Zu Zeiten von Hartz IV wurden Leistungsbeziehende ab einem bestimmten Alter seitens des Jobcenters zu einer zwangsweisen Verrentung gedrängt. Die “Zwangsrente” ist mit Einführung des Bürgergelds vorerst ausgesetzt. Allerdings hat sich der Gesetzgeber eine “Hintertür” offen gehalten.
In der Vergangenheit forderten Jobcenter von älteren Hartz IV Beziehern eine Rente mit Abschlägen vorzeitig in Anspruch zu nehmen. Vielfach drängten die Jobcenter rechtswidrig die Betroffenen in die Rente.
Verrentung nicht ohne Ermessensentscheidung
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Eine solche Aufforderung war allerdings nur dann zulässig, wenn das Jobcenter im Rahmen einer Ermessensentscheidung geprüft hatte, ob es überhaupt auffordern soll, eine Altersrente zu beantragen. Diese Pflicht galt zudem zusätzlich zu den Bestandsschutzregeln (SGB II § 65 Absatz 4) und den Ausnahmeregelungen der Unbilligkeitsverordnung.
Wer sich weigerte, musste dennoch vorzeitig die Rente in Anspruch nehmen
In der Praxis hieß das, dass die Ämter ab einem Lebensalter von 63 Jahren Leistungsberechtigte aufzufordern, einen vorzeitigen Rentenantrag zu stellen. Wer dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde damit überrascht, dass die Behörde von sich aus einen Rentenantrag stellte. Daher war der Begriff “Zwangsrente” tatsächlich wörtlich zu nehmen.
Für Rentenversicherte, die ab 1964 geboren sind, gilt das Renteneintrittsalter von 67 Jahren. Für alle Menschen, die davor geboren worden sind, gilt das schrittweise Renteneintrittsalter von 65 bis 67 Jahre (§ 235 SGB VI). Siehe auch nachfolgende Tabelle:
Ab wann gilt welches Renteneintrittsalter?
Geburtsjahr | Renteneintrittsalter | regulärer Renteneintritt |
---|---|---|
1956 | 65 Jahre + 10 Monate | 11/2021 bis 10/2022 |
1957 | 65 Jahre + 11 Monate | 12/2022 bis 11/2023 |
1958 | 66 Jahre | 01/2024 bis 12/2024 |
1959 | 66 Jahre + 2 Monate | 03/2025 bis 02/2026 |
1960 | 66 Jahre + 4 Monate | 05/2026 bis 04/2027 |
1961 | 66 Jahre + 6 Monate | 07/2027 bis 06/2028 |
1962 | 66 Jahre + 8 Monate | 09/2028 bis 08/2029 |
1963 | 66 Jahre + 10 Monate | 11/2029 bis 10/2030 |
1964 | 67 Jahre | 01/2031 bis 12/2031 |
Die Jobcenter drängten bei Hartz IV die Betroffenen in die Rente, da alle Hilfebedürftigen dazu aufgefordert sind, andere Einkommensarten zu nutzen, damit der Anspruch auf Hartz IV erlischt. Das galt für alle, die mindestens 35 Jahre in die Rentenversicherung einzahlten.
Hohe Abzüge durch Zwangsverrentung
Das Problem dabei war allerdings, dass die meisten Betroffenen durch die vorgezogene Rente finanzielle Einbußen erdulden mussten. Teilweise mussten Abzüge von bis zu 14,4 Prozent in Kauf genommen werden.
Denn jeder Monat, der vor der Regelaltersgrenze als Altersrente in Anspruch genommen wurde, verlangte eine Rentenkürzung von 0,3 Prozent. Wer also vier Jahre vor dem regulärem Rentenalter den Rentenbezug in Anspruch nahm, musste eine Rentenkürzung von 14,4 Prozent hinnehmen.
Abschaffung mit Offenhalten einer Hintertür
Nun aber wurde im Zuge der Bürgergeld-Reform Anfang des Jahres die Zwangsrente vorerst kassiert. Vorerst deshalb, weil die Zwangsverrentung zunächst nur bis Ende 2026 ausgesetzt wurde. Ob dann ab dem Jahre 2027 die zwangsweise Verrentung seitens des Gesetzgebers wieder installiert wird, bleibt abzuwarten.