Starker Anstieg der Stromsperren

Lesedauer 2 Minuten

Immer mehr Menschen können sich die Energiekosten nicht mehr leisten

22.04.2014

Angesichts der stetig steigenden Energiepreise haben immer mehr Menschen Energieschulden, für die sie aus eigenen finanziellen Mitteln nicht aufkommen können. Ab einem Minus von 100 Euro sind die Energieanbieter dazu berechtigt, Stromsperren zu verhängen. Betroffene haben dann in ihrer Wohnung keinen Zugang mehr zu Elektrizität und häufig auch nicht zur Warmwasserversorgung. Nicht selten betreffen Stromsperren auch Kinder, alte Menschen und Kranke. Sozialverbände und die Linkspartei kritisieren das Abstellen der Elektrizitätsversorgung bereits seit langem auf das Schärfste. Sie fordern ein gesetzliches Verbot von Stromsperren und eine bessere finanzielle Unterstützung für Menschen mit geringem Einkommen sowie für Hartz IV- und Sozialhilfe-Bezieher.

Immer mehr Stromsperren in Deutschland
In Deutschland übersteigen die Energiekosten den europäischen Durchschnitt mittlerweile bei Weitem. Als einen Grund nennen Experten die hohen Ausgaben für den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere für Solar- und Windenergie, die seit 2011 nach dem Reaktorunglück in Fukushima verstärkt vorangetrieben wird.

Seit dem Jahr 2005 sind die Strompreise bundesweit durchschnittlich um 44 Prozent, die Gaspreise um 31 und die Kosten für Fernwärme um 45 Prozent gestiegen. Die Folgen der hohen Energiepreise sind dramatisch: 2012 waren 321.539 Bürger wegen Zahlungsrückständen von Stromsperren betroffen. Das geht der „Welt“ zufolge aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Partei Die Linke hervor. Im Vorjahr wurde die Elektrizitätsversorgung in 312.000 Fällen abgestellt. Damit ist bei den Stromsperren ein Zuwachs von drei Prozent zu verzeichnen – Tendenz steigend. „Jede Stromsperre ist eine zu viel. Es ist absolut unverhältnismäßig, dass Familien wegen ein paar Euro im Dunkeln sitzen müssen", sagte Caren Lay, Fraktionsvize der Linkspartei im Bundestag, zur „Welt“. „Die Zahlen zeigen, dass Energiearmut wächst", bestätigte auch der Präsident des Sozialverbandes SoVD, Adolf Bauer, gegenüber der Zeitung.

15 Prozent der Menschen in Deutschland können sich ihre Stromrechnung nicht mehr leisten
Verbraucherschutzverbänden zufolge sind etwa zehn bis 15 Prozent der Menschen in Deutschland finanziell nicht in der Lage, ihre Stromrechnungen in der vollen Höhe zu bezahlen. Insbesondere betroffenen sind Personen mit geringem Einkommen, die viel Zeit zu Hause verbringen wie Studenten, Rentner sowie Arbeitslosengeld I-, Hartz IV- und Sozialhilfe-Bezieher. Energiesparende Neugeräte können sich diese Haushalte zudem nicht leisten und verbrauchen auch deshalb vergleichsweise viel Strom.

Im Hartz IV-Regelsatz sind für einen Single-Haushalt knapp 32 Euro für Strom enthalten. Dem Deutschen Caritasverband zufolge, der eine Untersuchung von 80.000 einkommensschwachen Haushalten durchführte, sind das 23 Prozent zu wenig. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht dennoch keinen Handlungsbedarf. „Durch das Sozialrecht wird der Strombedarf von Empfängern staatlicher Transferleistungen angemessen gesichert", zitiert die Zeitung Wirtschaftsstaatssekretär Uwe Beckmeyer aus seiner Antwort auf die Anfrage der Linkspartei. Die Entwicklung des Strompreises werde dabei „angemessen berücksichtigt“.

Sozialverbände und Linkspartei fordern mehr Unterstützung für Geringverdiener und Erwerbslose
In den Koalitionsverhandlungen hatte die Bundesregierung die Einführung eines Prepaid-Modell beschlossen, zu dem Energieversorger verpflichtet werden. Die Linkspartei sieht darin jedoch nicht die Lösung des Problems. Vielmehr sollten Erwerbslose und Geringverdiener eine größere Unterstützung hinsichtlich der Energiekosten erhalten. „Stromsperren für Privathaushalte müssen per Gesetz verboten werden. Wir brauchen außerdem einen Härtefallfonds, der Haushalten mit Zahlungsrückständen kurzfristig unbürokratisch hilft", so Lay. Der Sozialverband SoVD spricht sich für die Einführung von Sozialtarifen für Menschen mit geringem Einkommen aus. „Wenn das nicht ausreicht, muss auch über einen Energiekostenzuschuss nachgedacht werden", erklärte Bauer. (ag)

Bild: tommyS / pixelio.de

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...