Die Regelung selbst werktäglich den Briefkasten öffnen zu müssen ist entfallen – weder in Gesetz noch in der Erreichbarkeitsverordnung (ErrV) ist eine Form der werktäglichen Erreichbarkeit für Mitteilungen und Aufforderungen vorgegeben.
Es wäre daher gesetzlich jede Form der Erreichbarkeit, sowohl schriftlich, telefonisch als auch elektronisch ausreichend.
Eine postalische Erreichbarkeit scheint aber noch immer gewollt zu sein. Der tägliche Gang zum Briefkasten bleibt also normalerweise erhalten.
Inhaltsverzeichnis
Indirekte Erreichbarkeit
Um die kommunikative Erreichbarkeit zu erhalten wird explizit die Möglichkeit aufgeführt, die Post durch Dritte im Empfang nehmen zu lassen, die dann den Betroffenen informieren. Deren Adresse kann auch als abweichende Postadresse angegeben werden.
Die abweichende Postadresse bei Freunden oder Familie, die die Info an den Leistungsberechtigten weitergeben, ist eine Möglichkeit für Menschen mit Angst vor dem Briefkasten, die diesen nicht regelmäßig öffnen können, ihre Jobcenter-Briefe sicher und regelmäßig zu erhalten.
Es ist folglich endlich auch legal möglich Nachbarn, Verwandte oder auch Partner mit der Öffnung des Briefkastens zu beauftragen, die dann die Info weitergeben (zB. per Messenger). So ist die kommunikative Erreichbarkeit auf jeden Fall gesichert.
Keine Mitteilungspflicht bei Aufenthalt im näheren Bereich
Wer sich mit einer solchen Kenntnisnahme über Dritte im näheren Bereich aufhält (egal wie lang) für den gibt es keinen Grund, das Jobcenter überhaupt darüber zu informieren. Es handelt sich durch den Aufenthalt im näheren Bereich auch nicht um eine Ortsabwesenheit.
Beispiel:
Ein 6 wöchiger Besuch bei den 2 Std. entfernt lebenden Eltern mit Öffnung der Post durch die Nachbarin ist keine Ortsabwesenheit da die Fahrt unter 2,5 Stunden dauert. Durch die Postöffnung ist die kommunikative Erreichbarkeit gesichert.
➡️ Erreichbarkeit besteht
Einladung zu Terminen
Bei Einladungen des Jobcenters zu Terminen muss diesen aber selbstverständlich auch bei einem Aufenthalt im näheren Bereich nachgekommen werden. Auch wenn dies einen größeren Aufwand (und Kosten) bedeutet.
Werktägliche Erreichbarkeit
Werktägliche Erreichbarkeit bedeutet in diesem Zusammenhang eine Erreichbarkeit von Montag bis Samstag.
Bei Zugang am Samstag, Sonntag oder Feiertag reicht eine Kenntnisnahme am nächsten Werktag.
Wer also Freitag morgen in den Briefkasten schaut und Montag Abend wieder war durchgängig kommunikativ erreichbar. Für diese Zeit muss also noch kein Dritter zur Postöffnung organisiert werden.
Verbindlichkeit der Regelungen
Große Teile dieser Regelungen zur kommunikativen Erreichbarkeit stehen auf sehr wackligen Beinen – denn die Verordnungsermächtigung in §13 Abs 3 SGB II umfasst nur Regelungen zum näheren Bereich und erlaubten Ortsabwesenheit, nicht aber zur kommunikativen Erreichbarkeit.
Digitale Erreichbarkeit
Laut der Gesetzesbegründung zu §7b SGB II gibt es neben der Postöffnung eindeutig auch die Möglichkeit, die Erreichbarkeit digital sicherzustellen.
Auch die Weisung sieht diese Möglichkeit explizit vor in FW 7b.14 und 7b.17.
Auf welchem Weg Leistungsberechtigte für das Jobcenter erreichbar sein wollen, ist ihnen selbst überlassen.
Sie müssen es dem Jobcenter allerdings klar mitteilen – dieses muss dem Wunsch dann auch folgen.
Wurde elektronisch besprochen, kann von einer postalischen Erreichbarkeit nicht ausgegangen werden.
Bei elektronischer Übermittlung gilt hier die Bekanntgabe am dritten Tag nach elektronischem Versand als gegeben.
Aber Vorsicht nur digital geht doch nicht:
Postalisch zugehende Bescheide gelten trotzdem nach §37 SGB X trotzdem am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugegangen. Das ist wichtig in Bezug auf Widersprüche.
Rechtsgrundlagen
§7b SGB II – Erreichbarkeit
§2 ErrV – Möglichkeit der werktäglichen Kenntnisnahme
Fachliche Weisung zu §7b SGB II
Weitere Informationen zur Erreichbarkeit
Weitere Teile dieser Artikel-Serie zur Erreichbarkeit im Bürgergeld findest du im Einführungsartikel verlinkt.
Twitter (X)
Meine hier veröffentlichten Artikel findet ihr (ähnlich) auch bei Twitter, das heute ja X genannt werden will. Zum Abschluss noch der Link zum Twitter-Thread für Rückfragen, Ergänzungen oder alles was ihr sonst dazu sagen wollt – natürlich auch gerne zum Retweeten: hier
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Simon alias “Sozi Simon” ist Sozialarbeiter aus Leidenschaft. Kämpfer für mehr Gerechtigkeit und gegen das Verschweigen/Verweigern von staatlicher Unterstützung. Er ist Mitautor des SGB II & SGB XII Leitfadens von A-Z. Simon ist insbesondere bei Twitter für seine Ratgeber-Tweets bekannt und seit 2022 freier Autor bei Gegen-Hartz.de