Alle Menschen gelten in Deutschland mit 18 Jahren als erwachsen. Es sei denn, sie sind auf Bürgergeld angewiesen – dann gelten andere Maßstäbe. Das Jobcenter handhabt Volljährige zwischen 18 und 24 Jahren nach strengeren Regeln. So müssen junge Erwachsene beispielsweise bei den Eltern wohnen bleiben, ob sie wollen oder nicht.
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Unter 25-jährige werden beim Jobcenter strenger gehandhabt
Als Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren gehören Sie bei Bezug von Bürgergeld zu einer Gruppe, denen besonders strenge Regeln auferlegt werden. Immerhin haben sich die Verhältnisse mit der Einführung des Bürgergeldes am 01.01.2023 für junge Erwachsene etwas verbessert.
Während bei Hartz IV noch das Sofortvermittlungsgebot galt, bei dem unter 25-Jährige jede Art von Arbeit annehmen mussten, steht beim Bürgergeld die Aus- und Weiterbildung im Vordergrund.
Wichtig: Ein generelles Recht auf Aus- oder Weiterbildung besteht jedoch nicht. Wenn das Jobcenter eine Arbeitsstelle oder eine Maßnahme für zumutbar hält, muss diese auch angenommen werden. Ansonsten drohen schrittweise Kürzungen, wenn die Beziehenden sich nicht an getroffene Absprachen oder Termine halten, Pflichten verletzen oder zumutbare „Angebote“ ablehnen.
Vorbereiten zum Gespräch im Jobcenter
Bereiten Sie sich gut vor, bevor Sie zum Amt gehen. Je besser Sie Bescheid wissen, desto schwerer hat das Jobcenter es, Sie in prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu zwingen.
- Klären Sie für sich, ob Sie eine (und wenn ja welche?) Berufsausbildung machen wollen. Erkundigen Sie sich im Vorfeld, ob die Arbeitsagentur eine Berufsausbildung für Sie fördert.
- Verlangen Sie vom Fallmanager eine Eingliederungsmaßnahme, „Berufsberatung“ bzw. berufsvorbereitende Maßnahmen nach dem Arbeitsförderungsrecht (SGB III).
- Klären Sie für sich vor dem Besuch der Arbeitsagentur, welche Arbeit Ihr Gesundheitszustand zulässt bzw. nicht. (Besorgen Sie sich ggf. ärztliche Atteste.)
- Informieren Sie sich über Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz, denn nur legale Arbeitsverhältnisse sind zumutbar!
- Eine akzeptable Beschäftigung dürfen Sie nicht verweigern! Aber Widerspruch ist möglich! Suchen Sie sofort eine unabhängige Beratungsstelle auf, die Ihnen Rat und Hilfe dabei gibt.
Wann werden Bürgergeld-Leistungen gekürzt?
Jugendliche/junge Erwachsene, die ein zumutbares „Angebot“ der Bundesagentur für Arbeit ohne wichtigen Grund ablehnen, müssen mit einer stufenweisen Kürzung der Regelleistung rechnen. Diese Kürzung bei Pflichtverletzung gilt jedoch nicht nur für unter 25-Jährige, sondern für alle Personen, die Bürgergeld beziehen.
Denn Bürgergeld-Beziehende haben eine Mitwirkungspflicht, zu der unter anderem eine Teilnahme an Maßnahmen, die Wahrnehmung von Terminen, das Schreiben von Bewerbungen oder die Eigeninitiative bei der Jobsuche zählen. Die Leistungen werden bei einer Pflichtverletzung nach folgendem Prinzip gekürzt:
- Bei der ersten Pflichtverletzung wird das Bürgergeld einen Monat lang um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelsatzes verringert.
- Bei der zweiten Pflichtverletzung wird das Bürgergeld zwei Monate lang um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelsatzes verringert.
- Bei der dritten sowie bei jeder weiteren Pflichtverletzung wird das Bürgergeld drei Monate lang um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelsatzes reduziert.
- Kommt es ein Jahr lang zu keiner weiteren Pflichtverletzung, wird die nächste folgende Pflichtverletzung so behandelt, als sei es die erste, also mit einer Leistungsminderung um 10 Prozent.
Regelleistungen im Bürgergeld bei unter 25-Jährigen, die noch Zuhause wohnen
Wohnen Leistungsbeziehende noch Zuhause bei ihren Eltern innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft, so ist der Regelsatz im Bürgergeld niedriger, als der sog. Eckregelsatz. 18- bis 24-jährige Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft (= volljährige Kinder) erhalten monatlich 402 Euro (80 Prozent) plus Mietanteil und Nebenkosten. Besteht ein Anspruch auf Mehrbedarf, so kommt dieser ebenfalls noch dazu.
Auszug von zu Hause verboten
Grundsätzlich müssen Sie bei Ihren Eltern wohnen bleiben, so lange Sie unter 25 Jahre alt und auf Hilfe vom Jobcenter angewiesen sind.
Sie müssen beim Jobcenter um Erlaubnis bitten, bevor Sie ausziehen dürfen. Wenn Sie sich nicht an diese diskriminiernde und widersinnige Regel halten, haben sie keinen Anspruch darauf, dass die Kosten für ihre Wohnung übernommen werden, selbst wenn diese in angemessener Höhe sind.
Es gibt jedoch einige Ausnahmen zu dieser Regelung. Ausziehen dürfen Sie, wenn Sie aus schwerwiegenden Gründen nicht mehr mit Ihren Eltern zusammenwohnen können.
Oft glaubt man Ihnen erst, dass es wirklich Schwierigkeiten gibt, wenn schon Polizei und Jugendamt involviert sind. Wenn Sie zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt umziehen müssen, zählt das aber immerhin auch als Grund. Wer unter 25 Jahre alt ist und zu Beginn des Bezugs bereits in einer eigenen Wohnung lebt, fällt ebenfalls nicht in diese Regelung und hat Anspruch auf eine Übernahme der Mietkosten.
Unterhaltszwang für Ihre Eltern
Solange Sie keine abgeschlossene Ausbildung haben und unter 25 Jahren sind oder/und im Haushalt der Eltern wohnen, sind diese für Sie unterhaltspflichtig. Solange die Eltern für Sie aufkommen, haben Sie i.d.R. keinen Bürgergeld-Anspruch.
Beziehen die Eltern Bürgergeld oder können keinen Unterhalt leisten, so haben unter 25-Jährige ebenfalls Anspruch auf Bürgergeld-Leistungen. Das gilt auch, wenn Sie beispielsweise gerade Ihre Ausbildung abgeschlossen haben und jetzt wieder bei Ihren Eltern eingezogen sind.
Nach Vollendung der Schulpflicht (mit 15 Jahren) kann die Arbeitsagentur Sie zudem zur Arbeit heranziehen. Sie müssen dann eventuell aus ihrem Arbeitseinkommen mit für den Unterhalt Ihrer Eltern sorgen.
Eigenes Einkommen – eigene Bedarfsgemeinschaft
Reicht Ihr Einkommen für ihren eigenen Lebensunterhalt einschließlich Unterkunftsanteil der gemeinsam Wohnung mit den Eltern, dürfen sie nicht zur Bedarfsgemeinschaft dazugezählt werden. Als Mitglied der Haushaltsgemeinschaft dürfen sie einen höheren Teil ihres Einkommens für sich behalten.
Unter 25 mit eigenem Kind
Sobald Sie selbst ein Kind bekommen, fallen Sie aus der Bedarfsgemeinschaft mit Ihren Eltern heraus. Das heißt, auch wenn Sie mit 17 ein Kind bekommen und noch bei Ihren Eltern wohnen, gelten Sie mit Ihrem Baby als eigene Bedarfsgemeinschaft.
Auch wenn Sie heiraten, haben Sie das Recht, auszuziehen und mit Ihrem Ehepartner in eine eigene Wohnung zu ziehen. Leben Sie mit Ihrer PartnerIn in „wilder Ehe“ zusammen, vermutet die Arbeitsagentur bei Ihnen eine „Bedarfsgemeinschaft“. Dann gelten Sie gegenseitig als unterhaltspflichtig. Das heißt: Einkommen und Vermögen des anderen werden in die Bedürftigkeitsprüfung für Bürgergeld einbezogen.
So kommen Sie unter 25 nach dem Auszug klar:
- Suchen Sie sich möglichst eine eigene Wohnung bzw. ein WG-Zimmer mit separatem Untermietvertrag!
- Als SchülerIn können Sie als eigenes Einkommen Schüler-BaFöG beantragen, wenn Sie nicht bei Ihren Eltern wohnen.
- Gibt es Ärger mit dem Amt: Sofort eine unabhängige Beratungsstelle aufsuchen!
Quellen:
Sozialgesetzbuch II (SGB II)
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