Überprüfungsantrag: Bürgergeld-Bescheide überprüfen

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Bürgergeld-Bezieher haben das Recht, gegen Bescheide vom Jobcenter Widerspruch einzulegen. Die Widerspruchsfrist beträgt jedoch nur einen Monat. Danach sind die Bescheide rechtskräftig und schwerer anzufechten. Der Überprüfungsantrag stellt eine Möglichkeit dar, einen bereits rechtkräftigen Bürgergeld-Bescheid erneut überprüfen zu lassen.

Daher ist der Überprüfungsantrag ein wichtiges Instrument, mit dem Leistungsempfangende ihre Rechte wahrnehmen können. In diesem Ratgeber erläutern wir alles, was Sie über Überprüfungsanträge wissen sollten und wie Sie einen solchen Antrag stellen können.

Überprüfungsantrag: Das Wichtigste in Kürze

Mit einem Überprüfungsantrag können Sie Bescheide von Behörden anfechten, bei denen die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen ist. Die entsprechende Behörde muss den Bescheid dann überprüfen oder den Überprüfungsantrag ablehnen. Folgende wichtige Aspekte sollten Sie diesbezüglich kennen:

  • § 44 SGB X stellt die rechtliche Grundlage für Überprüfungsanträge dar.
  • Mit einem Überprüfungsantrag können Sie bereits rechtskräftige Bescheide überprüfen lassen, die Sie für fehlerhaft halten.
  • Der Antrag sollte sich immer auf einen bestimmten Bescheid beziehen.
  • Damit der Antrag nicht abgelehnt wird, sollten Sie eine gute Begründung für die Überprüfung oder Beweise für die Fehlerhaftigkeit darlegen.
  • Bürgergeld-Empfangende können rückwirkend eine Zeitspanne von einem Jahr überprüfen lassen.
  • Bei Bescheiden von anderen Behörden gilt sogar rückwirkend eine Zeitspanne von vier Jahren.
  • Das Jobcenter hat sechs Monate Zeit, um den Antrag zu bearbeiten.
  • Bei erfolgreichem Überprüfungsantrag werden die nicht bewilligten oder falsch berechneten Leistungen nachgezahlt.
  • Ein erfolgreicher Überprüfungsantrag kann eine Neuberechnung der Leistung bewirken.

Bürgergeld und Sozialrecht

Das Bürgergeld und das Sozialrecht in Deutschland bilden einen wichtigen Bestandteil des sozialen Sicherungssystems. Sie zielen darauf ab, Menschen in finanziellen Notlagen zu unterstützen und ihnen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

Das Sozialrecht in Deutschland umfasst eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen, die darauf abzielen, soziale Gerechtigkeit und Sicherheit für alle Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Es deckt verschiedene Bereiche ab, darunter die Sozialversicherung, die soziale Entschädigung sowie die soziale Förderung und Unterstützung, wozu auch das Bürgergeld zählt.

Überprüfungsantrag: Rechtliche Grundlage

Ein zentrales Element im Sozialrecht, das für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld besonders relevant ist, ist der § 44 des Zehnten Sozialgesetzbuches (SGB X). Dieser Paragraph ermöglicht es Betroffenen, einen Überprüfungsantrag zu stellen.

Ein solcher Antrag ist insbesondere dann wichtig, wenn Leistungen nicht zugesprochen oder unberechtigt gekürzt wurden und die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen ist. Die Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere des § 44 SGB X, ist für Leistungsempfangende daher von großer Bedeutung, um ihre Rechte effektiv wahrnehmen zu können.

Was ist ein Überprüfungsantrag?

Ein Überprüfungsantrag ist ein rechtliches Mittel im deutschen Sozialrecht, das es Personen ermöglicht, Verwaltungsentscheidungen des Jobcenters oder anderer Sozialleistungsbehörden auf ihre Richtigkeit überprüfen zu lassen.

Dies ist für Sie vor allem dann relevant, wenn Sie der Meinung sind, dass ein Bescheid fehlerhaft ist oder Ihre Rechte nicht angemessen berücksichtigt wurden.

Der § 44 SGB X spielt eine zentrale Rolle bei Überprüfungsanträgen. Er regelt sowohl die Rücknahme und Änderung von nicht rechtskräftigen Verwaltungsakten als auch von bestandskräftigen Verwaltungsakten.

Somit ist der Überprüfungsantrag ein effektives Mittel, mit dem Betroffene einen bestandskräftigen Verwaltungsakt anfechten können, gegen den eigentlich keine Rechtsmittel mehr eingelegt werden können, weil beispielsweise die Widerspruchsfrist abgelaufen ist.

Wann kann ein Überprüfungsantrag gestellt werden?

Im Folgenden nennen wir einige Situationen, in denen das Stellen eines Überprüfungsantrags sinnvoll sein kann.

  • Ablauf der Widerspruchsfrist: Wenn die Widerspruchsfrist für einen Bescheid abgelaufen ist, haben Sie keine Möglichkeit mehr, regulär Einspruch einzulegen. In solchen Fällen bietet der Überprüfungsantrag eine Alternative, um den Bescheid dennoch überprüfen zu lassen.
  • Unzutreffende oder unvollständige Leistungszusprachen: Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihnen zu Unrecht Leistungen verweigert oder diese unberechtigt gekürzt wurden, können Sie mit einem Überprüfungsantrag bewirken, dass die entsprechende Behörde den Bescheid nochmals überprüft. Dies gilt beispielsweise, wenn bestimmte Bedarfe nicht anerkannt wurden oder Fehler in der Berechnung vorliegen.
  • Änderung der Umstände oder neue Beweise: Sollten sich nach Erhalt des Bescheides die Umstände geändert haben oder neue Beweise bzw. Informationen aufgetaucht sein, die bei der Erstentscheidung nicht berücksichtigt wurden, kann ein Überprüfungsantrag gestellt werden. Dieser ermöglicht es, die neuen Fakten in die Entscheidungsfindung einfließen zu lassen.
  • Rechtliche Fehlinterpretationen: In manchen Fällen kann es vorkommen, dass die Sachbearbeitenden die zugrunde liegende Rechtslage bei der Erstentscheidung nicht korrekt angewendet haben. Auch hier bietet der Überprüfungsantrag eine Möglichkeit, die Entscheidung auf mögliche rechtliche Fehler hin überprüfen zu lassen.

Das zuständige Amt, im Fall des Bürgergeldes also das Jobcenter, muss nach der Stellung eines Überprüfungsantrages den entsprechenden Bescheid überprüfen. Stellt sich heraus, dass der Bescheid fehlerhaft war, kann dieser zurückgenommen oder geändert werden, was zu einer Neuberechnung und gegebenenfalls zu einer Nachzahlung von Sozialleistungen führen kann.

Welche Fristen gelten bei einem Überprüfungsantrag?

Bevor Sie einen Überprüfungsantrag stellen, sollten Sie kontrollieren, ob die Widerspruchsfrist abgelaufen ist. Grundsätzlich können Sie jedem Bescheid vom Jobcenter innerhalb von einem Monat widersprechen.

Als Stichtag zählt das Datum, an dem Sie den Bescheid erhalten haben. Wenn dem Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt ist, verlängert sich die Widerspruchsfrist auf zwölf Monate.

Falls die Frist für einen Widerspruch noch nicht abgelaufen ist, sollten Sie zunächst einen Widerspruch einlegen, bevor Sie einen Überprüfungsantrag stellen. Wie Sie einen Widerspruch einlegen, erfahren Sie in unserem Ratgeber „Widerspruch gegen Bürgergeld-Bescheid“.

Ist die Frist für Widersprüche verstrichen, können Sie nach § 44 SGB X mit einem Überprüfungsantrag rückwirkend eine Zeitspanne von vier Jahren überprüfen lassen. Bei Bürgergeld-Empfangenden ist dieser Zeitraum laut § 40 SGB II jedoch auf ein Jahr reduziert. Dabei wird immerhin das gesamte Kalenderjahr vor dem Antrag überprüft, nicht nur ab Datum der Antragstellung.

Wichtige Aspekte beim Stellen eines Überprüfungsantrags

Ein Überprüfungsantrag kann formlos gestellt werden. Das heißt, er braucht keine bestimmte Form oder kein Formular, um gültig zu sein. Sie können Ihr Anliegen frei formulieren. Allerdings sollten Sie dabei die folgenden wichtigen Aspekte beachten:

  • Nennen Sie genau den Bescheid, der überprüft werden soll.
  • Begründen Sie, warum der genannte Bescheid nach Ihrer Auffassung fehlerhaft ist.
  • Fügen Sie bestenfalls Beweise hinzu, die untermauern, dass der Bescheid falsch ist.
  • Der Antrag sollte in dem Jobcenter oder der Behörde eingereicht werden, die den ursprünglichen Bescheid erlassen hat.

Sie können den Antrag persönlich, per E-Mail oder per Post bei dem zuständigen Jobcenter einreichen. Wir empfehlen, den Antrag per Einschreiben mit Rückschein zu versenden. Auf diese Weise haben Sie einen Nachweis über den Eingang.

Bearbeitungszeit

Nachdem Sie den Überprüfungsantrag bei dem zuständigen Jobcenter eingereicht haben, hat dieses bis zu sechs Monate Zeit, um den Antrag zu bearbeiten.

Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Antrag in der Behörde eingetroffen ist. Sollte das Jobcenter nach sechs Monaten nicht auf den Antrag reagieren, können Sie in Betracht ziehen, eine Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter zu erheben.

Mögliche Folgen eines erfolgreichen Überprüfungsantrags

Wenn der Überprüfungsantrag erfolgreich ist, kann das Jobcenter den ursprünglichen Verwaltungsakt zurücknehmen oder ändern. Dies bedeutet, dass die ursprüngliche Entscheidung revidiert wird, was zu Nachzahlungen und/oder Neuberechnungen der Leistung führen kann.

Stellt sich beispielsweise durch einen erfolgreichen Überprüfungsantrag heraus, dass Ihnen ein Mehrbedarf zusteht, der zuvor verweigert wurde, bekommen Sie eine Nachzahlung für die zuvor nicht gewährten Leistungen. Die Nachzahlungen beziehen sich in der Regel auf den Zeitraum, für den der ursprüngliche Bescheid galt.

Neben Nachzahlungen kann eine erfolgreiche Überprüfung auch zu einer Neuberechnung der laufenden Leistungen führen, was bestenfalls dazu führt, dass Sie dauerhaft mehr Geld vom Jobcenter bekommen.

Was passiert bei einer Ablehnung des Antrags?

Lehnt das Jobcenter den Überprüfungsantrag ab, stellt dies einen neuen Verwaltungsakt dar, gegen den Sie Widerspruch einlegen oder Klage erheben können.

Damit eröffnet sich eine weitere Möglichkeit, die Entscheidung gerichtlich anzufechten, beziehungsweise überprüfen zu lassen. Bewahren Sie alle Unterlagen und Korrespondenzen im Zusammenhang mit dem Antrag auf, da diese in einem eventuellen gerichtlichen Verfahren wichtig werden können.

Wichtig: Bei Ablehnung des Antrags oder bei Unsicherheiten in Bezug auf das weitere Vorgehen sollten Sie im Zweifelsfall rechtlichen Rat in Form einer Rechtberatung einholen. Bürgergeld-Empfangende haben bei Rechtsfragen die Möglichkeit, einen Beratungsschein für kostenlose Rechtsberatung zu beantragen.

Musterantrag

Den folgenden Musterantrag können Sie als Grundgerüst für Ihren Überprüfungsantrag verwenden. Bedenken Sie jedoch bitte dabei, dass es sich hier um eine sehr verallgemeinerte Form handelt, die auf den jeweiligen Fall angepasst werden muss.

An:
(Name und Adresse des Jobcenters)

Von:
(Ihr Name und Ihre Adresse)

Betreff: Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit stelle ich einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) bezüglich des Bescheides vom (Datum des ursprünglichen Bescheides), Aktenzeichen (Aktenzeichen des Bescheides).

Ich bin der Auffassung, dass dieser Bescheid aus folgenden Gründen fehlerhaft ist:

(Hier nennen Sie die Gründe, warum Sie denken, dass der Bescheid fehlerhaft ist. Zum Beispiel könnten Berechnungsfehler, nicht berücksichtigte Umstände oder neue Beweise vorliegen.)
Im Anhang finden Sie: (nennen Sie alle relevanten Dokumente oder Beweise, die Sie Ihrem Antrag beifügen, wie zum Beispiel Nachweise über geänderte Lebensumstände, zusätzliche Belege usw.).

Ich bitte um eine gründliche Überprüfung des genannten Bescheides und um eine entsprechende Korrektur. Sollten Sie weitere Informationen oder Unterlagen benötigen, stehe ich gerne zur Verfügung.

Für den Fall, dass der Überprüfungsantrag zu einer Änderung des Bescheides führt, bitte ich ebenfalls um eine entsprechende Nachberechnung und Nachzahlung der Leistungen.

Ich danke Ihnen im Voraus für Ihre Aufmerksamkeit in dieser Angelegenheit und erwarte Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,

(Unterschrift)

Quellen

  • Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) § 44 Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 44 SGB X)
  • Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) § 40 Anwendung von Verfahrensvorschriften (§ 40 SGB II)