Bürgergeld: Jobcenter hat zu hohe Miete bewilligt – Gericht wies Klage ab

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Ein Bremer Hartz-IV-Bezieher (heute Bürgergeld) hatte gegen das Jobcenter geklagt, weil seine Unterkunftskosten zu niedrig angesetzt seien. Statt der Klage stattzugeben, entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSK), dass die Miete sogar zu hoch sei.

Zuschläge in Bremen für bestimmte Stadtteile

In Bremen werden von den Jobcentern teilweise Stadtteilzuschläge gezahlt, um zu verhindern, dass Mieter, die auf Bürgergeldleistungen angewiesen sind, aufgrund höherer Mieten aus bestimmten Stadtteilen verdrängt werden. Das Landessozialgericht sieht darin kein schlüssiges Konzept für die Unterkunftskosten von Bürgergeldbeziehern.

Zuschläge werden beispielsweise für folgende Stadtteile in Bremen gezahlt:

  • 10% für Findorff, Oberneuland, Östliche Vorstadt und Walle (ohne Überseestadt)
  • 15% für Neustadt und Überseestadt
  • 25% für Horn-Lehe, Schwachhausen, Mitte und Borgfeld

Tendenziell zu hohe Kosten

Das LSK Niedersachsen-Bremen hat allerdings entschieden, dass die Bewilligung der Kosten der Unterkunft in Bremen für den Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 nicht auf einer Grundlage erfolgt ist, die den “höchstrichterlichen Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung des Mietwohnungsmarktes genügt.” (AZ: L 15 AS 106/20)

Dies hat in Bremen teilweise zur Übernahme tendenziell zu hoher Kosten geführt, entschieden die Richter. Mit “Kosten der Unterkunft” sind die Beträge gemeint, die Hartz-IV-Leistungsberechtigte zur Sicherung ihres Wohnbedarfs (zuzüglich Heizkosten) erhalten.

Jobcenter kürzte Bewilligung der Miete

Im konkreten Fall klagte ein alleinstehender Mann, der seit 1989 in einer 88 m² großen 3,5-Zimmer-Wohnung in der Bremer Neustadt lebt. Nach erfolglosen Gesprächen zwischen ihm und dem Jobcenter, wie diese Kosten gesenkt werden könnten, bewilligte das Jobcenter ab Oktober 2017 nur noch 523,25 Euro bzw. nach einer Erhöhung 542 Euro für die Kosten der Unterkunft.

Die festgesetzten Beträge orientierten sich an einem Richtwert für eine Mietobergrenze, der auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens zum Mietwohnungsmarkt ermittelt wurde.

Kein schlüssiges Konzept: Miete sei zu hoch

Das Sozialgericht Bremen hatte die Klage des Klägers auf höhere Leistungen abgewiesen. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bestätigte dieses Urteil und setzte sich intensiv mit dem “schlüssigen Konzept” in Bremen auseinander.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die in Bremen angewandte Methodik aufgrund von Zuschlägen für bestimmte Stadtteile nicht schlüssig sei und zu Werten führe, die tendenziell über den abstrakt angemessenen Unterkunftskosten lägen. Dieser methodische Fehler wirke sich auch auf die im Rahmen der Fortschreibung ermittelten Werte aus.

Bereits das nicht schlüssige Konzept wirke sich zugunsten des Klägers aus und könne daher nicht zu noch höheren Leistungen führen, so das Gericht.

Politische Ziele seien nicht relevant

Der Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstrecke sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts “nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich seien.” Andere politische Ziele seien dem Existenzminimum hingegen nicht zuzuordnen. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, “dass bei der Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung eine mietpreissteigernde Wirkung vermieden werden müsse.”

Das Urteil wurde zwar bereits am 30. August 2022 verkündet, die umfangreichen Entscheidungsgründe wurden den Beteiligten jedoch erst kürzlich zugestellt. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen.