Mitwirkungspflicht – Was müssen Bürgergeld Bezieher und was nicht

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Bürgergeld erhalten Sie nicht ohne Gegenleistung. Wer Bürgergeld nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht, hat gegenüber dem Jobcenter bestimmte Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten.

Dazu gehört unter anderem, dass Sie verpflichtet sind, alle Angaben in Anträgen und eingereichten Anlagen vollständig und wahrheitsgemäß zu machen. Außerdem müssen Sie aktiv an der Beendigung der Hilfsbedürftigkeit mitwirken. In diesem Ratgeber erläutern wir, welche Pflichten mit dem Bezug von Bürgergeld einhergehen.

Rechtliche Grundlage für Mitwirkungspflichten

Bürgergeld-Beziehende und alle Personen einer Bedarfsgemeinschaft sind mitwirkungspflichtig. Die Mitwirkungspflicht beruht auf dem zweiten Sozialgesetzbuch Kapitel 8 sowie auf dem § 60 SGB I. Dort heißt es:

„Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

  1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
  2. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
  3. Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.“

Im § 56 SGB II ergänzt der Gesetzgeber:

„Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt haben oder beziehen, sind verpflichtet,

  1. eine eingetretene Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen und
  2. spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen.

Was bedeutet Mitwirkungspflicht?

Eine Mitwirkungspflicht bedeutet, dass Sie während des Bezugs von Bürgergeld oder anderen Sozialleistungen nach SGB II gegenüber dem Jobcenter dazu verpflichtet sind, sämtliche Angaben über sich und ihre Bedarfsgemeinschaft vollständig und korrekt zu tätigen.

Dabei sind Sie in der Beweispflicht. Sie müssen also dem Leistungsträger durch Anträge, Urkunden, Bescheinigungen oder Verträge beweisen, dass Sie und ihre Bedarfsgemeinschaft einen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen haben.

Darüber hinaus sind Sie und alle Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft dazu verpflichtet, aktiv an der Beendigung der Hilfebedürftigkeit mitzuarbeiten.

Sie müssen sich also um eine Arbeit bemühen, an Fortbildungen teilnehmen, Bewerbungen schreiben und ähnliches. In bestimmten Fällen wird diese Verpflichtung ausgesetzt, beispielsweise wenn Sie zur Schule gehen, sich allein um ein Kind unter 3 Jahren kümmern oder eine hilfsbedürftige Person pflegen.

Da die Erwerbsfähigkeit eine Grundvoraussetzung für den Erhalt von Bürgergeld ist, müssen Sie dem Jobcenter außerdem unverzüglich mitteilen, wenn die krank beziehungsweise arbeitsunfähig sind.

Die Arbeitsunfähigkeit sowie die voraussichtliche Dauer müssen Sie innerhalb von drei Tagen nach Beginn der Erwerbsunfähigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung belegen. Die Bescheinigung muss keine Krankheitsdiagnose enthalten. Das Jobcenter muss also nicht erfahren, warum Sie arbeitsunfähig sind.

Achtung: Ein Verstoß gegen die Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten kann Rückforderungen von zu viel erhaltenen Leistungen oder Sanktionen nach sich ziehen.

Schlimmstenfalls erstattet das Jobcenter Anzeige wegen Sozialbetrugs, wenn die Indizien darauf hindeuten, dass Sie absichtlich falsche Angaben gemacht haben, um die erhaltenen Leistungen zu erhöhen oder wenn Sie die Hilfebedürftigkeit absichtlich herbeigeführt haben oder aufrecherhalten, damit Sie nicht arbeiten müssen.

Mitteilungspflicht: Welche Informationen muss das Jobcenter unverzüglich erhalten?

Sämtliche Änderungen, die sich auf die erhaltenen Leistungen, auf Ihre Erwerbsfähigkeit, Erreichbarkeit oder auf Ihr Einkommen oder Vermögen auswirken könnten, müssen Sie dem Jobcenter unverzüglich und ohne schuldhafte Verzögerung mitteilen. Dazu gehört zum Beispiel:

  • Die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit oder Nebenbeschäftigung,
  • einmalige oder regelmäßige Einkommen (dazu zählen auch Rückzahlungen oder Guthaben aus Betriebs- und Heizkostenabrechnungen),
  • Arbeitsunfähigkeit oder wiedererlangte Arbeitsfähigkeit,
  • Schwangerschaft,
  • Bezug von Mutterschaftsgeld,
  • Erhalt von Übergangsgeld oder ähnlichen Leistungen,
  • Beantragung und Bezug von Renten aller Art, dazu zählen auch Erwerbsunfähigkeits- oder Invalidenrenten,
  • Aufnahme eines Studiums oder einer schulischen Ausbildung,
  • Besuch einer Schule oder ähnlichen Ausbildungsstätte,
  • Beginn einer Ausbildung,
  • Änderung der Anschrift,
  • Umzug,
  • Heirat oder Eingehen einer Lebenspartnerschaft,
  • Unterbringung in einer stationären Einrichtung,
  • Scheidung oder dauerhafte Trennung von Ehe- oder Lebenspartnern,
  • Änderung der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft durch Ein- oder Auszug sowie durch Tod oder Geburt,
  • Änderungen im Aufenthaltsstatus, falls keine deutsche Staatsbürgerschaft vorliegt.

Sie können direkt die zuständigen Sachbearbeitenden fragen, ob Sie etwas mitteilen müssen oder nicht. Im Zweifelsfall teilen Sie besser zu viel mit als zu wenig, um Nachforderungen oder eventuelle Nachteile beim Leistungsbezug zu vermeiden.

Mitwirkungspflicht: Was verlangt das Jobcenter?

Neben der Mitteilungspflicht besteht für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld auch eine Mitwirkungspflicht, das heißt, Sie müssen während des Leistungsbezuges aktiv an der Beendigung der Hilfebedürftigkeit mitwirken.

Dazu zählt beispielsweise, dass Sie alle Maßnahmen ergreifen müssen, die dazu beitragen, dass Sie wieder selbstständig für Ihren Lebensunterhalt sorgen können. Das kann unter anderem die Teilnahme an Maßnahmen, das Schreiben von Bewerbungen oder die Aufnahme von zumutbarer Arbeit beinhalten. Außerdem sollten Sie:

  • an Werktagen sowohl postalisch als auch telefonisch erreichbar sein,
  • alle Termine beim Jobcenter wahrnehmen,
  • die angeforderten Unterlagen innerhalb der vorgegebenen Frist einreichen,
  • an vereinbarten Wiedereingliederungsmaßnahmen teilnehmen,
  • die Teilnahme an Maßnahmen nicht eigenwillig ohne triftigen Grund beenden,
  • aktiv nach Arbeitsstellen suchen,
  • geschriebene Bewerbungen beim Jobcenter vorlegen,
  • jede zumutbare Arbeit annehmen,
  • Abwesenheiten und Urlaube anmelden,
  • krankheitsbedingte Ausfälle und vorrübergehende Arbeitsunfähigkeit melden,
  • nicht verschwenderisch mit den erhalten Leistungen umgehen,
  • nach Aufforderung des Jobcenters sich einer amtsärztlichen oder psychologischen Untersuchung unterziehen.

Unterlagen immer als Kopie oder in digitaler Form einreichen

Die entsprechenden Belege, Bescheinigungen und Dokumente können Sie als Kopien einreichen oder in den meisten Fällen auch als digitale Version in ihrem Jobcenter-Account hochladen.

Reichen Sie niemals Originalunterlagen beim Jobcenter ein, da das Amt die Unterlagen digitalisiert und die Papiere nach acht Wochen vernichtet. Eine Rückforderung von Originalunterlagen ist dann nicht mehr möglich.

Vorsicht bei verschwiegenem Einkommen und Vermögen

Bürgergeld-Empfangende sollten die Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten ernst nehmen. Das Jobcenter erhält nach eigenen Angaben von verschiedenen Stellen Informationen über die erhaltenen Geldleistungen der Leistungsbeziehenden.

Dazu zählen zum Beispiel Arbeitseinkommen, Kapitalerträge, Zinsleistungen oder Rentenbezüge. Verschwiegene Einkommen und Vermögen werden in vielen Fällen daher nachträglich aufgedeckt.

Was passiert bei einem Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten?

Zu viel gezahlte Leistungen aufgrund von falschen oder verspäteten Angaben fordert das Jobcenter zurück (siehe: Bürgergeld: Rückforderungen und Aufrechnungen des Jobcenters). Darüber hinaus kann der Leistungsträger bei wiederholtem Verstoß gegen die Mitteilungspflicht Sanktionen und Strafen auferlegen.

Bei besonderer Schwere oder bei konkreten Anhaltspunkten für einen vorsätzlichen Sozialbetrug leitet der Leistungsträger zudem ein Verfahren nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz ein oder erstattet Strafanzeige.

Quellen

  • Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954), Kapitel 8 (SGB II Kapitel 8 Mitwirkungspflichten)
  • Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) – Allgemeiner Teil – (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) § 60 Angabe von Tatsachen (§ 60 SGB I)