwägen und durchrechnen. Es gibt durchaus Gestaltungsmöglichkeiten, wie beispielsweise eine Kombination aus Krankengeld und Arbeitslosengeld unmittelbar vor dem Rentenbeginn, die einen Übergang ohne Abschläge ermöglichen können. Die Devise lautet daher: Informieren, beraten lassen und alle Optionen prüfen, um finanzielle Einbußen im Ruhestand zu minimieren.
18. März 2025
Beleidigt und bedroht ein Bürgergeldbezieher telefonisch wiederholt Behördenmitarbeiter und verstößt er damit gegen ein ausgesprochenes telefonisches Kontaktverbot, muss er mit Erzwingungshaft rechnen. Das gilt zumindest dann, wenn bei dem mittellosen Arbeitslosen keine Zwangsgelder gepfändet werden können, entschied das Verwaltungsgericht Hamburg in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 6. Januar 2025 (Az.: 5 V 5833/24). Bei Verstoß gegen „virtuelles Hausverbot“ droht Erzwingungshaft Konkret ging es um einen Bürgergeldbezieher aus Hamburg, der mehrfach Behördenmitarbeiter telefonisch beleidigt und ihnen Gewalt angedroht hatte. Daraufhin wurde gegen den Mann ein sogenanntes virtuelles Hausverbot verhängt. Damit wurde ihm untersagt, die Behörde telefonisch zu kontaktieren. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurden ihm „Zwangsmittel“ angedroht. Der Mann hielt sich jedoch nicht an das Verbot und beleidigte und bedrohte die Behördenmitarbeiter weiterhin telefonisch. Daraufhin wurden dreimal Zwangsgelder gegen ihn festgesetzt. Da der Mann jedoch nur über das Bürgergeld und über keinerlei Einkommen oder Vermögen verfügte, konnten die Zwangsgelder nicht eingetrieben werden. Schließlich wurde gegen ihn eine zweiwöchige Erzwingungshaft verhängt. VG Hamburg: Bürgergeldbezieher drohte Behördenpersonal Gewalt an Zu Recht, befand das Verwaltungsgericht. Der Bürgergeldbezieher habe sich nicht an das „virtuelle Hausverbot“ gehalten. Mit seinen Anrufen habe er nicht nur grundlos die Telefonleitung der Behörde für andere Bürgerinnen und Bürger blockiert, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beleidigt und ihnen sogar Gewalt angedroht. Um den Mann zum Unterlassen seiner Anrufe zu bewegen, seien Zwangsmittel gerechtfertigt. Grundsätzlich kämen zunächst Zwangsgelder in Betracht. Diese hätten aber bei dem Bürgergeldbezieher nicht beigetrieben werden können. Eine Pfändung von Sachmitteln sei nicht möglich gewesen. Er verfüge nur über einen Fernseher, eine Waschmaschine und eine Mikrowelle. In einem solchen Fall sei eine zweiwöchige Erzwingungshaft als letztes Mittel zur „Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebs“ der Behörde gerechtfertigt und auch verhältnismäßig.
18. März 2025
CDU/CSU und SPD haben sich darauf geeinigt, in einer zukünftigen Regierung das Rentenniveau von 48 Prozent zu stabilisieren. Viele wissen jedoch nicht, was dieses Rentenniveau überhaupt bezeichnet, andere übernehmen eine falsche, aber weitverbreitete Vorstellung. Wir erklären, was der Begriff Rentenniveau bedeutet, was er über ihre zu erwartende Rente aussagt, und wie sich dieses Rentenniveau berechnet. Rentenniveau: Bedeutung und Herleitung Das Rentenniveau bezeichnet das Verhältnis zwischen Rente und Verdienst aus Erwerbsarbeit. Das haben viele schon einmal gehört, und daraus entsteht oft ein Missverständnis. Hartnäckig hält sich die falsche Vorstellung, dass 48 Prozent Rentenniveau bedeutet, Sie würden 48 Prozent Ihres vorherigen Gehalts als Rente bekommen. Das stimmt aber nicht, denn beim Rentenniveau geht es nicht um Ihre persönliche Rente, die die gesetzliche Rentenversicherung individuell aus Ihren Beiträgen in die Rentenkasse sowie möglichen Anrechnungszeiten berechnet. Das Rentenniveau erlaubt also keine konkrete Aussage darüber, welche individuelle Rente Sie in Zukunft beziehen werden. Standardrente und Durchschnittsverdienst Das Rentenniveau ist vielmehr eine Modellgröße, um zu verhindern, dass die Renten unter eine kritische Grenze fallen. Dafür wird eine Standardrente in Bezug zu einem errechneten Durchschnittsverdienst gesetzt. Mit diesem Standard soll erkannt werden, welche Leistung die Rente erbringt, und wie sich dieses Niveau mit den Jahren ändert. Was ist die Standardrente? Die Standardrente ist ein Wert, der eine Rente nach 45 Jahren Beitragsjahren bei Durchschnittsverdienst abbildet, also exakt 45 Rentenpunkten entspricht. Wer nämlich genau den Durchschnitt verdient, erhält pro Jahr Beitragszahlung exakt einen Rentenpunkt. Von dem Ergebnis zieht die Rentenversicherung dann die zu zahlenden Sozialbeiträge auf Rente (und zuvor Lohn) ab. Das Rentenniveau zeigt jetzt das Verhältnis dieser Standardrente im Verhältnis zum Durchschnittsentgelt in Deutschland an. Derzeit liegt es bei 48 Prozent. Lesen Sie auch: Rente mit 63: Letzte Chance früher die Altersrente in Anspruch zu nehmen Kaum zu glauben – Trotz 25 Jahre Ehe kein Anspruch auf Witwenrente Warum ein Prozentwert sinnvoll ist Der Prozentwert ist wichtig, weil es um das Verhältnis zwischen Durchschnittseinkommen und Rente geht. 1975 betrug die Standardrente zum Beispiel umgerechnet 5.417 Euro pro Jahr, was sich sehr wenig anhört im Vergleich zu 18.780 Euro im Jahr 2024. Trotzdem betrug das Rentenniveau 1975 ganze 55,2 Prozent, 2024 lediglich 48,00 Prozent. Denn 1975 lag das jährliche Durchschnittsentgelt bei 9.808 Euro und 2024 bei 39.124 Euro. Warum wird das Rentenniveau stabilisiert? Grundsätzlich gilt: Je weniger Prozent des Durchschnittsgehalts das Rentenniveau umfasst, desto niedriger sind im Schnitt die Renten, desto höher ist das Risiko von Altersarmut, desto größer die Gefahr, von der Altersrente nicht leben zu können. Deshalb zeigt das Rentenniveau nicht nur einen Ist-Zustand, sondern auch immer, ob die politisch Verantwortlichen Maßnahmen ergreifen müssen, um das Rentenniveau zu halten oder zu erhöhen. Das Rentenniveau beruht auf den Beiträgen Das Rentenniveau ist keine „naturgegebene Größe“, sondern beruht erst einmal auf den Beiträgen, die die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in die Rentenkasse einzahlen. Je mehr Erwerbstätige in die Rentenkasse einzahlen und je weniger Rentner von diesen Beiträgen leben, umso mehr Gelder hat die Rentenkasse. Dazu gibt es einen Zuschuss vom Bund. Die Rente bewegt sich auf eine Krise zu, da die Lebenserwartung seit Jahrzehnten steigt und sich das Verhältnis im mehr auf die Rentenbezieher verlagert. Wenn die Parteien, die aller Wahrscheinlichkeit nach die nächste Bundesregierung bilden, sich jetzt verständigen, das Rentenniveau von 48 Prozent stabil zu halten, dann bedeutet das staatliche Maßnahmen, die sie tragen werden. In erster Linie bedeutet das, den Bundeszuschuss für die Renten zu erhöhen, wenn ohne eine solche gesteigerte Förderung ein Rentenniveau von 48 Prozent nicht mehr erreicht werden kann.
18. März 2025
Bürgergeld in Deutschland steht vor einer möglichen Neuausrichtung. Rund 5,4 Millionen Menschen erhalten aktuell diese Leistung. Sie deckt den Lebensunterhalt und soll eine Perspektive auf Beschäftigung bieten. Doch viele Betroffene profitieren nicht ausreichend von Maßnahmen, die gezielt zum Arbeitsmarkt führen. In einer Studie der Bertelsmann-Stiftung fordern Experten deshalb eine Reform, die Verwaltungsabläufe verschlankt und das Verhältnis von Fördern und Fordern neu justiert. Zusammenfassung der Ausgangslage Knapp 1,9 Millionen Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger sind momentan ohne Job. Weitere 2,7 Millionen stehen aus verschiedenen Gründen nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Das betrifft Personen, die eine Ausbildung machen, Angehörige pflegen oder aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig sind. Außerdem gibt es rund 830.000 sogenannte Aufstockerinnen und Aufstocker, die zwar arbeiten, aber dennoch auf ergänzende staatliche Leistungen angewiesen sind. Nach aktuellen Berechnungen belaufen sich alle Ausgaben für diese Grundsicherung auf etwa 52 Milliarden Euro pro Jahr. Davon fließen rund 29 Milliarden Euro direkt an Leistungsberechtigte. Jobcenter übernehmen eine wichtige Rolle Die Jobcenter übernehmen die wichtigste Rolle bei der Betreuung. Sie sollen den Lebensunterhalt der Empfängerinnen und Empfänger absichern und gleichzeitig auf eine Rückkehr in reguläre Arbeit hinarbeiten. Dafür erhalten sie Bundesmittel in Höhe von insgesamt 10,7 Milliarden Euro für die Betreuung von Leistungsbeziehenden (Stand 2024). Aktuelle Zahlen zeigen jedoch, dass ein erheblicher Teil dieses Budgets für die Verwaltung verwendet bzw. verschwendet wird. In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Verwaltungsaufwendungen um fast 40 Prozent erhöht und liegen bei 6,5 Milliarden Euro. Die Mittel für Arbeitsförderung stagnieren bei rund 3,8 Milliarden Euro. Einige Einrichtungen schichten bis zu 70 Prozent des Geldes in die Organisation ihrer Abläufe um, anstatt es für aktive Vermittlungsangebote einzusetzen. Grund für die geringe Integrationsquote Diese Entwicklung hemmt das Ziel, Menschen rasch in Erwerbstätigkeit zu bringen. Denn weniger Fördergeld bedeutet weniger Kurse, weniger Qualifizierungen und weniger individuelle Betreuung. Laut Aussagen von Arbeitsmarktexpertinnen und -experten der Bertelsmann-Stiftung ist das eine wesentliche Ursache für die geringe Integrationsquote. Häufig fehlen passgenaue Hilfen für Betroffene, die mehrere Vermittlungshemmnisse haben. Wenn Weiterbildungen oder Coachings aus Kostengründen entfallen, bleiben viele Menschen länger arbeitslos. Das erhöht die Gesamtausgaben, weil weiterhin Bürgergeld gezahlt wird, ohne die nachhaltige Rückkehr in den Job zu unterstützen. Hohe Ausgaben, geringe Wirkung? Das Problem liegt in den ineffizienten Strukturen. Nach Einschätzung verschiedener Fachkreise wird das Budget eher an Fallzahlen orientiert verteilt als an konkreten Zielwerten für Arbeitsmarktintegration. Es fehlt eine verbindliche Steuerung, die den Erfolg der Jobcenter an messbaren Kennzahlen ausrichtet. So gibt es in vielen Regionen kein konsequentes Controlling, das darlegt, wie viele Personen durch bestimmte Förderprogramme einen Arbeitsplatz gefunden haben. Diese Intransparenz erschwert eine evidenzbasierte Analyse, welche Maßnahmen funktionieren und wo Gelder wirkungsvoller eingesetzt werden könnten. Beispiel für Integration Ein Beispiel verdeutlicht das finanzielle Potenzial gelungener Integration: Wenn allein 230.000 Menschen ohne nennenswerte Vermittlungshemmnisse in Vollzeitjobs zu Mindestlohnbedingungen einsteigen, könnten jährlich geschätzt 3,5 Milliarden Euro an Transferzahlungen eingespart werden. Gleichzeitig würde die Sozialversicherung um etwa 1,3 Milliarden Euro entlastet, und die Einkommensteuer-Einnahmen könnten um rund 350 Millionen Euro steigen. Solche Zahlen signalisieren, welchen gesellschaftlichen Nutzen mehr Investitionen in gezieltes Training, Beratung und Qualifizierung hätten. Anreize durch gezieltes „Fördern und Fordern“ Die Experten der Bertelsmann-Stiftung raten zu einem verstärkten Fokus auf sogenannte Aktivierungsmaßnahmen. Damit sind Programme gemeint, die individuelle Hindernisse bei der Jobsuche abbauen. Das umfasst Coaching, persönliche Entwicklungspläne und abschlussorientierte Weiterbildung. Vor allem junge Menschen ohne Berufsausbildung profitieren von schulischen Nachqualifizierungen oder Förderlehrgängen, die auf Ausbildungsabschlüsse vorbereiten. Damit lässt sich früh verhindern, dass sich eine Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt. Wer in einer Notlage steckt, benötigt teils mehr Begleitung, damit motivierende Effekte spürbar werden. Studien zeigen, dass eine enge Betreuung durch Fallmanagerinnen und Fallmanager in Jobcentern helfen kann, Arbeitssuchende früher in Praktika oder befristete Jobs zu vermitteln. Einzelgespräche decken dabei persönliche Probleme auf und münden in gezielte Hilfsangebote, die wieder eine Perspektive schaffen. Diese Maßnahmen kosten Geld, sparen aber langfristig Mittel, weil Arbeitslosigkeit kürzer ausfällt und seltener zurückkehrt. Faire Sanktionsregeln helfen In der Studie wird darauf hingewiesen, dass bei aller Kritik an den Jobcentern, die Handlungsfähigkeit erhalten bleiben muss. Entgegen der Überzeugung von gegen-hartz sollten Sanktionen ein wichtiges Mittel bleiben, um vermeidbare Kosten zu senken und Anreize für die Jobvermittlung zu schaffen. Die Verfasser der Studie verweisen aber auch darauf, dass vor allem für jüngere Betroffene eine abschlussorientierte Qualifizierung und passgenaue Weiterbildung der sinnvollste Weg für eine erfolgreiche Jobvermittlung sind. Warum sich Mehrarbeit häufig nicht lohnt Ein weiterer Hemmschuh für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt ist das rasche Abschmelzen staatlicher Unterstützung. Wer zusätzlich zu einem niedrigen Lohn Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag bezieht, verliert durch jeden Euro Arbeitsentgelt einen Teil dieser Leistungen. In der Praxis bleibt Betroffenen oft nur ein geringer finanzieller Vorteil, wenn sie ihre Arbeitszeit erhöhen. Dieser Effekt dämpft die Motivation, mehr Stunden zu arbeiten oder einen angemessener bezahlten Job zu suchen. Experten fordern Bündelung von Leistungen Die Autoren der Bertelsmann-Studie fordern deshalb eine Bündelung der Leistungen. Bürgergeld, Wohngeld und Kinderzuschlag könnten zu einer einzigen Transferleistung verschmelzen. Dann würden kleine Lohnerhöhungen nicht sofort den gesamten Leistungsanspruch mindern. Stattdessen wäre mehr Netto vom Brutto spürbar. Für Sie als Betroffene oder Betroffener könnte das bedeuten, dass sich jeder Schritt hin zu einer Vollzeitstelle konkret lohnt. Dieser Effekt würde sich laut Modellrechnungen auch auf die gesamte Volkswirtschaft positiv auswirken. Reformbedarf in der Verwaltung Der Ruf nach mehr Strukturreformen kommt nicht nur von Wohlfahrtsverbänden, sondern auch von Kommunen. Viele Jobcenter kämpfen mit aufwendigen Prozessen, digitaler Rückständigkeit und mangelnder Vernetzung zu anderen Behörden. Teilweise werden Dokumente immer noch in Papierakten abgelegt, was schnelle Entscheidungen verzögert. Eine durchgängig digitale Fallbearbeitung könnte Ressourcen sparen und Ihnen als Betroffene oder Betroffener Wartezeiten ersparen. Wo heute Anträge in unklaren Verfahren stecken bleiben, könnte eine übersichtliche Plattform rasch Aufschluss geben, ob Unterlagen fehlen oder Termine anstehen. Mehr Kapazität – Bessere Betreuungsschlüssel Effizientere Abläufe bedeuten, dass Fachkräfte weniger Zeit für Bürokratie benötigen und mehr Raum für den Kontakt zu Arbeitssuchenden haben. Dadurch lassen sich Betreuungsschlüssel verbessern, und es bleibt Kapazität für individuelle Beratung. Internationale Vergleiche, etwa mit Dänemark oder den Niederlanden, deuten darauf hin, dass eine schlanke Verwaltung mehr Möglichkeiten für aufsuchende Sozialarbeit und gezielte Trainings schafft. Je reibungsloser das System, desto eher können Hilfsangebote frühzeitig greifen. Ein ganzheitlicher Reform-Ansatz Viele Beobachter kritisieren das bisherige Drehen an einzelnen Stellschrauben. Mal werden Sanktionsregelungen gelockert, mal wird das Schonvermögen für Empfänger erhöht. Diese kleinschrittigen Anpassungen lösen jedoch keine Grundprobleme wie niedrige Erwerbsanreize oder fehlende Transparenz. Stattdessen braucht es eine Strategie, in der sämtliche Komponenten ineinandergreifen: kluge Förderung, verbindliches Fordern, klare digitale Prozesse und gerechte Anreize für mehr Stundenumfang. Mehr Sicherheit für Betroffene Eine solche Reform würde Leistungsbeziehern eine größere Sicherheit bieten. Sie hätten einen nachvollziehbaren Stufenplan für Qualifizierung, der mit den Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt verknüpft ist. Ebenso wüssten Sie, dass mehr Aufwand oder zusätzliche Schulungen unmittelbar zu einem höheren Einkommen führen können, weil soziale Leistungen nicht abrupt wegfallen. Auf lange Sicht profitieren auch die Kommunen, wenn sich ihre Ausgaben für Arbeitslosigkeit verringern und zusätzliche Steuereinnahmen generiert werden. Entscheidend bleibt ein möglichst nahtloser Übergang in den Arbeitsmarkt. Wer dort wieder Tritt fasst, zahlt Steuern, stärkt die Rentenkassen und fühlt sich tendenziell gesellschaftlich eingebundener.
18. März 2025
Menschen mit Schwerbehinderung haben einen Anspruch auf Nachteilsausgleiche, um gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben zu können. Deshalb haben Unternehmen ab einer Mindestgröße die Pflicht, eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern mit Schwerbehinderung einzustellen. Viel zu oft wird übersehen, dass dies nicht nur einen Nachteilsausgleich für Menschen mit Schwerbehinderung bedeutet, sondern auch Vorteile für die Kollegen und Arbeitgeber. Besondere Bedürfnisse Menschen mit Behinderung brauchen oft bestimmte Hilfsmittel am Arbeitsplatz, und dies betrifft nicht nur die offensichtliche Barrierefreiheit für Menschen, die Rollstühle benutzen, sondern zum Beispiel auch solche, die eine besondere Empfindlichkeit für Licht und Geräusche im Autismus-Spektrum berücksichtigen. Gute Vorbereitung und hohes Engagement Was Außenstehende dabei oft nicht bedenken: Gerade, weil sie häufig Hilfsmittel benötigen, denken Menschen mit Behinderungen oft sehr genau darüber nach, welche Aufgaben sie bei der Arbeit auf welche Weise erfüllen; sie bereiten sich in der Regel überdurchschnittlich gut auf ihre Tätigkeit vor und verhalten sich im Unternehmen meist außergewöhnlich loyal und engagiert. Ihre Motivation ist hoch, denn Menschen mit Schwerbehinderung freuen sich meist, am Erwerbsleben in geeigneter Position teilzuhaben statt die Arbeit nur als lästige Notwendigkeit anzusehen. Die Gemeinschaft und das Arbeitsklima werden gefördert Einen geschätzten Kollegen selbstverständlich in die Arbeitsprozesse einzubeziehen, der in bestimmten Lebensbereichen beeinträchtigt ist, stärkt ein Arbeitsklima, in dem jeder das Beste gibt, wenn und weil seine Bedürfnisse geachtet werden. Es fördert die Gemeinschaft nach innen und zeigt nach außen, dass der Betrieb soziale Verantwortung übernimmt. Unterstützung der Arbeitgeber Arbeitgeber, die Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung einstellen, haben Anspruch auf diverse Förderungen. Angepasste Einrichtungen oder technische Hilfsmittel für die Betroffenen am Arbeitsplatz übernimmt das zuständige Integrationsamt - teilweise oder sogar ganz. Als Ermessensleistung ist auch ein Zuschuss der örtlichen Agentur für Arbeit möglich, der bis zu 70 Prozent des Arbeitsentgelts beträgt. Barrierefreiheit nützt allen Nicht nur die Mitarbeiter mit Behinderung, sondern alle Kollegen profitieren von Barrierefreiheit. Breite Türen, Fahrstühle in alle Stockwerke oder Toiletten ohne Barrieren ermöglichen den Betroffenen überhaupt erst, die Beschäftigung auszuüben. Anderen Mitarbeitern, die zwar keine Schwerbehinderung haben, aber leichtere Einschränkungen haben, zum Beispiel aufgrund des Alters, erleichtern diese Umbauten den Arbeitsalltag. Einfache Sprache für Menschen mit Schwerbehinderung hilft auch Mitarbeitern, die schlecht lesen können. Eine schwache Lesekompetenz ohne Behinderung ergibt zwar keinen rechtlichen Anspruch auf leichte und verständliche Sprache, doch leseschwache Mitarbeiter profitieren davon in hohem Ausmaß. Arbeitgeber können sich kostenlos beraten lassen Ein weiterer Vorteil für Arbeitgeber ist, dass sie umfassende Unterstützung erhalten können, um Antworten und Lösungen zu finden für individuelle Probleme und Situationen - und das kostenfrei Ein solcher Service ist bei der Einstellung und Beschäftigung von Mitarbeitern ohne Schwerbehinderung nicht vorhanden. Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber Es gibt vielfältige Angebote, um Arbeitgeber, die Menschen mit Behinderung einstellen wollen, zu fördern, und sogar so viele, dass Interessierte schnell den Überblick verlieren. Deshalb wurden 2022 die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) ins Leben gerufen. Diese arbeiten proaktiv. Sie klären Arbeitgeber auf, beraten und unterstützen sie bei der Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderung. Heike Horn-Pitroff, Leiterin des Integrationsamtes in Sachsen, erklärt: „Die Unterstützung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen ist in Deutschland gut aufgestellt, aber kompliziert geregelt. Damit sich Arbeitgeber auch gut zurecht finden, helfen die Ansprechstellen bei allen Fragen rund um die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen, vermitteln an die zuständige Leistungsbehörde und geben Hilfestellungen bei der Beantragung von Unterstützungsleistungen.“ Die bei den EAA tätigen Berater sind Profis für alle Aspekte der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderungen, kennen sich also mit den Auswirkungen der spezifischen Einschränkung am Arbeitsplatz aus, wissen, welche Möglichkeiten der Unterstützung es gibt und unterliegen der Schweigepflicht. Die Leistungen der Ansprechstellen sind auf der Ausgleichsabgabe finanziert und deshalb für Arbeitgeber kostenfrei. Eine Karte, in der sie die für ihren Ort zuständige Anlaufstellen anklicken können, finden Sie hier: https://www.mags.nrw/landkarte-beratungsstellen-behinderung-und-arbeit-EAA
18. März 2025
Menschen mit einem GdB von mindestens 50 dürfen bereits bis zu fünf Jahre vor ihrem regulären Rentenalter in den Ruhestand gehen. Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen punktet vor allem durch Flexibilität: Wer zusätzlich mehr als die erforderlichen 35 Versicherungsjahre ansammelt, kann den Rentenstart individuell anpassen. Irrtum: GdB 30 und Gleichstellung Immer wieder taucht die Frage auf, ob eine Gleichstellung mit einem GdB 30 dieselben Vorteile bringt. Diese Annahme ist falsch. Gleichgestellte Personen werden zwar etwa bei der Arbeitsplatzsuche bevorzugt, profitieren aber nicht von dem frühzeitigen Rentenstart, den nur Schwerbehinderte ab GdB 50 erhalten. Wer unsicher ist, kann seinen Bescheid prüfen lassen und gegebenenfalls einen höheren GdB beantragen. Wann gilt man als schwerbehindert? Nach deutschem Sozialrecht (z. B. SGB IX) liegt eine Schwerbehinderung ab einem GdB von 50 vor. Dann erhalten Sie einen Schwerbehindertenausweis und profitieren unter anderem von zusätzlichem Urlaub im Job. Außerdem können Sie eben jene Altersrente für schwerbehinderte Menschen beantragen. Ein GdB von 30, auch in Kombination mit einer Gleichstellung, reicht dafür nicht. Gleichgestellte Personen bekommen zwar in bestimmten Bereichen vergleichbare Rechte wie Menschen mit Schwerbehinderung. Für einen vorgezogenen Rentenbeginn greift diese Regelung jedoch nicht. Voraussetzungen für die Schwerbehindertenrente Damit Sie die Altersrente für schwerbehinderte Menschen beanspruchen können, müssen einige Bedingungen erfüllt sein. Entscheidend ist hauptsächlich die Versicherungszeit von 35 Jahren. Hierzu zählen Phasen, in denen Sie regulär gearbeitet, eine Ausbildung absolviert oder im Studium immatrikuliert waren. Auch Zeiten der Arbeitslosigkeit werden berücksichtigt, solange Sie durchgehend bei der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter gemeldet waren. Wer etwa das Studium voll ausgeschöpft hat und später lückenlos beschäftigt war, erreicht die geforderten 35 Versicherungsjahre meistens ohne Probleme. Die Altersgrenze für den abschlagsfreien Eintritt liegt bei vielen Jahrgängen zwei Jahre vor dem regulären Rentenalter. Eine genaue Prüfung der individuellen Lebensarbeitszeit ist allerdings ratsam, weil es je nach Geburtsdatum Abweichungen gibt. Hohe Flexibilität im Vergleich Die meisten kennen die „Rente für besonders langjährig Versicherte“ mit 45 Beitragsjahren. Bei dieser Variante ist ein frühzeitiger Start nur um höchstens zwei Jahre vor dem eigentlichen Rentenalter möglich. Mehr Spielraum wird nicht gewährt. Anders sieht es bei der Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus. Dort können Sie zwar ebenfalls zwei Jahre abschlagsfrei vorziehen, aber bei Bedarf noch weiter reduzieren. Für jeden zusätzlichen Monat entstehen zwar kleine Einbußen bei der Rentenhöhe. Doch Sie bestimmen, wie stark Sie Ihre Erwerbstätigkeit verkürzen. Dieser Vorteil kann Gesundheit und Lebensqualität verbessern, wenn Sie schon früh aus dem Erwerbsleben aussteigen möchten. Warum sich viele auf die 45 Jahre konzentrieren In der öffentlichen Diskussion stehen häufig die 45 Beitragsjahre im Mittelpunkt. Grund dafür sind die teils höheren monatlichen Beträge in dieser Rentenvariante. Laut aktuellen Statistiken liegt die Durchschnittsrente für besonders langjährig Versicherte in Deutschland (mit 45 Jahren Beitragszeit) bei rund 1.500 Euro. Quelle Die Rente für schwerbehinderte Menschen bringt im Durchschnitt etwa 1.300 Euro. Diese Differenz spiegelt sich auch in der Zahl der Rentenanträge wider: Weit über 200.000 Personen nutzten 2024 das 45-Jahre-Modell, während nur etwas mehr als 60.000 Versicherte den Weg über die Schwerbehinderung wählten. Experten sehen den geringeren Betrag bei der „Behindertenrente“ jedoch nicht als Nachteil, sondern als logische Folge ihrer Flexibilität: Wer schon mehrere Jahre vor dem gesetzlichen Renteneintritt aussteigt, erwirbt in der Endphase weniger Beitragsmonate. Bis zu fünf Jahre früher in den Ruhestand Der wesentliche Pluspunkt ist also die Wahlfreiheit. Falls Sie eigentlich bis 67 arbeiten müssten, können Sie mit anerkannter Schwerbehinderung schon mit 62 Jahren in Rente gehen. Zwar reduziert sich Ihr monatlicher Zahlungsanspruch für jeden Monat, den Sie vor dem abschlagsfreien Zeitfenster aussteigen. Diese Einbuße liegt bei 0,3 Prozent pro Monat. Dennoch gewinnen Sie bis zu drei zusätzliche Jahre Freizeit im Vergleich zur „Rente für besonders langjährig Versicherte“. Das lohnt sich für viele, die gesundheitliche Einschränkungen oder besonders belastende Arbeitsbedingungen haben. Konkreter Nutzen für Betroffene Stellen Sie sich vor, Sie spüren schon in Ihren Fünfzigern, dass Ihr Körper nicht mehr mitmacht. Mit einem Schwerbehindertenausweis wäre es möglich, eher den Job zu beenden und Lebenszeit für Familie, Hobbys oder gesundheitliche Maßnahmen einzusetzen. Wenn Sie frühzeitig planen, lässt sich der finanzielle Einschnitt begrenzen. Wer rückwirkend Beiträge aus Minijobs aufstockt oder Rentenpunkte durch Freiwilligenversicherung erhöht, füllt Lücken im Rentenkonto. Das sichert die notwendige Wartezeit und gleicht Abschläge teilweise aus. So vermeiden Sie finanzielle Nachteile Ein sorgfältiger Zeitplan erleichtert den Übergang in die Altersrente. Sinnvoll ist: Rechtzeitig beim Versorgungsamt beantragen, falls Sie vermuten, dass Sie einen GdB von 50 erreichen. Rentenversicherungskonto prüfen und bei Bedarf fehlende Zeiten ergänzen. Berufsberatung in Anspruch nehmen, um Alternativen wie Teilzeitarbeit oder stufenweisen Ausstieg zu prüfen. Nutzen Sie diese Schritte, um böse Überraschungen zu verhindern. So entscheiden Sie selbst, ob und wann ein vorzeitiger Ausstieg tragbar ist. Tipps für eine erfolgreiche Antragstellung Viele Versicherte stellen fest, dass die Formulare zur Rentenbeantragung umfangreich sind. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken. Bitten Sie um Unterstützung bei neutralen Beratungsstellen. Hier erfahren Sie, welche Nachweise im Einzelfall erforderlich sind und wie Sie Ihren Ausweis oder Ihr medizinisches Gutachten korrekt einreichen. Mit einer ausführlichen Dokumentation vermeiden Sie Rückfragen und beschleunigen das Verfahren. Darum lohnt sich die Schwerbehindertenrente trotz oft geringerer Beträge Zwar liegt die monatliche Durchschnittsrente dieser Variante meist unter jener für besonders langjährig Versicherte. Dennoch kann sie erheblichen Nutzen bringen. Menschen mit chronischen Leiden oder körperlicher Belastung profitieren von kürzeren Erwerbsjahren. Selbst wenn Sie die Abschläge für die Zeit über den zwei abschlagsfreien Jahren hinaus in Kauf nehmen, sparen Sie bis zu fünf Lebensjahre, die sonst in die Arbeit fließen würden. Nach Aussagen von Betroffenen verbessert sich die Lebensqualität häufig deutlich, weil gesundheitliche Einschränkungen besser kompensiert werden können. Automatische Einstufung durch die DRV Die Deutsche Rentenversicherung berücksichtigt die Schwerbehinderung von sich aus, sobald Sie den entsprechenden Ausweis vorlegen. Treffen Sie sowohl die Bedingungen für die 45-jährige Wartezeit als auch die Schwerbehindertenrente, legt die Rentenkasse in der Regel die Variante mit Schwerbehinderung zugrunde. So müssen Sie keinen separaten Antrag stellen, um diese Option zu erhalten. Trotzdem ist es immer ratsam, sich bei der DRV beraten zu lassen. Nur so wissen Sie genau, welchen Rentenbetrag und welchen Zeitpunkt Sie erwarten können.
18. März 2025
Viele Menschen in Deutschland wollen früher in Rente gehen. Doch dafür gibt es nur noch eine einzige Möglichkeit, wie der Sozialverband Deutschland, SoVD, mitteilte. In Deutschland wünschen sich viele Menschen, bereits mit 63 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand zu treten. Für die kommenden Jahrgänge wird es nur noch eine begrenzte Möglichkeit bestehen, diesen Wunsch zu erfüllen. Die reguläre Rente mit 63 ist für die meisten nur noch mit Abschlägen möglich, es sei denn, sie haben eine Schwerbehinderung, die den Zugang zur Altersrente für schwerbehinderte Menschen ermöglicht, wie Christian Schultz vom SovD betont. Die Alternative: Altersrente für langjährig Versicherte Die Rente für langjährig Versicherte ist die einzige Alternative zur Rente mit 63 ohne Abschläge. Um diese Rente zu erhalten, müssen Versicherte mindestens 35 Jahre lang Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben. Diese Regelung gilt unabhängig vom Geburtsjahr. Ein wichtiger Unterschied zur herkömmlichen Rente mit 63 besteht darin, dass Abschläge hingenommen werden müssen. Jeder Monat, den ein Versicherter vor der Regelaltersgrenze in Rente geht, kostet ihn 0,3 Prozent seiner Bruttorente. Diese Abschläge sind dauerhaft und gelten bis zum Lebensende. Höhe der Abschläge bei der Rente mit 63 Die Höhe der Abschläge ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Wenn jemand eigentlich bis zum 66. Lebensjahr und 8 Monaten arbeiten müsste, aber bereits mit 66 Jahren in Rente geht, beträgt der Abschlag 2,4 Prozent. Bei einem vorzeitigen Renteneintritt mit 63 Jahren summieren sich die Abschläge auf beträchtliche 14,4 Prozent. Zudem müssen Rentner auch nach Renteneintritt Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge entrichten, was weitere Abzüge von etwa 11 Prozent ihrer Bruttorente bedeutet. Abhängig von der Gesamthöhe des Einkommens kann auch eine Steuerpflicht auf die Rente bestehen. Lesen Sie auch: - 45 Jahre in die Rente eingezahlt: Trotzdem Rente mit Abschlag - Höhe des Rentenabschlag bei der Witwenrente variiert Voraussetzung: 35 Versicherungsjahre Eine grundlegende Voraussetzung für die Altersrente für langjährig Versicherte ist das Vorhandensein von mindestens 35 Versicherungsjahren. Dabei werden nicht nur die Zeiten berücksichtigt, in denen der Versicherte gearbeitet hat, sondern auch andere Faktoren wie beispielsweise Kindererziehung oder Pflegezeiten. Dies erleichtert es vielen, die erforderliche Anzahl von Versicherungsjahren zu erreichen, auch wenn es auf den ersten Blick nach einer großen Hürde aussieht. Eine Besonderheit: Altersrente bei Schwerbehinderung Für Menschen mit Schwerbehinderung besteht eine weitere Möglichkeit, bereits mit 63 Jahren in Rente zu gehen. Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen erfordert zwar ebenfalls mindestens 35 Versicherungsjahre, jedoch sind die Abschläge hier deutlich geringer. Warum das so ist, wird in einem separaten Video des SoVD erklärt. Rente mit 63 nur noch mit Abschlägen Die Rente mit 63 mag also für viele verlockend erscheinen, aber die Realität zeigt, dass sie mit finanziellen Einbußen verbunden ist. Abschläge und zusätzliche Abzüge für Kranken- und Pflegeversicherung sowie potenzielle Steuern mindern die monatliche Rente erheblich.
Online Bürgergeld-Anspruch ausrechen
Um zu erfahren, wie hoch der Anspruch auf Bürgergeld ausfällt, kann unser neuer Bürgergeld-Rechner behilflich sein. Einfach alle wichtigen Daten eintragen und der Bürgergeld-Rechner rechnet den aktuellen Bedarf für 2024 aus! Bürgergeld Rechner
Wichtige Fragen und Antworten zum Bürgergeld
Täglich erreichen uns zahlreiche Emails mit wiederkehrenden. Noch immer herrscht eine große Verunsicherung gegenüber den zahlreichen Sozialgesetzen und deren Auswirkungen im Alltag. Wir haben einige dieser Fragen zusammengestellt und veröffentlichen hiermit unsere Antworten. Wichtige Fragen & Antworten
Forum zum Bürgergeld
Sie sind nicht allein!
"Ratschläge & Meinungen" austauschen ist das Motto unseres Forums. Hier hast Du die Möglichkeit Dich kostenlos anzumelden und mit über 20.000 Forenteilnehmer zu diskutieren sowie wichtige Fragen zum Bürgergeld zu stellen.
Selbstverständnis
Von der Arbeitsmarktreform sind Millionen von Menschen betroffen. Vieles ist im SGB II unklar und auf die individuellen Bedarfe des Einzelnen zu pauschal ausgelegt. Laut einiger Erhebungen, sollen nur rund 50 Prozent aller Bescheide der Jobcenter mindestens teilweise falsch und rechtswidrig sein. Das bedeutet für die Menschen oft tatsächliche Beschneidungen in Grundrechten und Ansprüchen.
Diese Plattform will daher denen eine Stimme geben, die kein Gehör finden, weil sie keine gesellschaftliche Lobby besitzen. Bezieher von Bürgergeld (ehemals Hartz IV) werden nicht selten als "dumm" oder "faul" abgestempelt. Es reicht nicht, dass Leistungsberechtigte mit den täglichen Einschränkungen zu kämpfen haben, es sind auch die täglichen Anfeindungen in den Jobcentern, in der Schule, in der Familie oder auf der Straße. Neben aktuellen Informationen zur Rechtssprechung konzentrieren wir uns auch auf Einzelfälle, die zum Teil skandalös sind. Wir decken auf und helfen damit den Betroffenen. Denn wenn eine Öffentlichkeit hergestellt wurde, müssen die Jobcenter agieren. Sie bekommen dadurch Druck. Lesen Sie mehr darüber in unserem redaktionellem Leitfaden!