Pfändungsfreigrenze 2024: Kann das Bürgergeld gepfändet werden?

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Wer Schulden hat und diese nicht begleichen kann, muss mit einer Pfändung rechnen. Wenn ein Konto bei der Bank gepfändet wird, erhalten die Gläubiger alle Beträge, die nicht unter dem Pfändungsschutz stehen. Die Pfändungsfreigrenzen legen fest, wie viel Geld die Schuldnerinnen und Schuldner monatlich behalten können, damit ihr Existenzminimum gesichert bleibt.

Erst oberhalb der Pfändungsfreigrenze dürfen Gläubiger Lohn oder Gehalt pfänden. Das zählt auch für Bürgergeld-Leistungen, insofern diese oberhalb der Pfändungsfreigrenzen liegen. In diesem Ratgeber betrachten wir, wie sich die Pfändungsfreigrenzen zusammensetzen und welche Auswirkungen sie auf Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld haben können.

Pfändungsfreigrenzen: Das Wichtigste in Kürze

Die Pfändungsgrenzen sorgen dafür, dass Menschen mit Schulden, denen das Konto gepfändet wurde, genug Geld zum Leben bleibt. Folgende wichtige Aspekte sind in diesem Kontext zu beachten.

  • Seit dem 1. Juli 2023 beträgt die Pfändungsfreigrenze für Alleinstehende 1.402,28 Euro.
  • Mit jeder Person, für die der Schuldner unterhaltspflichtig ist, erhöht sich die Pfändungsfreigrenze.
  • Der maximale Grundfreibetrag bei fünf Unterhaltsgläubigen beträgt 3.106,12 Euro.
  • Rechtlich verankert sind die Pfändungsfreigrenzen in § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO).
  • Bis zu einem Einkommen von 4.298,81 Euro ist das Einkommen nur zum Teil pfändbar.
  • Damit der Pfändungsschutz greift, muss das Einkommen auf einem Pfändungsschutzkonto liegen.
  • Einige Einkommensarten, wie zum Beispiel das Kindergeld, sind unpfändbar und werden nicht oder nur teilweise zum Einkommen angerechnet.

Was sind Pfändungsfreigrenzen?

Die Pfändungsfreigrenzen sind ein essenzieller Bestandteil des deutschen Schuldrechts. Ihr Hauptzweck ist es, das Existenzminimum von Schuldnern zu schützen, während sie bis zu einem gewissen Grad ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen können. Rechtlich verankert sind diese Regelungen in § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO).

Sie definieren, welcher Teil des Arbeitseinkommens eines Schuldners unpfändbar ist, um den Betroffenen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

Mit den Freigrenzen garantiert der Gesetzgeber, dass Schuldnern trotz möglicher Pfändung ein Grundbetrag zur Deckung des täglichen Bedarfs und zur Aufrechterhaltung eines minimalen Lebensstandards erhalten bleibt.

Die Freigrenzen reflektieren das grundlegende Prinzip der sozialen Gerechtigkeit und sind ein unverzichtbarer Bestandteil des sozialen Rechtsstaates.

Wie hoch sind die Pfändungsfreigrenzen 2023/2024?

Am 1. Juli 2023 hat der Gesetzgeber die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen neu festgelegt. Die Freigrenzen werden jedes Jahr überarbeitet und gelten bis zum 30.06.2024.

Der Grundfreibetrag, also der Betrag, der einem Schuldner mindestens verbleiben muss, beträgt derzeit 1.402,28 Euro pro Monat statt zuvor 1.330,16 Euro.

Dieser Betrag ist jedoch nicht starr, sondern variiert mit den Lebensumständen des Schuldners. Insbesondere bei Unterhaltspflichten erhöhen sich die Freibeträge. Für jede Person, für die Unterhalt geleistet wird, steigt der unpfändbare Betrag um einen bestimmten Prozentsatz.

Diese Staffelungen sind so konzipiert, dass sie sowohl dem Schuldner als auch seinen Unterhaltsberechtigten (Unterhaltsgläubiger) ein angemessenes Existenzminimum garantieren.

Unterhaltsgläubiger sind diejenigen Personen, denen ein Unterhalt von einer Person zusteht. Die Person, die den Unterhalt bezahlen muss, wird juristisch als Unterhaltsschuldner bezeichnet. Unterhaltsgläubige sind in den meisten Fällen Kinder und Ehepartner. Die folgende Liste zeigt, wie sich die Pfändungsfreigrenzen bei vorhandenen Unterhaltsgläubigern erhöhen:

  • Grundfreibetrag ohne Unterhaltsgläubiger: 1.402,28 €
  • zusätzlich für den ersten Unterhaltsgläubiger: 527,76 €
  • zusätzlich für zweiten bis fünften Unterhaltsgläubiger jeweils: 294,02 €
  • maximaler Grundfreibetrag bei fünf Unterhaltsgläubigen: 3.106,12 €

Beispiel: Ein verheiratetes Paar mit zwei Kindern hat einen Pfändungsfreibetrag von 2518,02 Euro (1.402,28 € Grundfreibetrag + 527,76 € durch den Ehegatten/die Ehefrau + 294,02 € durch das erste Kind + 294,02 € durch das zweite Kind). Das darüberliegende Einkommen kann gepfändet werden.

Pfändbares Einkommen ist gestaffelt

Auch über den Grundfreibetrag hinaus bleibt ein Anteil des Einkommens pfändungsfrei. Wie groß dieser Anteil ist, ist abhängig davon, für wie viele Personen der Schuldner unterhaltspflichtig ist. Folgende Anteile des Einkommens oberhalb der Freigrenzen sind nicht pfändbar:

  • keine Unterhaltsgläubiger: 30 Prozent
  • 1 Unterhaltsgläubiger: 50 Prozent
  • 2 Unterhaltsgläubiger: 60 Prozent
  • 3 Unterhaltsgläubiger: 70 Prozent
  • 4 Unterhaltsgläubiger: 80 Prozent
  • 5 Unterhaltsgläubiger: 90 Prozent

Die anteilmäßige Pfändung greift nur bis zu einem Einkommen von 4.298,81 Euro. Der Mehrbetrag über diesem Einkommen ist voll pfändbar.

Kann Bürgergeld gepfändet werden?

Im zweiten Sozialgesetzbuch § 42 Abs. 4 werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter einen speziellen Pfändungsschutz gestellt. Dort heißt es:

„Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes kann nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden.“

Übersteigt das monatliche Gesamteinkommen einer Person (zu dem auch Bürgergeld zählen kann) die Pfändungsfreigrenzen, so erhalten die Gläubiger den Anteil oberhalb der Grenze. In der Praxis ist dies jedoch selten der Fall, da die Bürgergeld-Leistungen in der Regel unterhalb der Freigrenze liegen.

In speziellen Situationen, wie beispielsweise bei einer Aufstockung des Gehalts durch Bürgergeld, kann ein Teil der Leistung jedoch pfändbar werden.

Können Bürgergeld-Nachzahlungen gepfändet werden?

In manchen Fällen erhalten Bürgergeld-Bezieher eine Nachzahlung vom Jobcenter. Das kann beispielsweise passieren, wenn das Jobcenter für die Bearbeitung eines Bürgergeld-Antrags länger als einen Monat braucht. In solchen Fällen kann die Summe der Nachzahlung die Pfändungsfreigrenze überschreiten.

Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Entscheidung festgelegt, dass Nachzahlungen von Sozialleistungen anteilig den einzelnen Monaten zugeordnet werden müssen, für die sie erfolgt sind. Diese Verteilung sorgt dafür, dass die Nachzahlungen in der Regel unter die Pfändungsfreigrenzen fallen und somit nicht pfändbar sind.

Wichtig: Pfändungsschutzkonto erstellen

Der Pfändungsschutz greift auf einem normalen Girokonto nicht. Um die unpfändbaren Freibeträge zu schützen, sollten Bürgergeld-Empfangende ihr Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) umwandeln lassen. Hierfür genügt ein Antrag bei der Bank. Die Umwandlung ist in der Regel kostenlos.

Besonderer Pfändungsschutz bestimmter Einkommensarten

Bei folgenden Einkommensarten gelten besondere Regeln beim Pfändungsschutz.

  • Überstundenvergütung und Pfändungsschutz
    Der zu pfändende Betrag aus Überstundenvergütungen wird begrenzt. Vor der Berechnung des pfändbaren Anteils gemäß Pfändungstabelle können Sie 50 % der Überstundenvergütung abziehen, da lediglich die Hälfte pfändbar ist.
  • Schutz von Sonderzuschlägen
    Für Arbeit in der Nacht sowie an Sonn- und Feiertagen erhalten Sie zusätzliche Vergütungen, die über dem regulären Stundenlohn liegen. Diese Zusatzvergütungen sind von der Pfändung ausgenommen und können somit abgezogen werden.
  • Weihnachtsgeld und Pfändung
    Das Weihnachtsgeld fällt unter spezielle Pfändungsregeln. Bis zu einem Betrag von maximal 500 Euro oder bis zur Hälfte des monatlichen Lohnes ist es unpfändbar, gemäß § 850a Nr. 4 ZPO.
  • Urlaubsgeld
    Urlaubsgeld, einschließlich einmaliger Urlaubszuwendungen, ist von der Pfändung ausgeschlossen und kann somit vom Arbeitseinkommen abgezogen werden.
  • Vermögenswirksame Leistungen
    Vermögenswirksame Leistungen sowie die Arbeitnehmersparzulage gehören nicht zum pfändbaren Einkommen und können abgezogen werden.
  • Schmutz- und Gefahrenzulagen
    Zulagen für schmutzige oder gefährliche Arbeit sind unpfändbar und können vor der Berechnung des Pfändungsbetrags abgezogen werden.
  • Zuwendungen für Betriebsereignisse und Treuegelder
    Sonderzahlungen für Betriebsjubiläen oder Treuegelder sind von der Pfändung ausgenommen.
  • Reisekosten
    Für Beschäftigte im Außendienst sind Spesen vollständig unpfändbar und bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens nicht zu berücksichtigen. Das zählt auch für Reisekosten, die beim Jobcenter geltend gemacht werden können.
  • Kindergeld
    Kindergeld ist unpfändbar, unabhängig davon, ob es für die eigene Person oder für Kinder bezogen wird.
  • Wohngeld
    Wohngeld ist grundsätzlich unpfändbar, außer wenn die Schulden direkt mit der Miete oder einem Kredit für Wohneigentum in Verbindung stehen, beispielsweise bei Miet-Rückständen oder nicht gezahlten Kreditraten für das Eigenheim.
  • Abfindung
    Abfindungen zählen zum Arbeitseinkommen und sind unter bestimmten Bedingungen unpfändbar. Die Entscheidung hierüber trifft im Zweifelsfall ein Vollstreckungsgerichts nach § 850i ZPO.
  • Weitere unpfändbare Leistungen
    Alle Bezüge in den folgenden Kategorien sind in vollem Umfang unpfändbar und müssen somit bei dem Blick in die Pfändungstabelle nicht berücksichtigt werden.

    • Erziehungs- und Elterngeld
    • Bafög, Stipendien und Studienbeihilfen
    • Geburtsbeihilfen
    • Beihilfen zur Eheschließung
    • Sterbegeld
    • Gnadenbezüge
    • Blindenbeihilfen

Pfändungstabelle

Hier können Sie die komplette Pfändungstabelle 2023/2024 als PDF herunterladen.

Quellen

  • Zivilprozessordnung § 850c Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen (§ 850c ZPO)
  • Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) § 42 Fälligkeit, Auszahlung und Unpfändbarkeit der Leistungen (§ 42 Abs. 4 SGB II)