SPD fordert Hartz IV-Regelsatz-Erhöhung um 11 Euro

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Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt Hartz IV zur Chefsache. Verhandlungen bisher ohne Ergebnis. Die SPD fordert eine Regelsatzerhöhung um elf Euro. Linke kündigt Verfassungsklage an

07.02.2011

Die Bundeskanzlerin hat die Verhandlungen über die Hartz-IV-Reform offenbar zur Chef-Sache erklärt. Angela Merkel (CDU) will laut Medienberichten vor der nächsten offiziellen Verhandlungsrunde im Vermittlungsausschuss ein Gespräch mit den Parteivorsitzenden der Regierungskoalition führen. Im Vorfeld der nächsten offiziellen Verhandlungsrunde des Vermittlungsausschusses zur Hartz-IV-Reform plant die Bundeskanzlerin angeblich am Dienstagabend ein Gespräch mit Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Vizekanzler und Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP), um die Position der Regierungskoalition zur Hartz-IV-Reform festzulegen.

Spitzengespräch ohne Ergebnis
Der Streit zwischen Opposition und Bundesregierung über die Neuregelung des ALG II hatte sich – nach der Ablehnung durch die SPD-geführten Bundesländer im Bundesrat – in den letzten Wochen immer weiter zugespitzt. Auch im eingesetzten Vermittlungsausschuss konnten bisher keine einvernehmliche Lösung erzielt werden. Nun hat sich Medienberichten zufolge die Kanzlerin dazu entschlossen, persönlich das Ruder in die Hand zu nehmen. Von mehreren Seiten wurde der Kanzlerin immer wieder vorgeworfen, dass sie die gescheiterten Verhandlungen immer nur passiv betrachtet. Zuletzt forderte u.a. der DGB ein schnelles Handeln der Bundeskanzlerin.

Zwar wollte Regierungssprecher Steffen Seibert ein Treffen der Koalitionschefs weder bestätigen noch dementieren. Allerdings antwortete er bei einem Pressetermin am Montag auf die Frage, ob die Hartz-IV-Reform für Merkel jetzt zur Chefsache werde, dass die Kanzlerin an diesem zentralen und wichtigen Projekt der Bundesregierung stets ein „sehr intensives Interesse“ gezeigt habe und „aktiv an der Erarbeitung der Linie der Bundesregierung“ teilnehme. Obwohl die über neunstündigen Verhandlungsgespräche in der Nacht zum Montag erneut unterbrochen wurden, habe die Bundesregierung das Ziel, eine Gesamtlösung vor der Bundesratssitzung am Freitag zu erreichen, „noch nicht aufgegeben“, erklärte der Regierungssprecher. Das die Bundeskanzlerin daher noch einmal alle Optionen mit den Parteichefs der Regierungskoalition durchgehen will, erscheint nur logisch. Bereits am Wochenende sollen die drei Parteivorsitzenden am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz die weitere Verhandlungslinie der Bundesregierung besprochen haben .

SPD fordert elf Euro höheren Hartz IV Regelsatz
Die SPD hatte zur strittigen Berechnung des ALG-II- Regelsatzes in der Nacht zum Montag einen neuen Vorschlag vorgelegt, der besagt, dass der Regelsatz statt um fünf Euro um 11 Euro steigt. Offenbar war die Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP zu einem solchen Schritt heute Nacht nicht bereit. So bleibt die Höhe des Regelsatzes weiterhin einer der Hauptkonflikte im Vermittlungsausschuss. Die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) forderte die Opposition noch einmal dazu auf, das Regierungsangebot zur Entlastung der Kommunen nicht auszuschlagen, denn alle Beteiligten sollten „die Gunst der Stunde nutzen“. Von Seiten der Bundesregierung wurde im Zuge der Verhandlungen das Angebot gemacht, die Kommunen bis zum Jahr 2015 um zwölf Milliarden Euro Sozialausgaben für die Grundsicherung armer Rentner zu entlasten.Von der Leyen nannte dieses Angebot ein „Fenster der Möglichkeit“, welches zwar jetzt, jedoch „nicht dauerhaft geöffnet“ sei. Die Bundesarbeitsministerin betonte : „Wir brauchen eine Einigung.“

Allerdings warnt nicht nur der Paritätische Wohlfahrtsverband angesichts der Angebotenen Entlastungen für die Kommunen vor einem Kuhhandel. Kritiker werfen der Arbeitsministerin vor, die Opposition mit der versprochenen Entlastungen unter Druck zu setzten, da jeder Politiker weiß, wie schlecht es um die Finanzen der meisten Kommunen steht. Ob sich die Opposition auf das Angebot einlassen wird, bleibt jedoch trotzdem fraglich. Allerdings ist auch nur wenig zu dem Stand der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss bekannt, da die Parteisprecher ebenso wie der Regierungssprecher Seibert mit Verweis auf die Vertraulichkeit der Gespräche bisher keine Details bekannt gaben. Seibert erklärte am Montag lediglich, dass die Regierungskoalition in den drei Verhandlungsfeldern – Regelsatz, Mindestlohn und Bildungspaket für Kinder – Angebote gemacht habe, über die nun weiter diskutiert werde. Wenn sich bis zur nächsten Sitzung des Bundesrates am Freitag kein Verhandlungsergebnis erzielen lassen, soll gegebenenfalls eine Sondersitzung stattfinden.

Linke kündigt Verfassungsklage an
Unterdessen hat die Linke angekündigt, einen höheren Hartz IV Regelsatz per juristisches Verfahren zu erzwingen. Während alle Parteien miteinander reden, wird die Linke noch immer von den Spitzengesprächen ausgeschlossen. Der Parteichef Klaus Ernst betonte, man wolle alle dabei unterstützen, die eine Klage einreichen. Eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht hätte Erfolg, so Ernst. Die Richter würden sich sehr wahrscheinlich an den Berechnungen der Sozialverbände orientieren. Diese hatten zuletzt einen Regelsatz von minimum 420 Euro errechnet. (gr)

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Bild: Monika / pixelio.de

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