Bürgergeld: Wohnkosten Trick? – Gericht weist Klage ab – Urteil

Lesedauer 3 Minuten

Ein Mann aus Baden-Württemberg hat vor dem Landessozialgericht erfolglos versucht, zusätzliche Leistungen für Unterkunft und Heizung durchzusetzen. Zwischen 2019 und 2020 lebte er in einer Immobilie, die ursprünglich ihm gehörte, später seinem Sohn und schließlich einem Dritten verkauft wurde.

Trotz angeblicher Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 500 Euro monatlich lehnte das Gericht den Anspruch ab. Der Grund: Die Zahlungsvereinbarung sei weder rechtlich bindend noch glaubhaft belegt. (L 3 AS 3681/21 LSG Baden-Württemberg vom 26. Februar 2025)

Hintergrund: Komplexes Eigentums und Nutzungsverhältnis

Der Fall zeigt exemplarisch, wie komplexe Familienverhältnisse und Eigentumstransfers das Sozialsystem herausfordern. Der Kläger, ein 1954 geborener Mann, bewohnte seit den 1990er Jahren eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Stuttgart. Die Wohnung war zwischenzeitlich in seinem Besitz, wurde aber 2005 auf seinen Sohn überschrieben. Der Kläger handelte dabei als bevollmächtigter Vertreter seines Sohnes – eine ungewöhnliche Konstruktion, die später Anlass für rechtliche Zweifel lieferte.

Im Laufe der Jahre wurde die Nutzung der Wohnung mehrfach durch angebliche Mietverträge mit verschiedenen Parteien geregelt. Diese Verträge führten zu Sozialleistungen für Unterkunftskosten – bis das Jobcenter misstrauisch wurde.

Bruchlinien in der Argumentation: Widersprüchliche Verträge und Zahlungsnachweise

Mehrere Indizien führten dazu, dass das Gericht die Angaben des Klägers als unglaubwürdig einstufte. So wurden unterschiedliche Mietverträge eingereicht, in denen mal der Sohn, mal eine Bekannte aus Bulgarien als Vermieterin aufgeführt war. Teilweise waren die Verträge widersprüchlich oder unvollständig – etwa ohne klare Angaben zu Nebenkosten oder mit handschriftlichen Ergänzungen.

Ein grundlegender Streitpunkt war der angebliche Mietvertrag mit dem neuen Wohnungseigentümer nach dem Verkauf im Jahr 2018. Der Kläger behauptete, ihm sei eine Nutzungsentschädigung von 500 Euro auferlegt worden. Doch laut Kaufvertrag war diese Zahlung ausdrücklich erst ab einem bestimmten Zeitpunkt – frühestens sieben Monate nach Kaufpreiszahlung – vorgesehen. Die Zahlung selbst erfolgte aber nachweislich erst Mitte 2020, also nach dem Zeitraum, für den der Kläger Leistungen verlangte.

Lesen Sie auch:

Gericht zweifelt an ernsthafter Mietverpflichtung

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg machte in seiner Entscheidung deutlich, dass es nicht genügt, eine beliebige Zahlungsverpflichtung zu behaupten. Für die Anerkennung als Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II muss eine tatsächliche und rechtlich durchsetzbare Pflicht bestehen. Diese sah das Gericht nicht. Auch aus dem Innenverhältnis zwischen Vater und Sohn lasse sich keine belastbare Verpflichtung des Klägers zur Zahlung ableiten.

Zudem bewertete das Gericht frühere Mietverhältnisse zwischen Vater und Sohn – ebenso wie solche mit Dritten – als bloße Scheinkonstruktionen. Sie dienten offenbar dem Zweck, Sozialleistungen zu generieren, ohne dass echte Mietzahlungen erfolgten. Aussagen des Sohnes und widersprüchliche Quittungen untermauerten diesen Verdacht.

Kein Anspruch auf Nebenkosten – Nachweise fehlen

Auch für weitere Ausgaben wie Heizkosten, Wasser oder Strom erkannte das Gericht keinen Erstattungsanspruch an. Zwar behauptete der Kläger, diese Kosten an den neuen Eigentümer zu zahlen. Belege dafür blieben jedoch aus. Die angeforderten Jahresabrechnungen wurden trotz mehrfacher Aufforderung nicht eingereicht. Kontoauszüge zeigten keine Zahlungen an Versorgungsunternehmen. Die Angaben des Klägers konnten damit nicht nachvollzogen werden.

Zwischen Scheingeschäften und Zweckbündnissen

In seiner Urteilsbegründung betonte das Gericht, dass bei nahestehenden Personen – wie Eltern und Kindern – besonders sorgfältig geprüft werden müsse, ob Verträge ernsthaft abgeschlossen und gelebt würden. Eine typische Konstellation seien hier „familiäre Zweckgemeinschaften“, bei denen Zahlungsflüsse nur auf dem Papier existieren, in Wahrheit aber eine Umverteilung von Sozialgeldern bezweckt wird.

Der Kläger scheiterte letztlich daran, einen belastbaren Nachweis für seine Zahlungsverpflichtung zu erbringen. Er musste sich zudem den Vorwurf gefallen lassen, im Laufe des Verfahrens wiederholt widersprüchlich ausgesagt zu haben. Auch der neue Eigentümer, ein Zeuge im Verfahren, konnte keine klare Forderung gegenüber dem Kläger bestätigen.

Bedeutung für Leistungsempfänger

Für Menschen in Bezug von Bürgergeld oder vergleichbaren Leistungen ergibt sich aus diesem Urteil ein klares Signal: Nur tatsächliche, nachvollziehbare und rechtlich gültige Verpflichtungen können als Grundlage für Unterkunftskosten geltend gemacht werden. Wer in Immobilien von Familienangehörigen lebt, muss besonders transparent handeln – und glaubhaft nachweisen, dass er tatsächlich Miete oder Nutzungsentgelt zahlt.