Nicht lebenslang Kindergeld bei blinden Kindern

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Für Eltern blinder Kinder besteht nicht generell ein lebenslanger Kindergeldanspruch

18.06.2013

Eltern blinder Kinder haben nicht generell einen lebenslangen Anspruch auf Kindergeld. Das entschied das Finanzgerichts Düsseldorf (FG). Denn trotz der Einschränkung blinder Menschen sei im Einzelfall zu prüfen, ob Erwerbsmöglichkeiten beispielsweise als Telefonisten für die Betroffenen in Frage kämen, um den Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Allein die Behinderung verhindere nicht die Erwerbsfähigkeit, urteilte das Gericht.

Hartz IV-Bezug steht Kindergeldanspruch nicht entgegen
Im vorliegenden Fall hatte eine blinde Frau im Alter von 19 Jahren ihre Ausbildung abgebrochen und Leistungen nach SGB II bezogen. Bei der zuständigen Familienkasse wurde zudem ein Antrag auf Weiterzahlung des Kindergeldes gestellt, den die Behörde jedoch mit der Begründung ablehnte, dass sich die Frau arbeitslos gemeldet habe und somit offensichtlich davon ausgehen würde, generell einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können.

Die Frau verwies auf ihren Behinderungsgrad von 100 Prozent sowie auf das im Schwerbehindertenausweis vermerkte Merkzeichen „H“, das für „Hilfebedürftigkeit“ steht. Dadurch bestünden für sie dauerhaft Einschränkungen bei alltäglichen Tätigkeiten zur Sicherung der persönlichen Existenz, so dass sie regelmäßig auf Hilfe von außen angewiesen sei.

Genügend Erwerbsmöglichkeiten für Blinde
Auch das FG Düsseldorf entschied, dass der Leistungsbezug im Sinne SGB II nicht generell der Zahlung von Kindergeld aufgrund einer Behinderung entgegensteht. Es müsse im Einzelfall überprüft werden, ob ein Anspruch auf Kindergeld bestehe, so die Richter. Festsetzungen des Jobcenters seien davon unabhängig. Laut dem Bundesfinanzhof kommen Kindergeldzahlungen auch dann in Betracht, wenn Behinderte nur eine Tätigkeit im Niedriglohnsektor ausüben können, so dass der Lebensunterhalt nicht vollständig vom Einkommen bestritten werden kann (Aktenzeichen: III R 29/09).

Aufgrund eines dem Gericht vorliegenden Gutachtens, nach dem bei der Frau keine Einschränkungen ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit zu verzeichnen sind, wurde richterlich entschieden, dass trotz ihrer „Hilfebedürftigkeit“ genügend Erwerbsmöglichkeiten wie eine Tätigkeit als Telefonistin bestünden. Die „Indizwirkung” eines Behinderungsgrades von 100 sowie des Merkzeichens „H“ sei zudem bei Rollstuhlfahrern deutlich stärker als bei Blinden. Dem Gutachten zufolge sei die Frau in Vollzeit erwerbsfähig und könne ihren Lebensunterhalt alleine bestreiten. (Az.: 14 K 2164/11 Kg)

Kindergeld wird normalerweise bis zum 18. Geburtstag gezahlt. Wenn sich das Kind in der Ausbildung befindet, kann der Bezugszeitraum bis zum 25. Geburtstag ausgedehnt werden. Eine Ausnahme besteht lediglich bei behinderten Kinder, die lebenslang Kindergeld erhalten können, sofern sie aufgrund ihrer Behinderung nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Dafür gilt in der Regel ein Behinderungsgrad von 100 Prozent und das Merkzeichen „H“ im Behindertenausweis als ausreichend. (ag)