Bürgergeld: Miete zu hoch – Was passiert bei unangemessener Miete?

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Wenn Sie Bürgergeld beziehen, übernimmt das Jobcenter auch die Kosten für Unterkunft und Heizung – allerdings nur, wenn diese angemessen sind.

Die neu eingeführte Karenzzeit sorgt jedoch dafür, dass auch unangemessen hohe Mieten im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezuges gezahlt werden. Danach werden die Bürgergeld-Beziehenden aufgefordert, die Kosten entsprechend zu senken oder in eine günstigere Wohnung umzuziehen.

Unangemessene Mietkosten: Das Wichtigste in Kürze

Welche Mietkosten das Jobcenter als angemessen oder unangemessen betrachtet, ist von Region zu Region völlig unterschiedlich, da die gängigen Mietpreise in Deutschland stark variieren. Folgende Faktoren spielen in Bezug der Angemessenheit eine wichtige Rolle:

  • Das Jobcenter zieht in der Regel den vor Ort geltenden Mietspiegel als Grundlage für eine angemessene Miethöhe heran.
  • Nicht nur der Preis, auch die Größe der Wohnung wird bei der Prüfung der Angemessenheit berücksichtigt.
  • Das Jobcenter übernimmt nur Mietkosten bis zur festgelegten Obergrenze.
  • Die angemessenen Mietkosten und die angemessene Größe steigen mit der Anzahl der Personen, die in der Wohnung wohnen.
  • Im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezuges greift die sogenannte Karenzzeit. In diesem Zeitraum überprüft das Jobcenter die Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht und übernimmt die Mietkosten in tatsächlicher Höhe.
  • In manchen Fällen, wie beispielsweise bei häuslicher Gewalt oder drohender Wohnungslosigkeit übernimmt das Jobcenter auch Mieten, die bis zu 30 Prozent über der Obergrenze liegen.
  • Ziehen Sie aufgrund einer Kostensenkung in eine günstigere Wohnung, übernimmt das Jobcenter in der Regel auch die Kosten für einen Umzug.

Welche Mietkosten sind beim Bezug von Bürgergeld angemessen?

Diese Frage lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Die angemessenen Mietkosten sind in jeder deutschen Stadt unterschiedlich.

Während das Jobcenter eine Singlewohnung in Leipzig schon ab einem Mietpreis über 345,79 EUR zu teuer findet, gelten Wohnungen mit 50 m² für Singles in München noch bis zu einer Bruttokaltmiete von 791,00 EUR als angemessen.

Eine aktuelle Übersicht zu den Mietobergrenzen in den zehn größten Städten Deutschlands finden Sie in unserem Ratgeber „Bürgergeld Miete – Tabelle für 2023 und alle Mietobergrenzen“.

Karenzzeit: Schonphase im ersten Jahr

Wer Bürgergeld neu beantragt, bekommt im ersten Jahr des Bezuges eine „Schonfrist“ bei den Mietkosten, die als Karenzzeit bezeichnet wird. Das Jobcenter nimmt in diesem Zeitraum keine Prüfung der Angemessenheit der Wohnkosten vor und übernimmt die Mietkosten in voller Höhe.

Das zählt jedoch nur für die Bruttokaltmiete, also für Nettokaltmiete inklusive der kalten Betriebskosten. Für die Heizkosten gilt die Karenzzeit nicht. Anfallende Kosten für Heizung werden auch im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezuges nur in einer Höhe übernommen, die das Jobcenter für angemessen hält.

Was passiert nach der Karenzzeit?

Nach der Karenzzeit überprüft das Jobcenter, ob die Mietkosten der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft angemessen sind. Sollte der Leistungsträger zu dem Schluss kommen, dass dies nicht der Fall ist, fordert das Jobcenter die Betroffenen auf, die Kosten für die Unterkunft zu senken (Kostsenkungsverfahren).

Das kann beispielsweise durch eine Untervermietung eines Teils der Wohnung geschehen oder durch einen Umzug in eine günstigere Wohnung. Das Jobcenter räumt hier gewöhnlich eine Übergangsfrist von sechs Monaten ein, um die Maßnahme durchzusetzen.

Zwingen kann Sie das Jobcenter jedoch nicht zu einem Umzug. Sollten Sie trotz unangemessenen Wohnkosten in dem Objekt wohnen bleiben, so zahlt das Jobcenter nach Ablauf der Übergangsfrist nur noch die Mietenkosten bis zu der Mietobergrenze, die für den jeweiligen Wohnort festgelegt wurde.

Beispiel: Für ein Pärchen in Berlin hat das Jobcenter einen Mietrichtwert von 543,40 EUR festgelegt. Tatsächlich zahlt das Paar jedoch 627,80 EUR für die Wohnung. Während der Karenzzeit erhält die Bedarfsgemeinschaft die vollen Mietkosten. Danach fordert das Jobcenter die Betroffenen zur Senkung der Kosten auf.

Nach Ablauf der Frist zahlt das Jobcenter dann nur noch 543,40 EUR für die Miete. Die restlichen Kosten, in dem Fall also 84,40 EUR, muss das Pärchen dann durch Einsparungen über den Regelsatz abdecken.

Wann übernimmt das Jobcenter Mieten über den Obergrenzen?

In vielen Jobcentern gibt es Sonderregelungen, bei denen der Leistungsträger auch Mieten oberhalb der Miet-Richtwerte genehmigt. So dürfen nach Angaben des Jobcenters Berlin Mitte die Mieten bis zu 20 Prozent über der Obergrenze liegen, wenn die Betroffenen aufgrund von häuslicher Gewalt in eine andere Wohnung ziehen oder wenn durch die Nichtübernahme der Mietkosten eine Wohnungslosigkeit droht.

In vielen Fällen gewährt das Jobcenter einen Zuschlag von 10 Prozent auf die Miet-Obergrenzen, zum Beispiel wenn die Bürgergeld-Empfangenden

  • alleinerziehend sind,
  • bereits länger als 10 Jahre in der Wohnung gelebt haben,
  • schwanger sind,
  • in absehbarer Zeit kostendeckende Einkünfte haben,
  • pflegebedürftig sind,
  • an einer chronischen Krankheit oder Behinderung leiden,
  • eine Wohnung benötigen, um eine Unterbringung im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe zu beenden,
  • einen Modernisierungszuschlag auf die Miete zahlen müssen.

In extremen Härtefällen gewährt das Jobcenter sogar eine Richtwertüberschreitung um bis zu 50 Prozent. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Unterbringung in einer Notunterkunft erforderlich ist oder wenn Betroffene bei drohender Wohnungslosigkeit nachweisen können, dass es nicht möglich ist, eine passende Wohnung zu finden, deren Kosten den Richtwerten entspricht.

Umzug wegen zu hoher Mietkosten

Falls Sie zur Kostensenkung in eine günstigere Wohnung umziehen, muss das Jobcenter auch die Kosten übernehmen, die mit dem Umzug verbunden sind. Die Bürgergeld-Beziehenden sind jedoch in erster Linie dazu angehalten, den Umzug in Eigenregie durchzuführen.

Kosten für ein Umzugsunternehmen werden nur übernommen, wenn Sie nachweisen können, dass Sie den Umzug nicht aus eigener Kraft bewältigen können. Folgende Kosten übernimmt das Jobcenter bei einem Umzug:

  • Umzugskartons,
  • Verpackungsmaterial,
  • Umzugswagen,
  • Pauschalen für selbst organisierte Umzugshelfer,
  • Verpflegungskosten für die Helfenden,
  • Materialkosten für die Renovierung der alten Wohnung.

Achtung: Das Jobcenter muss dem Umzug erst zugestimmt haben, bevor die Kosten für den Umzug und die Kosten für die neue Wohnung übernommen werden. Klären Sie erst alles mit dem zuständigen Jobcenter ab, bevor sie aktiv werden. Weitere Informationen zum Umzug erhalten Sie in unserem Ratgeber „Umzugskosten: Umzug beim Bürgergeld – Das zahlt das Jobcenter“.

Wohnen in der eigenen Immobilie

Falls Sie Bürgergeld beziehen und im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung leben, haben Sie ebenfalls einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung vom Jobcenter. Der Leistungsträger übernimmt hier beispielsweise angemessene Kosten für

  • Grundsteuer,
  • Wohngebäudeversicherung,
  • nicht vermeidbare Instandhaltungen und Reparaturen,
  • Schuldzinsen für Hypotheken.

Genau wie bei Mietwohnungen gilt auch hier die Karenzzeit von einem Jahr bei unangemessenen Kosten. Das Jobcenter übernimmt jedoch generell keine Tilgungsraten für einen Kredit, der für eine nicht abbezahlte Immobilie aufgenommen wurde, da dies indirekt zu einem Aufbau von Vermögen führen würde.