Ab dem 28. Juni 2025 tritt in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen, digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten – mit Vorteilen, die weit über den sozialen Aspekt hinausgehen. Verbraucher, insbesondere Menschen mit Behinderungen, können durch die verbesserte Zugänglichkeit künftig auch finanziell profitieren.
Weniger Hürden im Alltag – für alle
Ziel des Gesetzes ist es, technische und digitale Barrieren zu beseitigen, die bislang den Zugang zu Alltagsanwendungen erschwerten. Betroffen sind hauptsächlich Geräte und Dienste, die in der breiten Bevölkerung genutzt werden:
- Smartphones, Tablets, E-Book-Reader und PCs
- Geldautomaten, Fahrkarten oder Check-in-Automaten
- Online-Shops, Buchungsportale und Banking-Apps
- Kommunikationsdienste und Mobilitäts-Apps
Diese Produkte müssen ab dem Stichtag standardmäßig so gestaltet sein, dass sie ohne zusätzliche Hilfe von Menschen mit Einschränkungen bedient werden können. Das betrifft unter anderem visuelle, auditive oder motorische Barrieren.
Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden und unter zwei Millionen Euro Jahresumsatz sind von der Regelung teilweise ausgenommen. Für alle anderen Anbieter gilt: Barrierefreiheit wird zur Pflicht.
Kosten sparen durch integrierte Lösungen
Die neue Regelung eröffnet erhebliches Sparpotenzial. Menschen mit Behinderungen mussten bisher oft teure Speziallösungen kaufen – von Bildschirmlesern bis zu Assistenzdiensten. Mit dem BFSG entfällt dieser finanzielle Mehraufwand häufig, da Produkte barrierefreie Funktionen direkt enthalten.
Beispiel: Ein Smartphone mit integriertem Screenreader spart den Kauf separater Vorlesesoftware, die schnell mehrere Hundert Euro kosten kann. Auch bei E-Book-Readern oder Online-Plattformen reduzieren sich Zusatzkosten, da Inhalte nun standardmäßig zugänglich gestaltet sein müssen.
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Digitale Eigenständigkeit wird günstiger
Die Möglichkeit, selbstständig Online-Banking zu betreiben oder Einkäufe in Webshops zu tätigen, bringt nicht nur mehr Autonomie – sie schont auch den Geldbeutel. Wer bisher auf Assistenzkräfte oder kostenintensive Alternativen angewiesen war, kann künftig günstige Online-Angebote direkt nutzen.
Zudem können Verbraucher mit Behinderung Preise und Leistungen einfacher vergleichen. Wer online bucht oder einkauft, erhält Zugang zu Sonderangeboten, Rabattaktionen und dynamischen Preismodellen – bisher oft unzugänglich aufgrund technischer Hürden.
Mehr Wettbewerb – sinkende Preise möglich
Das BFSG schafft nicht nur individuelle Vorteile, sondern wirkt auch auf den Markt ein. Da Anbieter gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet sind, wird das Angebot an barrierefreien Produkten deutlich steigen. Das könnte mittelfristig zu mehr Wettbewerb in diesem Segment führen – und damit zu sinkenden Preisen.
Produkte und Services, die bisher mit einem sogenannten „Behinderten-Aufschlag“ verbunden waren, dürften dadurch preislich näher an den Mainstream rücken. Das Gesetz adressiert also nicht nur Teilhabe, sondern auch strukturelle Benachteiligung durch überhöhte Preise.
Was Verbraucher jetzt tun sollten
Ab dem 28. Juni 2025 lohnt sich ein genauer Blick auf neu gekaufte Produkte oder genutzte Dienstleistungen. Ob Online-Shop, Banking-App oder Ticketautomat: Sie alle müssen ab diesem Zeitpunkt bestimmte Mindestanforderungen an Barrierefreiheit erfüllen.
Wer unsicher ist oder ein Produkt nutzt, das diese Kriterien nicht erfüllt, kann sich an spezialisierte Anlaufstellen wenden:
- Bundesfachstelle Barrierefreiheit
- Marktüberwachungsstelle für Barrierefreiheit (MLBF) mit Sitz in Magdeburg
- Verbraucherschutzorganisationen
Diese Stellen beraten nicht nur, sondern nehmen auch Beschwerden entgegen – ein wichtiges Instrument zur Durchsetzung der neuen Vorschriften.