Die Mühlen des Jobcenters mahlen nicht immer schnell. Wenn Sie Bürgergeld beantragen oder einen Widerspruch gegen einen Bescheid eingelegt haben, ist das Jobcenter an bestimmte Fristen gebunden. Bei einem Bürgergeld-Antrag hat das Amt sechs Monate Bearbeitungszeit, bei einem Widerspruch drei.
Reagiert die Behörde nicht innerhalb des festgelegten Zeitraumes, können Sie eine Untätigkeitsklage erheben. In diesem Ratgeber erfahren Sie alles Wichtige, was Sie über eine Untätigkeitsklage und deren Durchführung wissen müssen.
Inhaltsverzeichnis
Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter – das Wichtigste in Kürze
Als Empfänger oder Empfängerin von Bürgergeld haben Sie es vielleicht schon einmal erlebt: Sie stellen einen Antrag beim Jobcenter oder legen einen Widerspruch ein und warten … und warten … und warten. Wenn der Leistungsträger einfach nicht auf ihre Anliegen reagiert, können Sie eine Untätigkeitsklage in Betracht ziehen. Folgende wichtige Aspekte sind dabei zu beachten:
- Die rechtliche Grundlage für eine Untätigkeitsklage ist im Sozialgerichtsgesetz § 88 festgelegt.
- Bei einem Antrag auf Bürgergeld hat das Jobcenter maximal sechs Monate Bearbeitungszeit.
- Auf einen Widerspruch muss das Jobcenter spätestens innerhalb drei Monate reagieren.
- Die Untätigkeitsklage wird mündlich oder schriftlich vor dem Sozialgericht erhoben.
- Für eine Untätigkeitsklage ist kein Anwalt notwendig.
- Für Verfahren an Sozialgerichten fallen keine Gerichtsgebühren an.
Was ist eine Untätigkeitsklage?
Die Untätigkeitsklage ist ein rechtliches Verfahren, das Ihnen zur Verfügung steht, wenn eine Behörde nicht innerhalb einer festgelegten Frist auf Ihren Antrag oder Widerspruch reagiert. Sie ist im Sozialgerichtsgesetz verankert und soll sicherstellen, dass Ihr Anliegen nicht durch behördliche Untätigkeit auf der Strecke bleibt.
Gesetzliche Grundlage für Untätigkeitsklagen
Die gesetzliche Grundlage für Untätigkeitsklagen stellt der § 88 im Sozialgerichtsgesetz (SGG) dar. Dort heißt es:
- Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.
- Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, dass als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.
Die zwei Arten der Untätigkeitsklage
Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei Arten von Untätigkeitsklagen:
- Untätigkeitsklage bei Erlass eines Verwaltungsaktes
- Untätigkeitsklage bei Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt
Sie können eine Untätigkeitsklage bei Erlass eines Verwaltungsaktes erheben, wenn das Jobcenter nach sechs Monaten noch nicht über ihren Antrag entschieden hat. Nicht nur der Bürgergeld-Antrag ist ein Verwaltungsakt, sondern alle Anträge auf Bürgergeld-Leistungen sind Verwaltungsakte, darunter beispielsweise auch Anträge auf Mehrbedarfe und Erstausstattungen.
Gegen alle Bescheide vom Jobcenter können Sie schriftlich einen Widerspruch einlegen. Das Jobcenter hat in dem Fall drei Monate Zeit, auf den Widerspruch zu reagieren. Nach dieser Frist können Sie eine Untätigkeitsklage bei Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt erheben.
Unter welchen Umständen kann das Jobcenter die Fristen verlängern?
Laut dem Gesetzestext muss ein „zureichender Grund“ vorliegen, damit ein Verwaltungsakt, in dem Fall also der Bürgergeld-Antrag, noch nicht erlassen wurde. Das Jobcenter muss demnach einen guten Grund haben, warum ein Antrag oder Widerspruch nicht fristgerecht bearbeitet werden kann.
Fehlende Unterlagen, Personalmangel, organisatorische Versäumnisse oder ein erhöhtes Arbeitsvolumen sind jedoch keine zureichenden Gründe. Das Warten auf ein Gutachten, welches für den jeweiligen Antrag unbedingt notwendig ist, könnte hingegen vom Sozialgericht als zureichenden Grund anerkannt werden.
Wie erhebe ich eine Untätigkeitsklage?
Die Klage kann beim zuständigen Sozialgericht schriftlich oder mündlich erhoben werden. Dabei ist kein rechtlicher Beistand erforderlich, auch wenn dieser durchaus sinnvoll sein kann, damit Ihre Interessen effektiv vertreten werden. Zudem fallen bei einer Klage von dem Sozialgericht keine Gerichtskosten an.
Vorlage für eine Untätigkeitsklage
Das folgende Beispiel zeigt, wie eine Untätigkeitsklage aufgebaut sein kann. Beachten Sie jedoch, dass es sich bei dieser Vorlage um eine stark vereinfachte Untätigkeitsklage handelt. Möglicherweise muss die Klage auf den Einzelfall angepasst werden. Im Zweifelsfall sollten Sie einen Anwalt dazu befragen.
An das Sozialgericht (Adresse des zuständigen Sozialgerichts)
(Briefkopf mit Ihren persönlichen Daten: Name, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse)
Betreff: Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter (Name des zuständigen Jobcenters)
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit erhebe ich, (Ihr Name), wohnhaft in (Ihre Adresse), Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter (Name des Jobcenters).
Sachverhalt:
Am (Datum der Antragstellung) habe ich beim Jobcenter (Name des Jobcenters) einen Antrag auf Bürgergeld gestellt. Bis zum heutigen Tag habe ich trotz wiederholter Nachfrage keine Entscheidung über meinen Antrag erhalten. Die gesetzliche Frist von sechs Monaten ist am (Datum des Fristablaufs) verstrichen.
Gemäß § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Klage zulässig, da seit dem Antrag mehr als sechs Monate vergangen sind und kein zureichender Grund für die Verzögerung seitens des Jobcenters vorgebracht wurde.
Ich beantrage, das Jobcenter (Name des Jobcenters) zu verpflichten, über meinen Antrag auf Bürgergeld ohne weiteren Verzug zu entscheiden.
Als Beweismittel füge ich Kopien meiner Antragsunterlagen und Korrespondenz mit dem Jobcenter bei.
Ich bitte um eine schriftliche Bestätigung des Eingangs dieser Klage und um Mitteilung über das weitere Verfahren.
(Unterschrift)
Fazit
Mit einer Untätigkeitsklage können Sie das Jobcenter zu einer Entscheidung zwingen, wenn der Leistungsträger nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen handelt. Es ist Ihr gutes Recht, das Jobcenter bei Untätigkeit zur Aktivität aufzufordern.
Quelle
- Sozialgerichtsgesetz (§ 88 SGG)
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