Bürgergeld: Zahlungen aus einer Restschuldversicherung nicht anrechenbar

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Keine Einkommensberücksichtigung bei der Grundsicherung nach dem SGB II/ Bürgergeld bei Zahlungen aus einer Restschuldversicherung, denn es sind keine bereiten Mittel im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum SGB II.

Als Einkommen zu berücksichtigen sind nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II (alle) Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge und mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen.

Dabei ist Einkommen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was die Person vor der Antragstellung bereits hatte. Auszugehen ist vom tatsächlichen Zufluss, es sei denn rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt (modifizierte Zuflusstheorie, stRspr seit BSG vom 30.7.2008 – B 14 AS 26/07 R; jüngst BSG, Urteil vom 28. Februar 2024 – B 4 AS 22/22 R -).

Allerdings ist der wertmäßige Zuwachs nur dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn die Einnahme der leistungsberechtigten Person tatsächlich zur Deckung ihres Bedarfs – als “bereites Mittel” – zur Verfügung steht (vgl nur BSG vom 17.2.2015 – B 14 KG 1/14 R – ).

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 29.08.2019 – B 14 AS 42/18 R – zu Hartz IV – Zeiten entschieden, dass Zahlungen einer Restschuldversicherung kein anrechenbares Einkommen sind.

Diese Rechtsprechung findet auch Anwendung zum heutigem ” Bürgergeld”- Jobcenter dürfen Beziehern von Grundsicherung/ Bürgergeld eine Zahlung aus der Restschuldversicherung – nicht als Einkommen anrechnen.

„Zur Absicherung eines Kredits bei einer Bank hatten die Klägerin und ihr Ehemann eine Versicherung abgeschlossen, die ua bei Arbeitslosigkeit Leistungen in Höhe der monatlichen Kreditraten von circa 760 Euro vorsah. Da der Ehemann arbeitslos war, erbrachte die Versicherung diese Leistung auf das Kreditkonto bei der Bank.

Die Bank ihrerseits buchte am Monatsanfang die Kreditraten vom Girokonto der Eheleute ab und nach Eingang der Versicherungsleistung wieder zurück. Das beklagte Jobcenter berücksichtigte die Versicherungsleistung als Einkommen.“

Dieser Auffassung ist aber das Bundessozialgericht in Kassel nicht gefolgt, denn

Zwar kann auch eine Zahlung, die zu einer Verminderung einer bestehenden Schuld führt, Einkommen sein, weil sie einen bestimmten, in Geld ausdrückbaren wirtschaftlichen Wert besitzt (BSG Urteil vom 16.05.2012 – B 4 AS 132/11 R – ).

Auch die hier vorliegende Zahlung der Versicherungsleistung bewirkt, dass eine Schuldbefreiung und Verringerung der Verbindlichkeiten eingetreten ist. Den Klägern ist es dadurch gelungen, die Schuld gegenüber der Bank zu reduzieren.

Gleichwohl kommt eine Berücksichtigung als Einkommen nicht in Betracht.

Es sind keine bereiten Mittel der Eheleute zur Existenzsicherung

Die Versicherungsleistungen aus der Restschuldversicherung sind nicht als bereite Mittel zur Existenzsicherung anzusehen, da die Zahlung der Beträge nur zur Begleichung der Raten des Kredits vorgesehen und durch das tatsächliche Zusammenwirken von Bank und Versicherung sichergestellt war, dass die Mittel nicht zur Existenzsicherung eingesetzt werden konnten.

Wann ist eine Einnahme nach der Rechtsprechung des BSG als – bereite Mittel zu berücksichtigen

Erforderlich für die Berücksichtigung einer Einnahme als bereites Mittel ist insbesondere, dass sie im Monat des Zuflusses dem Betreffenden tatsächlich zur Verfügung steht und zur Existenzsicherung eingesetzt werden kann.

Steht der aus der Einnahme sich ergebende Wertzuwachs im Zeitpunkt des Zuflusses aus Rechtsgründen nicht als bereites Mittel bedarfsdeckend zur Verfügung, ist die Berücksichtigung als Einkommen zu diesem Zeitpunkt selbst dann ausgeschlossen, wenn der Leistungsberechtigte auf die Realisierung des Wertes in der Folgezeit hinwirken kann.

Davon ausgehend hat der 14. Senat des BSG das Vorliegen von bereiten Mitteln und damit von zu berücksichtigendem Einkommen verneint bei Zinsen aus einem Bausparvertrag, die diesem gutgeschrieben worden sind, aber erst nach Kündigung des Bausparvertrags dem Inhaber des Vertrags zur Verfügung stehen ( BSG,vom 19.8.2015 – B 14 AS 43/14 R – ).

Ebenfalls nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist die Rückbuchung der zuvor abgebuchten Darlehensrate seitens der Bank auf das Girokonto

Denn die aufgrund einer Stornierung erfolgende Rückbuchung der zuvor abgebuchten Darlehensrate seitens der Bank auf das Girokonto der Eheleute führte nicht zu einer Einnahme der Eheleute. Denn diese Rückbuchung kann nicht losgelöst von der zuvor erfolgten Abbuchung der Darlehensrate gesehen werden, so dass der für eine Einnahme erforderliche Wertzuwachs auf dem Girokonto der Eheleute nicht festzustellen ist.

Fazit:

Die Zahlung der Versicherungsleistung durch die Versicherung auf das Darlehenskonto bei der Bank führte – nicht zu bereiten Mitteln seitens der Klägerin oder ihres Ehemannes .

Die Zahlung der Versicherungsleistung ersetzte die Begleichung der Darlehensraten und durch das Zusammenwirken von Bank und Versicherung war sichergestellt, dass die Mittel von den Eheleuten nicht zur Existenzsicherung eingesetzt werden konnten.