Wenn der gesetzliche Krankenversicherungsschutz endet, haben Versicherte drei Monate Zeit, einen Antrag auf einen freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherungsschutz zu stellen. Bei einer Hartz IV und später Sozialhilfebezieherin versäumte die Kasse darauf hinzuweisen. Deshalb ssollte sie aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausscheiden. Dagegen klagte die Betroffene nunmehr erfolgreich.
Landessozialgericht Stuttgart schützt Versicherte nach Kassenfehler
Fehler einer Krankenkasse dürfen auch bei freiwillig Versicherten nicht zum ungewollten Ausscheiden aus der gesetzlichen Krankenversicherung führen.
Nach einem am 6. August 2022 veröffentlichten Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart müssen Versicherte immer drei Monate Zeit haben, sich für eine Fortführung ihres Krankenschutzes zu entscheiden (Az.: L 4 KR 1405/20). Bei einem rückwirkenden Ende der Mitgliedschaft beginne die Drei-Monats-Frist daher erst mit der Bekanntgabe des Versicherungsendes.
Immer drei Monate Bedenkzeit für freiwillige Krankenversicherung
Wenn ein Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung endet, haben Versicherte in zahlreichen Fällen die Möglichkeit, ihren Krankenschutz als freiwillig Versicherte fortzuführen. Um dies zu entscheiden, haben sie laut Gesetz drei Monate Zeit.
Im Streitfall wurde bei einer erwerblosen Frau eine Erwerbsunfähigkeit festgestellt, ohne dass sie allerdings die weiteren Voraussetzungen für eine Erwerbsunfähigkeitsrente erfüllte. Deshalb rutschte sie vom Hartz-IV-Bezug in die Sozialhilfe.
Die Krankenkasse informierte die Frau, sie sei nun ab November 2014 freiwillig weiter versichert. Zur Berechnung der Beitragshöhe sollte sie verschiedene Formulare ausfüllen.
Im August 2016 teilte die Kasse dann mit, sie habe „nach sorgfältiger Prüfung“ nun festgestellt, dass eine freiwillige Mitgliedschaft nicht möglich sei. Denn die Frau habe innerhalb der gesetzlichen Dreimonatsfrist nicht den hierfür notwendigen Antrag gestellt. Das Versicherungsverhältnis sei daher zum 1. November 2014 beendet gewesen.
Fehler der Krankenkasse
Das LSG gab in dem Streit nun weitgehend der erwerbsunfähigen Klägerin recht. Danach beginnt bei einer rückwirkenden Beendigung des hier freiwilligen Versicherungsverhältnisses die Dreimonatsfrist nicht mit dem Versicherungsende, sondern erst mit dessen Bekanntgabe durch die Krankenkasse. Dies gelte immer dann, wenn die Kasse nicht auf die Dreimonatsfrist hingewiesen hat.
Zur Begründung verwiesen die Stuttgarter Richter auf den sogenannten „sozialrechtlichen Herstellungsanspruch“. Dieser greift, wenn ein Fristversäumnis auf einen Fehler der Behörde zurückzuführen ist.
Hier habe die Krankenkasse eine freiwillige Weiterversicherung zugesichert, ohne die Klägerin darüber zu informieren, dass sie hierfür innerhalb von drei Monaten einen Antrag stellen muss, so das LSG in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil. mwo/fle
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