Hartz IV Regelsatz-Erhöhung: FDP widerspricht Heils Plänen

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Während Sozialverbände heute ankündigten, mit zwei Musterklagen gegen die zu niedrig bemessenen Regelleistungen bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, stellte der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil “deutlichen Hartz IV Erhöhungen” in Aussicht. Allerdings kündigte die FDP gegen die Pläne “Widerstand” an.

FDP gegen Erhöhungen der Regelleistungen

Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte “deutliche” Erhöhungen der Regelleistungen bei Hartz IV an. Der Vorstoß des Arbeitsministers stößt beim Koalitionspartner FDP auf wenig Verständnis. Man “solle sich daran halten, was verabredet ist”, hieß es aus der FDP Zentrale.

Vergangene Woche hatte zudem der FDP Bundesfinanzminister Christian Lindner weitgehende Kürzungen bei den Unterstützungsmaßnahmen für langzeitarbeitslose Hartz IV Beziehende angekündigt.

“Es gilt für alle in der Koalition, dass sie sich an die Ziele im Koalitionsvertrag halten sollten”, mahnte der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Pascal Kober gegenüber der “Tagesschau”.

In dem Koalitionsvertrag sei “keine Rede von einer Veränderung der Berechnung der Regelsätze von Hartz IV”. Vielmehr sei es “ein klares Bekenntnis dazu, Hartz-IV-Empfängern mehr von ihrem selbst verdienten Geld zu belassen und die nachhaltige Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt zum Schwerpunkt in dieser Legislaturperiode zu machen”, so Kober.

Der FPD Politiker erwarte von dem Arbeitsminister hierzu konkrete Vorschläge “statt unabgestimmte Vorstöße”.

Erneut kündigte Heil eine “deutliche Erhöhung” an. Diese solle im Zuge der geplanten Einführung des neuen Bürgergeldes geschehen.

“Ich werde den Gesetzentwurf in diesem Sommer vorlegen und es wird zu Beginn des nächsten Jahres eine deutliche Erhöhung der Regelsätze geben”, sagte der Minister. “Ich bin fest entschlossen, die Art, wie wir den Regelsatz berechnen, zu verändern. Der bisherige Mechanismus hinkt der Preisentwicklung zu sehr hinterher.”

Bürgergeld soll 2023 starten

Zum 1. Januar 2023 soll nach Angaben des Bundesarbeitsministers das neue Bürgergeld eingeführt werden. Im Sommer diesen Jahres will Heil hierzu einen Gesetzesentwurf vorlegen, der dann im Herbst beschlossen sein soll. In diesem Zuge sollen zum Jahreswechsel auch die Regelleistungen steigen, “mit dem wir das Hartz-IV-System überwinden und dem Sozialstaat ein neues Gesicht geben”.

Einen genauen Betrag konnte der Minister noch nicht nennen. Er schätze aber, dass der Hartz IV-Regelbedarf bzw. das Bürgergeld um 40 bis 50 Euro steigen werde.

Berechnungsgrundlage soll angepasst werden

Damit die Regelleistungen entsprechend steigen können, müsse auch die Berechnungsgrundlage geändert sein. Seiner Ansicht nach könne “die bisherige Berechnung des Regelsatzes nicht mehr der Preisentwicklung standhalten”.

“Mein Vorschlag ist, dass wir etwa bei Familienhaushalten die unteren 30 statt der unteren 20 Prozent der Einkommen als Grundlage nehmen. Damit können wir erreichen, dass die Regelsätze im Bürgergeld pro Person und Monat in etwa um 40 bis 50 Euro höher sein werden als in der Grundsicherung.”

Studie zeigt höheren Bedarf

Ein armutsfester Regelsatz müsste jedoch nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle 678 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen betragen und damit um mehr als 50 Prozent höher liegen, als die derzeit gewährten Leistungen in der Grundsicherung.

Harald Thomé bewertet die Anpassungen als unzureichend: “Was Hubertus Heil in Bezug auf die Regelleistungen ankündigt, ist nichts anderes als die Umsetzung der sowieso fälligen Regelleistungserhöhungen durch die explodierenden Preise und die Inflationsrate.

Das jetzt als „Überwindung des Hartz-IV-Systems“ zu bezeichnen, ist zynisch. Es ist vielmehr die Zementierung von dauerhafter Armut unterhalb des Existenzminimums. Es bedarf einer sofortigen monatlichen Erhöhung von 100 EUR und einer dauerhaften von rd. 200 EUR mehr.”

Teuerungsrate verschärft Lage von Hartz IV Beziehern

Werner Hesse, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, betonte, dass die Teuerungsrate die Not jeden Tag mehr verschärfe. Daher müsse es eine “mehr als deutliche Anhebung auf ein bedarfsgerechtes, existenzsicherndes Niveau” geben.

Die derzeitigen Arbeitslosengeld-II und Grundsicherungs-Regelleistungen würden “vorne und hinten” nicht ausreichen, um den Monat zu überstehen. “Ein wirklich armutsfestes Bürgergeld müsste nach unseren Berechnungen derzeit bei mindestens 678 Euro liegen.” Zudem müssen Soforthilfen her, damit die Menschen bis zur Einrichtung des Bürgergeldes nicht in schwerwiegende Nöten geraten.

Klage vor dem Bundesverfassungsgericht geplant

Der Sozialverbänd VdK sowie der Sozialverband Deutschland (SoVD) haben unterdessen angekündigt, mit zwei Musterklagen gegen die derzeitige Höhe der Regelleistungen vorzugehen. Dabei wollen die Verbände bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

Zu Beginn des Jahres wurden die Regelleistungen um nur 0,76 Prozent (3 Euro) angehoben. Schon zum Jahresbeginn stiegen die Verbraucherpreise stark an. “Aus unserer Sicht war die Anhebung der Regelsätze Anfang des Jahres verfassungswidrig”, so die VdK-Präsidentin Verena Bentele.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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