Bürgergeld und Vermögen – diese Ersparnisse bleiben erhalten

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Auch beim Bürgergeld ist es erlaubt, ein gewisses Vermögen zu haben, ohne es vor dem Antrag auf Leistungen aufbrauchen zu müssen. Hier erfahren Sie, wie viel Sie behalten dürfen und was das Jobcenter anrechnet.

Viele Bürgergeld-Bezieher haben Ersparnisse

Knapp die Hälfte (47 %) der Bürgergeld- bzw. Grundsicherungsbezieher sind älter als 55 Jahre. Viele der Betroffenen haben lange gearbeitet und einiges an Vermögen angespart, bevor sie Ihren Job verloren haben.

Anspruch auf Bürgergeld haben jedoch nur Hilfebedürftige. Das bedeutet: Sie müssen erst ihr Erspartes bis auf ein festgelegtes Schonvermögen aufbrauchen, bevor Sie Sozialleistungen bekommen.

Oft ist nicht klar: Was darf man an Erspartem trotz Bürgergeld behalten? Diese Frage erreicht uns täglich und wir geben Antwort.

Bürgergeld: Einkommen und Vermögen

Die Faustregel lautet: Was Sie vor Ihrem Bürgergeld-Antrag besessen oder angespart haben, ist Vermögen. Gelder, die Sie nach ihrem Antrag regelmäßig bekommen, ist Einkommen.

Der Unterschied ist wichtig, weil das Jobcenter beides sehr unterschiedlich behandelt. Einkommen wird schon ab 100 EUR monatlich angerechnet. Für Vermögen gelten sehr viel höhere Freibeträge. Je nachdem wie alt Sie sind und wie groß Ihre Bedarfsgemeinschaft ist, können Sie mehrere tausend Euro behalten.

Wer hat Anspruch auf Bürgergeld?

Es gibt einige festgelegte Voraussetzungen, um Anspruch auf Bürgergeld zu haben. Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:

  • Sie müssen mindestens 15 Jahre alt sein und dürfen noch nicht die Altersgrenze für die Rente erreicht haben.
  • Sie müssen in Deutschland wohnen.
  • Sie sind erwerbsfähig und in der Lage, mindestens 3 Stunden pro Tag zu arbeiten.
  • Sie, beziehungsweise ihre Bedarfsgemeinschaft, ist hilfebedürftig.

Wer gilt als hilfebedürftig?

In Bezug auf das Einkommen und Vermögen spielt besonders der letzte Punkt eine zentrale Rolle. Denn wer nicht hilfebedürftig ist, bekommt auch weniger oder kein Bürgergeld.

Eine Person oder eine Bedarfsgemeinschaft gilt als hilfsbedürftig, wenn das Einkommen der gesamten Bedarfsgemeinschaft unter dem Existenzminimum liegt und die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft somit nicht in der Lage sind, den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln bestreiten zu können.

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Arbeitssuchende, die kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I haben, zunächst von ihrem Einkommen und Vermögen leben müssen, insofern dieses vorhanden ist. Alles kassiert das Amt jedoch nicht ein. Ein sogenanntes Schonvermögen dürfen Leistungsempfangende behalten.

Was ist Schonvermögen?

Bevor Sie Bürgergeld bekommen können, müssen Sie Ihr Vermögen verwerten. Denn Sie bekommen nur Leistungen vom Staat, wenn Sie Ihre Hilfebedürftigkeit nachweisen. § 12 SGB II regelt, mit wie wenig Geld Sie als hilfebedürftig gelten.

Den Notgroschen, den Sie behalten dürfen, läuft unter dem Begriff Schonvermögen. Das sind die Vermögenswerte, die nicht angetastet werden müssen, um den Lebensunterhalt davon zu bestreiten.

Bei der Berechnung des Schonvermögens betrachtet das Jobcenter aber nicht nur Beträge auf dem Sparbuch oder Bargeld, sondern auch Bausparverträge, Aktien, Lebensversicherungen und ähnliches.

Das gilt zumindest, sofern Sie diese Geldanlagen mit Ertrag verwerten können und der Verkehrswert nicht in einem deutlichen Missverhältnis zum tatsächlichen Wert (Substanzwert) steht.

Sprich: Wenn Sie nur mit großem Verlust verkaufen können, dürfen Sie die Werte eventuell behalten. Der Verkaufszwang gilt in bestimmten Fällen auch für Eigentumswohnungen und andere Immobilien, wertvolle Möbel, Gemälde, Schmuck, Autos und andere Wertgegenstände.

Das Aufbrauchen des mühselig ersparten Vermögens und das Verkaufen der Wertsachen bleibt eine Folge des Jobverlusts, die viele Erwerbslose verbittert zurücklässt. Viele fragen sich: “Wofür habe ich überhaupt so viel gearbeitet?”

Bürgergeld: Was zählt als Vermögen?

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit zählt alles als Vermögen, was „Sie besitzen und in Geld messbar ist“, dazu zählt zum Beispiel:

  • Bargeld,
  • gespartes Geld auf Konten,
  • Sparbriefe,
  • Wertpapiere,
  • Wertsachen wie Schmuck, aber auch Autos,
  • Lebensversicherungen, die nicht vertraglich als Altersvorsorge deklariert sind,
  • Eigentumswohnungen und Immobilien.

Schonvermögen So viel Geld dürfen Sie behalten

Das Jobcenter berücksichtig vor allem verwertbares Vermögen – also Besitzt, der sich zu Geld machen lässt, damit Leistungsempfangende ihren Lebensunterhalt davon bestreiten können.

Karenzzeit für Ersparnisse beim Bürgergeld

Im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezugs gilt jedoch eine sogenannte Karenzzeit. In diesem Zeitraum wird das Vermögen nur unter bestimmten Bedingungen herangezogen, und zwar dann, wenn es als erheblich eingestuft wird. Erhebliches Vermögen besteht, wenn folgende Bedingungen zutreffen:

  • Die erste leistungsberechtigte Person in einer Bedarfsgemeinschaft besitzt über 40.000 Euro Vermögen.
  • Für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft steigt das „erlaubte“ Vermögen um 15.000 Euro an.
  • Auch selbst genutztes Wohneigentum bleibt wird während der Karenzzeit nicht berücksichtigt.

Nach Ablauf der zwölfmonatigen Karenzzeit sinkt das „erlaubte“ Vermögen der ersten leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft von 40.000 Euro auf 15.000 Euro.

Somit „darf“ jede Person in einer Bedarfsgemeinschaft maximal ein Vermögen von 15.000 Euro besitzen, um den vollen Anspruch auf Bürgergeld zu haben.

Selbst genutztes Wohneigentum gilt auch nach Ablauf der Karenzzeit nicht als Vermögen, wenn es in einer angemessenen Größe ist.

Das Jobcenter betrachtet als Faustregel ein Haus mit 140 Quadratmetern oder eine Eigentumswohnung mit bis zu 130 Quadratmetern als angemessen. Im Einzelfall können aber auch größere Immobilien als angemessen betrachtet werden, vor allem, wenn die Betrachtung als Vermögen für die Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

Die Regeln zum Hausrat – Wann Sie Ihre Einrichtung verkaufen müssen

Grundsätzlich müssen Sie Wertsachen verkaufen, wenn ihr Vermögen über dem Schonvermögen liegt. Einige Werte sind aber geschützt und dürfen nicht weggenommen werden. Als Schonvermögen wird zunächst der gesamte angemessene Hausrat gezählt.

Niemand muss befürchten, dass er seinen Bauernschrank von der Oma verkaufen muss. Hängt im Wohnzimmer jedoch ein Picasso, muss dieser sehr wahrscheinlich zu Geld gemacht werden, insofern der Verkaufspreis dem Wert angemessen ist.

Als angemessen werden alle zum Hausrat gehörenden Gegenstände gezählt, die zur Haushaltsführung und zum Wohnen notwendig oder zumindest üblich sind.

Für die Bewertung legt der Leistungsträger den normalen durchschnittlichen Standard zugrunde, so dass sowohl Möbel und Elektrogeräte als auch Dekoration in der Regel zum Schonvermögen zählen und weder auf das Bürgergeld noch auf die Leistungen der Sozialhilfe angerechnet werden.

Auch Erbstücke, bei denen der emotionale Wert höher ist als der Geldwert, müssen nicht verkauft werden. Die Goldkette der Uroma muss in den meisten Fällen also nicht zu Geld gemacht werden.

Im SGB II und SGB XII wird an verschiedenen Stellen immer wieder auf die Notwendigkeit der Angemessenheit beispielsweise bei der Unterkunft hingewiesen.

Konkrete Werte nennt der Gesetzgeber dabei aber wie auch beim Hausrat nicht. Es liegt deshalb bis zu einem gewissen Grad im Ermessensspielraum des Leistungsträgers zu entscheiden, was als angemessen gilt und was nicht.

Welche Werte zählen noch zum Schonvermögen?

Normalerweise wird folgendes nicht angetastet:

Sonderregelungen für die Altersvorsorge

Bei der privaten Alterssicherung müssen Sie einige Feinheiten zu beachten. Diese Private Sicherung wird nur als geschütztes Vermögen betrachtet, wenn folgende Kriterien erfüllt sind: Auszahlung frühestens mit dem Renteneintritt und es darf keine vorzeitige Kündigung möglich sein.

Es ist deshalb ratsam zu prüfen ob alle privaten Alterssicherungen diese Kriterien erfüllen. Wenn eine Kapitallebensversicherung neben sonstigen Geldanlagen die Vermögensfreigrenze übersteigt, ist der Gang zur Versicherung anzuraten.

Diese beraten gern, wie daraus eine Bürgergeld feste Alterssicherung gemacht werden kann, denn Versicherungen verdienen am eingezahlten Geld das Mehrfache von dem was Versicherte als Ertrag gutgeschrieben bekommen.

Sollte sich aus der Vermögensermittlung ergeben, dass die angesparten Werte der privaten Alterssicherungen oder Kapitallebensversicherungen schneller steigen als der Freibetrag sollte der Umstieg in die geförderte Riesterrente geprüft werden.

Und hilft dies alles nichts – soll der Lohn einer dreißigjährigen Arbeit nicht vom Staat verrechnet werden – dann bleibt der Weg in die Immobilie.

Zu viel Erspartes für Bürgergeld: Was macht das Jobcenter bei zu viel Vermögen?

Stellt das Amt bei Beantragung von Bürgergeld ein zu hohes Vermögen fest, müssen Sie dieses vor dem Leistungsbezug verbrauchen.

In der Regel wird dabei ein monatlicher Verbrauch in Höhe des theoretischen Zahlbetrages zuzüglich der Krankenversicherungskosten (Sie müssen sich dann freiwillig versichern) zu Grunde gelegt. Nach der so ermittelten Zeit (überschüssiges Vermögen geteilt durch Verbrauchszeit) darf dann ein erneuter Antrag gestellt werden.

Bürgergeld: Was zählt als Einkommen?

Wenn Sie Einnahmen haben, werden diese üblicherweise als Einkommen mit dem Bürgergeld verrechnet. Das Amt gewährt dabei jedoch ein Freibetrag von 100 Euro pro Monat. Bei einem Antrag auf Bürgergeld sind Sie verpflichtet, alle Einnahmen anzugeben. Einkommen kann aus unterschiedlichen Quellen erzielt werden, dazu zählen beispielsweise:

  • Einnahmen aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Arbeit,
  • Arbeitslosengeld,
  • Elterngeld,
  • Krankengeld,
  • Kindergeld,
  • Renten,
  • Mieteinnahmen,
  • Unterhaltsleistungen,
  • einmalige Einnahmen wie Steuererstattungen, Abfindungen oder Erbschaften,
  • Ausbildungsgeld oder BAföG,
  • Kapital- und Zinserträge.

Liegt das gesamte Einkommen oberhalb des Freibetrages von 100 Euro pro Monat vor, wird dieses mit dem Bürgergeld verrechnet und die Leistungen sinken dementsprechend.

Bürgergeld-Antrag wegen Vermögen abgelehnt?

Wurde der Antrag auf Bürgergeld abgelehnt, sollte der Bescheid hier einmal kostenfrei überprüft werden.

Quellen:
Bundessozialgericht (BSG)
Urteile zum Unterschied von Einkommen und Vermögen
Az: B14/7b AS 12/07 R
Az: B14/11 AS 17/07

Urteile zu Übertragbarkeit des Kinder-Freibetrags
Az: B 4 AS 58/08 R
Az: B 4 AS 79/08 R

Sozialgesetzbuch II (SGB II)
§ 12 SGB II

Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen
Urteil zu Verwertung von Immobilien
Az: L 13 As 105/16