Behinderte Menschen haben weniger Rechte

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Verschiedene Sozialverbรคnde haben einen gemeinsamen Appell an die demokratischen Parteien im Bundestag verfasst. In diesem erinnern die Organisationen die Politiker daran, die Rechte von Menschen mit Behinderungen ernst zu nehmen und der Plficht nachzukommen, die vollen Menschenrechte der Betroffenen zu ermรถglichen.

Hier mรผsste in verschiedenen Bereichen die menschenrechtliche Situation von Menschen mit Behinderungen in Deutschland verbessert werden.

Einhaltung der UN-Konvention

Leitschnur fรผr politische und praktische Entwicklungen des Bundesteilhabegesetzes mรผsste laut den Unterzeichnern die UN-Konvention รผber die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN BRK) sein. Diese hat das Ziel, fรผr alle Menschen mit Behinderungen den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten zu gewรคhrleisten.

Diese Konvention formuliert die Prinzipien der Chancengleichheit, Selbstbestimmung, Inklusion und Nicht-Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und verpflichtet zu Partizipation, Zugang der Betroffenen in alle geselleschaftlichen Bereiche, Bewusstsein und Aufklรคrung.

Die UN-Konvention setzt zudem Einzelrechte der Betroffenen als MaรŸstab, dazu gehรถren bรผrgerliche ebenso wie politische, wirtschaftliche wie soziale und kulturelle Rechte.

Leistungen in Gefahr

Die kommunale Finanzlage wรผrde die Debatte um die Weiterentwicklung von Leistungen der Eingliederungshilfe fรผr Menschen mit Behinderungen verschรคrfen, das befรผrchten die am Appell beteiligten Organisationen.

Die Verbรคnde sehen mit Sorge, dass Forderungen laut wรผrden, die Steuerverantwortung bei den Leistungstrรคgern zu bรผndeln. Im Appell heiรŸt es dazu: โ€žDies wรคre ein groรŸer Rรผckschritt nicht nur mit Blick auf das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten und mit einer Umsetzung der UN BRK wohl kaum zu vereinbaren.โ€œ

Von wem stammt der Appell?

Zu den Unterzeichnern des Appells gehรถren Verbรคnde der freien Wohlfahrtspflege ebenso wie
der Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen, auรŸerdem Teilhabe-Fachverbรคnde, Selbsthilfeverbรคnde und Dachverbรคnde der Sozialpsychiatrie.

Um welche Punkte geht es?

Die Verbรคnde sind sich einig รผber Punkte, die bei der Umsetzung und Weiterentwicklung des Bundesteilhabegesetzes beachtet werden mรผssen. Dazu gehรถren eine stรคrkere Vertretung der Interessen von Menschen mit Behinderung, eine Teilhabe der Betroffenen bei sozialrechtlichen Entscheidungen, ein einheitliches Ermitteln des individuellen Bedarfs, das zugleich die persรถnliche Situation Betroffener beachtet sowie das Wahren der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung.

Stรคrkere Interessenvertretung

Die Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen mรผsse gestรคrkt werden. Das gelte ebenso rechtlich wie finanziell und organisatorisch und solle im Rahmen von Vertragsvereinbarungen ablaufen.

Wรถrtlich heiรŸt es: “Die Interessenvertretungen sind daher rechtlich, finanziell und organisatorisch zu stรคrken. Sie sind mit einem gleichberechtigten Mitverhandlungs- und Mitbestimmungsrecht auszustatten, ยง 131 Absatz 2 SGB IX ist entsprechend neu zu formulieren.”

Keine einseitige Steuerung durch die Leistungstrรคger

Die zweite Forderung lautet: โ€žDas sozialrechtliche Leistungsdreieck darf nicht zugunsten einer Stรคrkung der Steuerungsmรถglichkeiten der Leistungstrรคger eingeschrรคnkt oder aufgegeben werden.โ€œ

Hier geht es also darum, dass die Betroffenen, die Menschen mit Behinderung, mit entscheiden und Entscheidungen nicht รผber ihren Kopf hinweg getroffen werden.

Einheitliche Bedarfsermittlung

Das Ermitteln des individuellen Bedarfs mรผsse fรผr alle Beteiligten einfacher als bisher verlaufen und zudem nach einem bundesweit einheitlichen Verfahren. Das Selbstbestimmungsrecht und die individuellen Lebensverhรคltnisse seien dabei immer zu beachten.

Wรถrtlich heiรŸt es: โ€žEs ist darรผber hinaus zentral, mit Blick auf die Kompetenzbereiche der unterschiedlichen Berufsgruppen (Pflegefachkrรคfte, Heilerziehungspflegende, Assistenzkrรคfte, etc.) pragmatische und รผber den Einzelfall hinaus verbindliche Lรถsungen zu finden, die eine integrierte Leistungserbringung ermรถglichen.โ€œ

Bundeseinheitliche Standards fรผr Pflegekrรคfte

Die Anforderungen an Fach- und Hilfskrรคfte mรผssten bundesweit einheitlich geregelt sein und umgesetzt werden.
Zudem sollten sowohl Leistungs- als auch Vergรผtungsvereinbarungen sollen Gegenstand von Schiedsverfahren sein kรถnnen.

Eingliederungshilfe mit allen Beteiligten

Eine weitere Forderung betrifft die Eingliederungshilfe: โ€žEine Weiterentwicklung der Strukturen der Eingliederungshilfe im Rahmen des Erfahrungsaustauschs nach ยง 94 Abs 5 SGB IX soll gemeinsam mit den Verbรคnden behinderter Menschen, den Verbรคnden der freien Wohlfahrtspflege sowie den Verbรคnden der Leistungserbringer erfolgen.โ€œ

Dringender Handlungsbedarf

Die beteiligten Verbรคnde sehen dringenden Handlungsbedarf auch รผber die genannten Punkte hinaus. So mรผsse in allen Lebensbereichen Barrierefreiheit geschaffen und ein inklusives Bildungs- und Gesundheitssystem ausgebaut werden.

Auch auf dem Arbeitsmarkt seien zรผgig weitere Schritte nรถtig, um die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu ermรถglichen.

Hier kรถnnen Sie den Appell einsehen und herunter laden: https://www.der-paritaetische.de/fileadmin/user_upload/Verb%C3%A4nde-Appell_BTHG.pdf