Faktisch keine Renten-Erhöhung für fast 650.000 Rentnerinnen und Rentner

Lesedauer 2 Minuten

Zum 1. Juli 2023 wurde die Rente in Ost und West erhöht. In den alten Bundesländern stieg die Rente um 4,39 Prozent, in den neuen Bundesländern um 5,86 Prozent. Ausgenommen von der Rentenerhöhung sind jedoch etwa 647.515 Rentnerinnen und Rentner, die zusätzlich zur Rente eine Grundsicherung beziehen müssen. Sie gehen vollkommen leer aus. Wir erklären, warum das so ist.

Rentenerhöhung ab Juli 2023

Die Renten steigen ab Juli. Das beschloss das Bundeskabinett. Demnach erhalten Rentnerinnen und Rentner ab dem 1. Juli 2023 im Westen 4,39 Prozent und im Osten 5,86 Prozent mehr Rente. Damit steigen die Renten stärker, als bislang von Rentenexperten noch vor einigen Wochen angenommen.

650.000 Rentnerinnen und Rentner von der Rentenerhöhung faktisch augeschlossen

Von der Rentenanpassung profitieren rund 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner. Ausgenommen sind allerdings rund 650.000 (Stand Januar 2023: 647.515) Rentnerinnen und Rentner, die ihre Rente mit Grundsicherung im Alter aufstocken müssen. Wie kommt es dazu?

Wenn die Rente nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, müssen betroffene Rentnerinnen und Rentner einen Antrag auf Grundsicherung (SGB XII) stellen. Dieser Antrag ist nicht beim Jobcenter, sondern beim Sozialamt zu stellen. Betroffen sind Seniorinnen und Senioren, deren Gesamteinkommen in etwa unter 924 Euro liegt.

Altersarmut höher als Zahlen belegen

Viele Betroffene stellen keinen Antrag auf Grundsicherung. Sie scheuen das komplizierte Antragsverfahren, schämen sich, einen Antrag zu stellen oder wissen nicht, dass sie auch Anspruch auf ergänzende Grundsicherung haben können. Auch deshalb ist Altersarmut in Deutschland weit verbreitet.

Rentenerhöhung wird als Einkommen angerechnet

Bei der Berechnung der Grundsicherung wird die Rente als Einkommen angerechnet. Wird nun die Rente wie geplant zum 1. Juli 2023 erhöht, wird die höhere Rente, also das höhere Einkommen, auf die Grundsicherung angerechnet. Das Sozialamt muss also weniger Grundsicherung zahlen, beim Rentner selbst kommt die Erhöhung faktisch nicht an.

Analog zum Regelsatz des Bürgergeldes beträgt der Regelbedarf für Alleinstehende 502 Euro im Monat bzw. 451 Euro für Rentnerinnen und Rentner, die mit ihrem Partner zusammenleben.

Für einige Rentnerinnen und Rentner, die nur einen geringen Zuschlag zu ihrer Rente erhalten haben, kann es auch sein, dass sie nun keine ergänzende Grundsicherung beziehen (müssen), weil ihre Rente knapp über dem Existenzminimum liegt. Aber auch für sie bleibt die Rentenerhöhung de facto aus bzw. fällt nur gering aus.

Lesen Sie auch:
Rente: Dann können Rentner bis zu 5000 Euro Härtefallfonds beantragen
Rente: Warum viele Rentner noch keine Rentenerhöhung erhalten haben

Eine Betroffener berichtet

Ein Betroffener berichtet: “Ab Juli bekommt jede Rentnerin und jeder Rentner in Deutschland eine kleine Rentenerhöhung, damit sie und er die Inflation etwas ausgleichen kann. So ist es auch bei mir. Aber der Staat zieht mir diese Erhöhung – letztes Jahr waren es theoretisch 17,00 Euro – gleich wieder ab, weil das Sozialgesetz das so vorsieht, so dass meine Rente nicht steigt und nicht steigen kann. Der Gesetzgeber ist der Meinung, für einen Rentner reichen 5,35 Euro pro Tag zum Überleben aus”. (Quelle)

Kein Inflationsausgleich bei der Grundsicherung

Obwohl die Rentenerhöhung die steigende Teuerung, die sich vor allem bei Grundnahrungsmitteln und Energie bemerkbar macht, ausgleichen soll, gehen Rentnerinnen und Rentner, die aufgrund ihrer Armutsrenten auf Grundsicherung angewiesen sind, wieder einmal leer aus. Das ist keine neue Regelung, sondern seit Einführung der Grundsicherung gesetzlich verankert.

Ähnliche Logik auch beim Kindergeld

Übrigens: Eine ähnliche Regelung gibt es auch beim Kindergeld. Bezieher von Bürgergeld dürfen zwar Kindergeld beziehen, es wird aber auf das laufende Bürgergeld angerechnet. Auch hier gilt die gleiche Logik. Wird das Kindergeld erhöht, wird es sofort mit dem Bürgergeld verrechnet, so dass die betroffenen Eltern bzw. Kinder bei einer Kindergelderhöhung faktisch leer ausgehen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...