Als Bürgergeld-Bezieher müssen Sie nicht selbst für die Fahrtkosten aufkommen. Voraussetzung ist, dass das Jobcenter Sie zuvor aufgefordert hat sind, sich zu einem Meldetermin persönlich vorzustellen.
Das gilt zumindest in den Fällen, in denen das Jobcenter zu einer ersten Einladung oder dazu aufgefordert hat, einen Termin selbst oder an einem anderen Ort (z.B. Ärztlicher Dienst) wahrzunehmen. Mitnichten müssen also Betroffene für die Fahrtkosten aufkommen. Vielmehr können Sie einen Fahrtkostenantrag stellen.
Inhaltsverzeichnis
Dienstanweisung: Fahrtkosten auf Antrag übernehmen
Das wird seit 2006 auch in den Dienstanweisungen der Bundesagentur für Arbeit nach § 59 SGB II geregelt. Darin heißt es:
„Die notwendigen Reisekosten, die dem Hilfebedürftigen und der erforderlichen Begleitperson aus Anlaß der Meldung entstehen, können auf Antrag übernommen werden, soweit sie nicht bereits nach anderen Vorschriften übernommen werden können.”
Hierbei handelt es sich um ein Zitat des § 309 SGB III Abs. 4 (Allgemeine Meldepflicht), auf den der § 59 SGB II verweist.
Ablehnung der Kostenübernahme nicht möglich
Das Ermessen des Jobcenter-Sachbearbeiters, das im Wort “können” zum Ausdruck kommt, hat das Bundessozialgericht schon im Jahre 2007 auf Null reduziert (Urteil vom 6 Dezember 2007, B 14/7b AS 50/06 R): „Eine Ablehnung der Kostenübernahme kommt gegenüber Leistungsempfängern nach dem SGB II in der Regel nicht in Betracht.” Denn: “Bei der Erstattung von Reisekosten handelt es sich um eine Sozialleistung im Sinne des § 11 Satz 1 SGB I.”
Behördenmitarbeiter verweigern widerrechtlich Fahrtkostenanträge
Trotz der eindeutigen Rechtslage verweigern nach Angaben der Erwerblosengruppe „KEAS“ immer wieder Hartz IV-Behörden die Übernahme der Fahrtkosten bei Meldeterminen.
Folgendes Vorgehen ist den Betroffenen anzuraten:
- Beschweren Sie sich direkt bei dem Teamleiter des Sachbearbeiters
- Reichen Sie bei Ablehnung des Antrages einen Widerspruch ein.
Dabei dem Widerspruch können Sie sich auf die oben genannten Dienstanweisungen und dem Urteil des Bundessozialgerichtes berufen.
Aufstockern erhalten Fahrtkosten zur Arbeitsstelle
Auch in anderen Fällen übernimmt das Jobcenter Fahrtkosten: Aufstocker, denen Kosten für die Fahrt zu Ihrer Arbeitsstelle entstehen, können sich das Geld erstatten lassen, genauso Arbeitssuchende, denen für Vorstellungsgespräche Kosten entstehen.
Die Fahrtkostenerstattung für Aufstocker regelt die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld. § 6 Absatz 1 Satz 5 besagt, dass als Pauschalbetrag Folgendes abzusetzen ist: 20 Cent Kilometerpauschale für Aufstocker
„von dem Einkommen Erwerbstätiger für die Beträge nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 0,20 Euro für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung, soweit der oder die erwerbsfähige Leistungsberechtigte nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist.”
Das heißt, Bürgergeld-Berechtigte bekommen pro Autokilometer 0,20 EUR. Das gilt zumindest solange die Fahrt mit Bus und Bahn nicht deutlich billiger wäre und deswegen die Fahrtkosten mit dem Auto als unangemessen hoch betrachtet werden.
Findet das Jobcenter die Fahrt mit dem Auto zu teuer, bekommen die Aufstocker die Fahrtkosten nicht als Kilometerpauschale, sondern sie bekommen nur soviel ersetzt, wie ein Ticket für Bus oder Bahn gekostet hätte.
Arbeitgeber darf Kilometergeld nicht auf Hartz 4 anrechnen
Aber wie sieht die Sache aus, wenn der Arbeitgeber dem Aufstocker Geld für die Fahrt erstattet? Darf das Jobcenter das dann als Einkommen zählen? Das kommt auf die genauen Umstände an, so entschied es das SG Detmold 2012.
Eine Aufstockerin bekam zusätzlich zu Ihrem Arbeitslohn eine Erstattung der Fahrtkosten pro gefahrenem Kilometer. Das Jobcenter wertete diese Kilometerpauschale gleich als Einkommen und zog es Ihr von den Jobcenter-Leistungen ab.
Das war nicht zulässig, so entschied es das Sozialgericht Detmold. Anders hätte die Sache ausgesehen, wenn der Arbeitgeber eine monatliche Pauschale gezahlt hätte und nicht nur die tatsächlich angefallenen Fahrtkosten übernommen hätte.
Fahrkosten zu Vorstellungsgesprächen
Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen und gegebenenfalls sogar Übernachtungskosten in einem Hotel übernimmt das Jobcenter.
Doch das Jobcenter zahlt nur, wenn der potenzielle Arbeitgeber das explizit ausschließt, denn in vielen Branchen ist es üblich, dass Arbeitgeber Bewerber einladen und dann für deren Reise aufkommen.
Vielen Arbeitgebern ist diese Regelung bekannt und sie wissen, dass das Jobcenter einspringt, wenn sie es nicht tun. Deswegen schreiben sie gleich in Ihre Stellenausschreibungen, dass sie keine Reisekosten übernehmen.
Wird eine Übernahme nicht von vornherein ausgeschlossen, müssen Sie zuerst beim Arbeitgeber fragen, ob die Fahrtkosten übernommen werden, sich eine Ablehnung am besten schriftlich geben lassen, und damit dann zum Jobcenter.
Wie kann ich die Fahrtkostenerstattung beantragen?
Den konkreten Ablauf beim Antrag auf Fahrtkosten regeln die Jobcenter selbst. Bei Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen etc. gilt der Grundsatz, dass das Jobcenter nur das übernimmt, was Sie im Voraus beantragt haben.
Ihr Vorgehen sollte sein:
- Rufen Sie unbedingt bei der Jobcenter-Hotline an oder besser noch, besprechen Sie das persönlich mit Ihrem Arbeitsvermittler.
- Erst dann ein Zugticket für 200 EUR kaufen und ein Hotel buchen.
Sonst kann das Jobcenter die Übernahme verweigern und Sie bleiben auf Ihren Kosten sitzen.
Bei Terminen, zu denen Sie eingeladen wurden, bringen Sie einfach das Ticket oder eine Quittung über Ihre Fahrtkosten mit. Den Antrag stellen Sie dann am besten gleich während des Termins.
Oft wird das Jobcenter Ihnen ein Antragsformular geben. Sollten die Mitarbeiter das jedoch verweigern, können Sie den Antrag auch formlos selbst formulieren, das Ticket oder eine Quittung als Nachweis beilegen und den Antrag abgeben. Lassen Sie sich den Empfang quittieren.
Quellen:
- § 11 Satz 1 SGB I
- § 59 SGB II
- § 11b Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 SGB II
- § 309 SGB III
- § 6 Abs. 1 S. 5 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II
- B 14/7b AS 50/06 R
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