Tafel in Thüringen verteilt Lebensmittel zuerst an Deutsche – für Flüchtlinge nur Reste oder gar nichts

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Immer mehr Menschen in Deutschland sind auf die Lebensmittelausgaben der Tafeln angewiesen. Vor allem Geflüchtete aus der Ukraine, Bürgergeld- und Sozialhilfeempfänger, Erwerbstätige mit geringem Einkommen sowie Rentnerinnen und Rentner seien auf die Unterstützung der Tafeln angewiesen, teilte der Bundesverband der Tafeln mit. Rund 30 Prozent mussten bereits einen Aufnahmestopp für “Neukunden” verhängen. In Thüringen ist eine Tafel dazu übergegangen, “Lebensmittel zuerst an Deutsche zu verteilen”. Für Geflüchtete bleiben nur noch Reste oder oft auch gar nichts übrig. Der Bundesverband distanzierte sich.

Immer weniger Lebensmittelspenden

Der Verteilungskampf um Lebensmittel wird immer härter, da immer mehr Armutsbetroffene auf die Lebensmittelspenden der Tafeln angewiesen sind. In thüringischen Stadt Kahla ist man nun dazu übergegangen, Lebensmittel zurerst an Deutsche zu verteilen. Eine Verteilung, die an AfD-Forderungen stark erinnert.

Lebensmittelverteilung zuerst für Deutsche in Kahla

Die Tafel in Kahla sorgte nämlich für Aufsehen, weil sie bei der Verteilung von Lebensmitteln eine sogenannte Vorzugsbehandlung für deutsche Staatsbürger eingeführt hat. Das berichtete der MDR am Mittwoch in einem Beitrag über die örtliche Tafel. Die Leiterin der Tafel, Tina Staude, bestätigte diese Praxis. Hinter dieser rassistischen Diskriminierung verbergen sich auch weitere Probleme.

Der Vorwurf, der im Anschluss an die Berichterstattung des MDR laut wurde, dass es eine rassistische Priorisierung gegeben habe, wurde von den Verantwortlichen zurückgewiesen.

Auf Anfrage sagte Staude: “Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Ausländerfeindlichkeit zu tun.” Bei der wöchentlichen Lebensmittelausgabe dienstags und freitags würden deutsche und ukrainische Kunden getrennt einbestellt. “Am Anfang war es so, dass ich einen Übersetzer organisiert habe, der nur begrenzt Zeit für uns hatte”, erklärte die Leiterin der Tafel in Kahla. Aus diesem Grund seien die Ukrainer alle in einem bestimmten Zeitfenster eingeteilt worden.

Für ukrainische Geflüchtete nur noch Reste oder nichts

Die Tafelleitung versorgt aber nach wie vor zuerst die deutschen Kunden – Staude nennt sie “Altkunden”. Erst wenn alle deutschen Kunden versorgt sind, dürfen neue Tafelnutzer wie Ukrainer und andere Flüchtlinge ihre Lebensmittel abholen. “Die Deutschen waren zuerst da und sind auch noch da, wenn die Ukrainer irgendwann wieder weg sind”, begründet die Vereinsvorsitzende Tina Staude die Priorisierung gegenüber dem MDR.

Vor allem ab der zweiten Monatshälfte würden die Lebensmittel knapp. Am Ende des Monats, so der MDR, bleibe für die Ukrainer gar nichts oder nur noch Reste übrig. “Wir haben nicht genug Ware, um alle Haushalte gleichmäßig und gerecht zu versorgen. Ab Mitte des Monats wird es einfach schwierig sicherzustellen, dass alle gleich viel bekommen”, erklärte ein Vertreter gegenüber dem MDR.

Bundesverband der Tafeln distanziert sich

Der Bundesverband der Tafeln distanzierte sich inzwischen von der Tafel in Kahla. Die Tafel in Kahla sei kein Tafel-Mitglied im Verbund. “Unsere Mitglieds-Tafeln haben sich per Satzung dazu verpflichtet, Kundinnen und Kunden gleichzubehandeln. Dazu stehen wir. Armutsbetroffene gegeneinander auszuspielen, hilft niemandem und ändert nichts an der dramatischen Armut in Deutschland”.

Gleichzeittig mahnte der Bundesverband, dass die Tafeln die fehlenden Taten der Politik nicht ausbalancieren könne. “Unsere Mitglieds-Tafeln können die Versäumnisse nicht abfangen. Sie stehen aktuell unter großem Druck. Seit Kriegsbeginn in der Ukraine steigt die Nachfrage, gleichzeitig fehlen Lebensmittel und Ehrenamtliche.

Tafel in Kahla wirbt mit Tafel-Logo

Dennoch wirbt die Tafel in Kahla mit dem Logo des Tafelverbundes. Dies sei allerdings kein offizielles Logo mehr, berichtigt der Bundesverband. “Das ist seit 2017 nicht mehr unser offizielles Logo. Die Tafel dürfte es aber natürlich trotzdem nicht mehr verwenden, da sie kein Mitglied mehr ist.”

In den sozialen Medien ist die Empörung jedoch groß. “Bitte im Namen all eurer Mitglieds-Tafeln, der hart arbeitenden Ehrenamtlichen, die sich an die Grundsätze halten und sehr gute Arbeit leisten – geht gegen diesen Missbrauch des Logos vor! Denn die Arbeit der Tafeln darf nicht durch so eine Pseudo-Tafel verunglimpft werden”, fordert beispielsweise eine Kommentatorin.

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