BSG: Hartz IV-Eingliederungsvereinbarung darf nicht immer bei Gesetzesänderung gekündigt werden
17.06.2013
Wie das Bundessozialgericht entschied, darf eine Hartz IV-Eingliederungsvereinbarung nicht aufgrund einer Gesetzesänderung gekündigt werden, wenn diese bereits bei Vertragsabschluss bekannt war. Im verhandelten Fall hatte ein Landkreis die Eingliederungsvereinbarung gekündigt, die mit einem Mann für eine Bildungsmaßnahme geschlossen wurde, so dass dieser die Kosten für die Weiterführung der Qualifikation hätte selbst tragen müssen. Das BSG urteilte jedoch, dass die Kündigung unwirksam ist, da die Änderung des betreffenden Paragraphen des SGB II zwar zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung noch nicht wirksam aber bereits bekannt war.
Landkreis lehnt weitere Kostenübernahme für Bildungsmaßnahme ab
Im vorliegenden Fall absolvierte der Kläger bis Januar 2006 eine Ausbildung zum Werkzeugmacher. Vom 18.01.2006 bis zum 16.01.2007 erhielt der im Mai 1986 geborene Mann Arbeitslosengeld I (ALG I) nach einem Leistungssatz von 4,70 Euro pro Tag auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts in Höhe von 9,91 Euro. Zudem gewährte der Landkreis vom 24.01. bis 31.07.2006 aufstockende Hartz IV-Leistungen als Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft. Der Kläger lebte zu dieser Zeit im Haushalt seiner Eltern. Im Mai 2006 unterschrieb der Mann eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Landkreis, nach der er an der Bildungsmaßnahme „CNC-Fachkraft" vom 24.04. bis 21.12.2006 teilnehmen sollte. Der Landkreis verpflichtete sich darin zur Übernahme der Kosten sowie zur Erstattung der Fahrtkosten.
Aufgrund einer Änderung des § 7 SGB II zum 1.07.2006 wurde der Leistungsanspruch des Klägers ab diesem Zeitpunkt zusammen dem mit seiner Eltern in einer Bedarfsgemeinschaft veranschlagt. Daraufhin entfiel seine Hilfebedürftigkeit und der Landkreis lehnte die Weiterbewilligung des Arbeitslosengeldes II (ALG II) ab 1.08.2006 ab. Der Mann sollte sich wegen der Restförderung der Weiterbildungsmaßnahme an die Bundesagentur für Arbeit (BA) wenden. Der Landkreis kündigte die Eingliederungsvereinbarung zum 30.09.2006.
Aufgrund einer einstweiligen Anordnung wurde dem Mann ein Darlehen in Höhe von 2.408,64 EUR zur Weiterfinanzierung der begonnenen Bildungsmaßnahme bewilligt. Daraufhin verklagte der Mann den Landkreis auf Gewährung dieses Betrages als Zuschuss.
BSG verpflichtet Landkreis zur Übernahme der Kosten
Das BSG kam zu dem Urteil, dass der Landkreis die Kosten für die Bildungsmaßnahme zu tragen hat, auch wenn er nicht (mehr) für die Gewährung von Leistungen nach dem 2. Sozialgesetzbuch (SGB II) zuständig ist. Die Kündigung der Eingliederungsvereinbarung wurde durch das BSG für unwirksam erklärt, da die Änderungen des § 7 SGB II bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss bekannt waren und der Landkreis die Auswirkungen hätte absehen können. So sei beispielsweise eine Befristung der Eingliederungsvereinbarung möglich gewesen. Stattdessen habe der Landkreis die Kündigung erst ausgesprochen, als die Bildungsmaßnahme bereits zu zwei Dritteln abgeschlossen gewesen sei. Das sei kein ausreichender Kündigungsgrund nach § 59 SGB X unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragspartner, urteilte das BSG. (BSG, Urteil vom 06.12.2012, Aktenzeichen: B 11 AL 15/11 R)
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