Wohngeld oder Bürgergeld beantragen – das gilt zu beachten

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Das Wohngeld ist für viele Menschen eine unverzichtbare finanzielle Stütze, um die ständig steigenden Wohnkosten zu bewältigen. Es ist speziell dafür konzipiert, Personen mit geringem Einkommen dabei zu helfen, ihre monatlichen Miet- und Heizkosten zu decken.

Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld haben jedoch keinen Anspruch auf Wohngeld, da die Miete vom Jobcenter übernommen wird. In diesem Ratgeber erfahren Sie alles Wissenswerte über das Wohngeld, wie es beantragt wird und in welchen Situationen das Wohngeld dem Bürgergeld Vorrang hat.

Wohngeld: Das Wichtigste in Kürze

Geringverdienende sowie Rentnerinnen und Rentner haben oft keinen Anspruch auf Bürgergeld, obwohl sie Schwierigkeiten haben, die monatlichen Kosten zu tragen. Das Wohngeld soll bedürftige Personen dabei unterstützen, angemessen und familiengerecht zu wohnen. Folgende wichtige Aspekte sollten Sie dabei beachten:

  • Es kann entweder nur Bürgergeld oder Wohngeld beantragt werden – beide Leistungen können nicht gleichzeitig bezogen werden.
  • Derzeit haben rund 2 Millionen Haushalte in Deutschland Anspruch auf Wohngeld.
  • Im Durchschnitt erhalten Wohngeldempfangende 370 Euro pro Monat als Zuschuss zu den Miet- und Heizkosten.
  • Durch die Wohngeld-Plus-Reform werden nun auch die Heizkosten berücksichtigt.
  • Um Wohngeld zu beantragen, muss ein regelmäßiges Einkommen vorliegen, das oberhalb der Mindestanforderungen für Wohngeld liegt.
  • Wer weniger oder gar kein Einkommen hat, muss Bürgergeld beantragen.
  • Die Förderungshöhe wird für Antragstellende individuell berechnet und ist abhängig vom Einkommen des Haushalts, von der Mietstufe des Wohnorts sowie von der Anzahl der Haushaltsmitglieder.
  • Wohngeldempfangende mit Kindern können zusätzlich einen Kinderzuschlag beantragen.

Was ist Wohngeld?

Das Wohngeld ist ein staatlicher Zuschuss, der Haushalte mit niedrigem Einkommen dabei unterstützt, die monatlichen Kosten für Mietwohnungen oder selbstgenutztes Wohneigentum zu decken.

Der Staat will mit dem Wohngeld vor allem dafür sorgen, dass Geringverdienenden ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen ermöglicht wird, damit sie nicht auf den Bezug von Bürgergeld angewiesen sind.

Zusammen mit der Einführung des Bürgergeldes am 1. Januar 2023 wurde auch die Wohngeld-Plus-Reform durchgesetzt, die das Wohngeld zum einen für mehr Haushalte zugänglich gemacht hat und zum anderen nun auch die Heizkosten berücksichtigt.

Gesetzliche Grundlage

Das Wohngeldgesetz trat erstmals am 1. April 1965 in Kraft und wurde seitdem mehrfach angepasst. Die gesetzliche Grundlage für das Wohngeld bildet das sogenannte „Wohngeldgesetz (WoGG)“, das einen besonderen Teil des ersten Sozialgesetzbuches (SGB I) bildet. Dort steht geschrieben:

  1. Das Wohngeld dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens.
  2. Das Wohngeld wird als Zuschuss zur Miete (Mietzuschuss) oder zur Belastung (Lastenzuschuss) für den selbst genutzten Wohnraum geleistet.

Was ist die Wohngeld-Plus-Reform?

Seit dem 1. Januar 2023 gilt die Wohngeld-Plus-Reform. Durch die Reform steigt die Anzahl der Wohngeld-berechtigten Haushalte von rund 600.000 auf 2 Millionen.

Zudem erhalten Wohngeldempfangende im Durchschnitt deutlich mehr Geld durch die Leistung, was unter anderem daran liegt, dass auch die Heizkosten seit der Reform berücksichtigt werden.

Der Staat reagiert mit der Anpassung des Wohngeldes auf steigende Wohn- und Energiekosten. Die Reform besteht aus drei Teilen:

  1. Durch Anpassungen der Wohngeldformel und einer Anhebung des allgemeinen Leistungsniveaus steigt die Anzahl der berechtigten Haushalte von rund 600.000 auf 2.000.000. Somit haben nun mehr als dreimal so viele Haushalte Anspruch auf Wohngeld wie vor der Reform.
  2. Die Heizkosten werden fortan als Leistungsbaustein berücksichtigt. Berechtigte Haushalte erhalten dadurch im Durchschnitt 1,20 Euro mehr Wohngeld pro Quadratmeter Wohnfläche.
  3. Zusätzlich federt die Reform Mieterhöhungen ab, die auf energetische Sanierungen des Gebäudes zurückzuführen sind. Betroffene können eine Pauschale von 0,40 Euro pro Quadratmeter geltend machen.

Insgesamt hat die Reform bewirkt, dass Haushalte, die Wohngeld beziehen, im Schnitt statt 190 Euro 370 Euro pro Monat Zuschuss zu den Miet- und Heizkosten bekommen. Die Klimakomponente soll zudem energieeffiziente Wohnungen für Geringverdienende erschwinglicher machen.

Wer hat Anspruch auf Wohngeld?

Grundsätzlich haben alle Haushalte mit geringem Gesamteinkommen einen Anspruch auf Wohngeld, sofern keine anderen Leistungen wie beispielsweise Bürgergeld bezogen werden, in denen die Mietkosten berücksichtigt werden. Vor allem folgende Personengruppen sollten prüfen, ob ein Anspruch auf Wohngeld besteht:

  • Rentnerinnen und Rentner mit niedriger Rente
  • Alleinerziehende und Paare mit niedrigem Einkommen
  • Arbeitnehmende im Niedriglohnbereich
  • Studierende, die keinen Anspruch auf BAföG haben
  • Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen

Das Bundesministerium für Wohnen stellt auf der Webseite des Ministeriums einen Wohngeld-Rechner zur Verfügung, mit dem Interessierte überprüfen können, ob ein Anspruch auf Wohngeld besteht.

Wer hat keinen Anspruch auf Wohngeld?

Keinen Anspruch auf Wohngeld haben alle Haushalte, deren Gesamteinkommen über oder unter den Grenzen liegen, die für den Anspruch auf Wohngeld festgelegt wurden. Außerdem können alle Personen kein Wohngeld beziehen, wenn sie bereits eine andere Leistung erhalten, in der die Unterkunftskosten berücksichtigt sind. Das gilt in der Regel für alle Personen, die folgende Leistungen beziehen:

  • Bürgergeld oder andere Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII,
  • Grundsicherung,
  • Sozialgeld,
  • Grundleistungen nach dem Asylbewerbergesetz,
  • BAföG oder Schüler-BAföG,
  • Berufsausbildungshilfe.

Einkommensgrenzen für den Wohngeld-Anspruch

Ob ein Anspruch auf Wohngeld besteht, ist im Wesentlichen von drei Faktoren abhängig:

  1. Mietenstufe
  2. Anzahl der Haushaltsmitglieder
  3. Gesamteinkommen der Haushaltsmitglieder

Die Mietstufe ist ein Faktor, der die unterschiedlichen Mietpreise in Deutschland abbildet. Mieten in München (durchschnittlich 14,58 Euro pro Quadratmeter) sind beispielsweise wesentlich höher als die Mieten in Wilhelmshaven (durchschnittlich 6,46 Euro pro Quadratmeter). Die Mietstufe ist abhängig vom Wohnort und reicht von I bis VII, wobei I sehr günstige Wohnorte und VII sehr teure Wohnorte abbildet.

In Abhängigkeit von der Mietstufe und der Zahl der Haushaltsmitglieder darf ein bestimmtes Gesamteinkommen des Haushalts nicht überschritten werden, damit ein Anspruch auf Wohngeld besteht. Die folgende Tabelle zeigt die aktuell geltenden Einkommenshöchstbeträge des gesamten Haushalts nach Abzug aller in Frage kommender Freibeträge (Stand Dezember 2023):

Personen im Haushalt Mietstufe I Mietstufe II Mietstufe III Mietstufe IV Mietstufe V Mietstufe VI Mietstufe VII
1 1371 EUR 1404 EUR 1434 EUR 1465 EUR 1491 EUR 1515 EUR 1541 EUR
2 1853 EUR 1895 EUR 1935 EUR 1975 EUR 2008 EUR 2040 EUR 2073 EUR
3 2327 EUR 2375 EUR 2421 EUR 2469 EUR 2507 EUR 2544 EUR 2582 EUR
4 3146 EUR 3211 EUR 3270 EUR 3332 EUR 3384 EUR 3433 EUR 3484 EUR
5 3613 EUR 3683 EUR 3749 EUR 3817 EUR 3872 EUR 3926 EUR 3981 EUR

Angerechnete Mietobergrenze

Das Wohngeld ist durch eine Mietobergrenze gedeckelt, die ebenfalls von der Anzahl der Personen im Haushalt sowie von der Mietstufe abhängig ist. Die Obergrenze stellt die maximale Höhe der Miete dar, die bei der Berechnung des Wohngeldes berücksichtigt werden kann. Liegt Ihre tatsächliche Miete darüber, wird nur der gedeckelte Höchstbetrag für die Berechnung des Wohngeldes herangezogen. Die folgende Tabelle zeigt die aktuell geltenden Miethöchstgrenzen, die beim Wohngeld berücksichtigt werden (Stand Dezember 2023):

Personen im Haushalt Mietstufe I Mietstufe II Mietstufe III Mietstufe IV Mietstufe V Mietstufe VI Mietstufe VII
1 347 EUR 392 EUR 438 EUR 491 EUR 540 EUR 591 EUR 651 EUR
2 420 EUR 474 EUR 530 EUR 595 EUR 654 EUR 716 EUR 788 EUR
3 501 EUR 564 EUR 631 EUR 708 EUR 778 EUR 853 EUR 937 EUR
4 584 EUR 659 EUR 736 EUR 825 EUR 909 EUR 995 EUR 1095 EUR
5 667 EUR 752 EUR 841 EUR 944 EUR 1038 EUR 1137 EUR 1251 EUR

Wo und wie kann Wohngeld beantragt werden?

Die Wohngeldbehörde der Gemeinde-, Stadt- oder Kreisverwaltung der Antragstellenden ist für die Bewilligung von Wohngeld zuständig. Der Antrag muss bei der zuständigen Behörde eingereicht werden. Viele Bundesländer bieten mittlerweile ein entsprechendes Formular oder die Möglichkeit einer Online-Beantragung an. Im Zweifelfall können Sie den Antrag aber auch formlos stellen. Folgende Unterlagen muss jeder Antrag enthalten:

  • Ausgefühltes Antragsformular oder formloser Wohngeldantrag,
  • Nachweis über die Mietkosten oder Belastungen bei Eigentum,
  • Einkommensnachweise aller Haushaltsmitglieder (z.B. Lohnabrechnung oder Rentenbescheid),
  • Kontoauszüge, aus denen die Höhe der momentanen Miete hervorgeht.

Je nach Lebenssituation müssen Antragstellende folgende Unterlagen hinzufügen:

  • aktueller Grundsteuerbescheid bei Eigentum,
  • aktuelle Bescheide über den Bezug von anderen Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Elterngeld, Unterhaltsvorschuss, Krankengeld,
  • Nachweis für Unterhaltszahlungen,
  • Nachweise über Zinsen und andere Kapitalerträge von Sparkonten, Festgeld, Tagesgeld, Bausparverträgen, Fonds und Ähnlichem,
  • Schwerbehindertenausweis,
  • Bescheid über Leistungen der Pflegeversicherung.

Wie lange ist der Bewilligungszeitraum für Wohngeld?

Der Anspruch auf Wohngeld gilt ab dem Monat, in dem Sie den Antrag einreichen. Bei Bewilligung erhalten Sie in der Regel über 12 Monate hinweg den Zuschuss.

Wenn Sie nach Ablauf des Bewilligungszeitraums weiter Wohngeld in Anspruch nehmen wollen, müssen Sie einen Weiterleistungsantrag stellen. Für eine lückenlose Zahlung sollten Sie diesen möglichst zwei Monate vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes einreichen.

Wohngeld oder Bürgergeld: Welche Leistung kommt in Frage?

Das Wohngeld hat Vorrang vor dem Bürgergeld. Wer Anspruch auf Wohngeld hat, muss zuerst prüfen, ob der Lebensunterhalt mit dem Wohngeld-Zuschuss bestritten werden kann, bevor Bürgergeld in Frage kommt.

Anspruch auf Wohngeld haben alle Haushalte, die ein Einkommen haben, das oberhalb der festgelegten Mindesteinkommensgrenze liegt. Als grobe Faustformel gilt für das Mindesteinkommen der Bürgergeld-Regelsatz plus die Warmmiete plus die Heizkosten.

Vereinfachtes Beispiel: Eine alleinstehende Person würde im Jahr 2023 einen Bürgergeld-Regelsatz von 502 Euro erhalten. Die Warmmiete beträgt 400 Euro und die Heizkosten 150 Euro pro Monat.

Daraus ergibt sich ein Mindesteinkommen von 1052 Euro, das die Person mindestens monatlich verdienen müsste, um einen Anspruch auf Wohngeld zu haben. Liegt das Einkommen darunter, müsste Bürgergeld statt Wohngeld beantragt werden.

Ist das Einkommen wiederum zu hoch, erlischt der Wohngeld-Anspruch, da ab einem bestimmten Einkommen aus staatlicher Sicht keine Hilfebedürftigkeit mehr besteht.

Die Obergrenzen für den Wohngeld-Anspruch sind abhängig von der Anzahl der Haushaltsmitglieder und der Mietstufe der Wohnung (siehe Tabelle Einkommensgrenzen für den Wohngeld-Anspruch)

Fazit: Bürgergeld oder Wohngeld?

Das Wohngeld ist vor allem für Haushalte gedacht, die zwar ein Einkommen haben, damit jedoch nicht die monatlichen Kosten für den Lebensunterhalt decken können.

Es ist mit wesentlich weniger Verpflichtungen verbunden als das Bürgergeld. Empfängerinnen und Empfänger müssen beispielsweise nicht ständig Termine beim Jobcenter wahrnehmen oder Nachweise über die Jobsuche erbringen. Haushalte mit Kindern können zusätzlich zum Wohngeld Kinderzuschlag beantragen, um einen weiteren Zuschuss zu erhalten.

Bürgergeld und Wohngeld schließen sich gegenseitig aus. Wer Bürgergeld bezieht, hat keinen Anspruch auf Wohngeld und wer Wohngeld bezieht, hat keinen Anspruch auf Bürgergeld.

Welche Leistung für wen in Frage kommt, ist in erster Linie davon abhängig, ob der jeweilige Haushalt ein Einkommen hat, welches oberhalb der Mindestgrenze für den Wohngeld-Anspruch liegt.

Insbesondere für Geringverdienende und Rentner ist das Wohngeld eine gute Unterstützung, um den Lebensunterhalt zu decken.

Quellen

  • Wohngeldgesetz (WoGG)