Bürgergeld statt Hartz IV: Das steht im neuen Gesetzesentwurf

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Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte bekräftigt, dass das “neue” Bürgergeld zum Jahreswechsel 2023 umgesetzt wird. Damit solle die Ära “Hartz IV” enden. Ein erster Gesetzes-Referentenentwurf wurde nun veröffentlicht. Zu den Regelleistungen schweigt sich der Entwurf weiterhin aus.

Vorweg: Einige Vorhaben sind in dem Gesetzesentwurf zu begrüßen, anderes bleibt wie es ist. Eines steht allerdings jetzt schon fest: An den Sanktionen will auch die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP festhalten. Zu den Regelleistungen schweigt sich der Entwurf aus.

Karenzzeiten bei den Unterkunftskosten und verwertbarem Vermögen

Leistungsbeziehende sollen sich auf die Arbeitssuche und Qualifizierung konzentrieren können, heißt es in dem Referentenentwurf. Dafür soll in den ersten zwei Jahren des Leistungsbezugs eine Karenzzeit für Wohnen und Vermögen eingeführt werden.

Das bedeutet, dass die Angemessenheitsprüfung der Kosten der Unterkunft sowie eine Vermögensanrechnung entfällt, sofern dieses nicht erheblich hoch ist.

Auch selbst genutztes Wohneigentum wird unabhängig von seiner Fläche von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen. Bei Mietwohnungen und bei selbstgenutztem Wohneigentum werden außerdem die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in diesem Zeitraum in tatsächlicher Höhe anerkannt.

Änderungen bei der Vermögensfreistellung

Während der ersten zwei Jahre gelten für die Vermögensprüfung sollen höhere Freibeträge gelten. Auch nach Ablauf der Karenzzeit soll die Vermögensprüfung entbürokratisiert werden. Zudem werden die Freibeträge für die Leistungsbeziehende angehoben.

Auch die bei selbstgenutzten Hausgrundstücken oder Eigentumswohnungen anerkannten Wohnflächen werden in größerem Umfang als bisher freigestellt. Die weiteren vollständig freigestellten Vermögensgegenstände werden erweitert. So sind künftig alle Versicherungsverträge, die der Alterssicherung dienen, nicht als Vermögen zu berücksichtigen.

Erhöhte Freibeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende

Beim Bürgergeld sollen die Grundabsetzbeträge für Schüler, Studierende und Auszubildende erhöht werden. Damit sollen die Chancen für Kinder und Jugendliche verbessert und die Ungleichheit zwischen Kindern und Jugendlichen aus hilfebedürftigen Familien und solchen, die es nicht sind, verringert werden.

Gleichzeitig soll insbesondere für Studierende und Auszubildende ein Anreiz zur Aufnahme beziehungsweise zum Aufrechterhalten einer Beschäftigung erhöht werden.

Sanktionen weiterhin mit bis zu 30 Prozent möglich

Die Sanktionen sollen nach Antragsstellung in den ersten sechs Monaten ausgesetzt bleiben. “Den Leistungsberechtigten wird für die ersten sechs Monate dieser Vertrauenszeit ga-rantiert, dass keine Anordnung von Maßnahmen mit Rechtsfolgenbelehrung ergehen”, heißt es in dem Entwurf. “Stattdessen wird in diesem Zeitraum ganz besonders auf eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe und Vertrauen gesetzt.”

Wenn nach den ersten sechs Monaten der sog. Vertrauenszeit Absprachen zu Mitwirkungspflichten (Eigenbemühungen, Maßnahmeteilnahmen und Bewerbungen auf Vermittlungsvorschläge) nicht eingehalten werden, sollen diese Pflichten rechtlich verbindlich durch Aufforderungen mit Rechtsfolgenbelehrungen festgelegt werden. Danach können dann auch Sanktionen in Form von Leistungskürzungen folgen.

Insgesamt sind also die Sanktionen nur etwas abgemildert. Man wolle „Leistungsminderungen wegen wiederholter Pflichtverletzungen und Meldeversäumnisse mit höchstens 30 Prozent des maßgebenden monatlichen Regelbedarfs” sanktionen. Bei den Kosten der Unterkunft und Heizung will man stattdessen nicht (mehr) sanktionieren.

Sonderregeln für U25 Bezieher entfallen

Die bisherigen verschärften Sonderregelungen für die unter 25-Jährigen (U25) entfallen. Die Jobcenter sollen nunmehr im Fall einer Minderung für diesen Personenkreis ein Beratungs- und Unterstützungsangebot unterbreiten.

Nicht mehr jeden Job annehmen müssen

Ein zu begrüßender Punkt ist die Abschaffung des Vermittlungsvorranges. Dieser soll im SGB II abgeschafft werden. Dieser führte nämlich dazu, dass Hartz IV Beziehende faktisch jede Arbeit annehmen musste. “Durch den Einsatz der Eingliederungsinstrumente des SGB II sollen lediglich kurzfristige Beschäftigungen vermieden und die Chancen auf nachhaltige Integrationen gestärkt werden.”

Nunmehr sollen Weiter- und Qulifizierungsmaßnahmen mehr im Fokus stehen. In dem Zusammenhang werde es auch ein monatliches Weiterbildungsgeld und ein Bürgergeldbonus für die Teilnahme an Maßnahmen geben. Wie hoch dieses ausfallen werde, steht noch nicht fest.

Einführung einer Bagatellgrenze bei Rückforderungen

Zur Rechtsvereinfachung, die insbesondere die Verwaltung entlasten soll, wird eine sogenannte Bagatellgrenze für Rückforderungen eingeführt. Dieser Schritt ist tatsächlich zu begrüßen. In der Vergangenheit forderten die Jobcenter immer wieder auch 1 Cent Beträge ein und entfachten damit eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit.

Regelleistungen werden nicht erhöht?

Zur angekündigten Neuberechnung der Regelleistungen schweigt sich der Entwurf allerdings aus. Es ist kein Wort darüber zu lesen, ob und wie die Leistungen neu berechnet werden sollen. Noch im April kündigte der Arbeitsminister an, dass sich der Regelbedarf bzw. das Bürgergeld stark erhöhen werde.

Heil sagte damals: “Mein Vorschlag ist, dass wir etwa bei Familienhaushalten die unteren 30 statt der unteren 20 Prozent der Einkommen als Grundlage nehmen. Damit können wir erreichen, dass die Regelsätze im Bürgergeld pro Person und Monat in etwa um 40 bis 50 Euro höher sein werden als in der Grundsicherung.”

In dem damals angekündigten und heute nun vorliegendem Entwurf sollten eigentlich hierfür auch Fakten geschaffen werden. Es bleibt daher die Frage im Raum stehen, ob sich die FDP nun doch in dieser Frage durchgesetzt hat. Schließlich hatte die Partei in den letzten Wochen immer wieder betont, gegen generelle Hartz IV-Erhöhungen zu sein.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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