Die Hinterbliebenenrente, landläufig als Witwenrente bekannt, gilt nicht nur für Frauen, sondern auch für verwitwete Ehemänner sowie für Hinterbliebene in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft.
Diese Rente können nicht alle Hinterbliebenen beanspruchen. Die Voraussetzungen erklären wir in diesem Beitrag und auch, wie die Rentenversicherung die Bezüge berechnet.
Inhaltsverzeichnis
Was ist die Grundlage der Witwenrente?
Die Grundlage der Witwenrente ist, dass der verstorbene Ehepartner in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, also zumindest fünf Jahre lang Mitglied war. Das ist die Wartezeit, die die Rentenkasse allgemein verlangt, um Anspruch auf eine Rente zu haben.
Ausnahmen davon gibt es ebenfalls bei diversen Renten und auch bei der Rente für Hinterbliebene. Dazu zählt eine verminderte Erwerbsfähigkeit des Verstorbenen oder sogar sein Tod durch einen Arbeitsunfall, eine Berufskrankheit, Schäden während des Wehr- und Zivildienstes oder während Gefängnishaft.
Welche Voraussetzungen gelten für die Ehe?
Die Witwenrente zahlt die Rentenkasse zudem nur, wenn die Ehe zur Todeszeit mindestens ein Jahr bestand. Hier gibt es wiederum Ausnahmen. Der Gesetzgeber will auf diese Art eine sogenannte Versorgungsehe ausschließen, also verhindern, dass die Eheleute nur heirateten, damit der hinterbliebene Partner die Rente bekommt.
Ausnahmen sind deshalb Situationen, in denen der hinterbliebene Partner belegen kann, dass die Versorgung durch die Rentenkasse nicht der Grund für die Ehe war. Generell gilt diese Jahresfrist dann nicht, wenn der Partner durch einen Unfall oder eine unvorhergesehene Erkrankung ums Leben gekommen ist.
Auch eine Ehe, die die Partner eingingen, um die Pflege des anderen zu gewährleisten, muss kein Jahr vor dem Tod anhalten, um die Rente zu erhalten.
Das Bundessozialgericht hat zudem klargestellt, dass auch bei leiblichen Kindern oder einer Schwangerschaft der Hinterbliebenen vom Verstorbenen keine Versorgungsehe unterstellt werden darf. (B 13 R 55/08 R).
Erkrankungen beschäftigen derzeit noch die Gerichte
Bei Erkrankungen des Verstorbenen beschäftigen sich bisweilen die Gerichte, ob sie Ausnahmen von der Jahresfrist darstellen. Dabei geht es unter anderem darum, ob eine unheilbare Krankheit bereits vor der Hochzeit bestand, und ob die Eheleute mit dem baldigen Tod rechneten. Ein solcher Fall beschäftigte das Landessozialgericht Hessen (L 2 R 140/13).
In der Praxis geht es um Feinheiten. Zum Beispiel erhielt ein Hinterbliebener doch noch eine Witwerrente, obwohl die Ehe erst nach der Krebsdiagnose der Frau geschlossen wurde. Er konnte nachweisen, dass die Hochzeit bereits vor der Diagnose geplant und angekündigt war.
Das Alter der Hinterbliebenen bestimmt die Höhe der Rente
Sollten Sie aktuell Anspruch auf eine Witwen- oder Witwerrente haben, bestimmt Ihr Alter, ob Sie eine kleine oder große Witwenrente erhalten und wie hoch diese ausfällt.
Die kleine und die große Witwenrente
Die kleine Witwenrente beträgt nur ein Viertel der Rente ihres verstorbenen Partners und nach dem neuen Rentenrecht bekommen Sie diese außerdem nur zwei Jahre. Diese kleine Witwenrente gilt für Hinterbliebene, die nicht älter als 46 Jahre und einen Monat sind (Stand 2024).
Dieses Alter wird bis 2029 um jährlich einen Monat angehoben, bis dann eine große Witwenrente mit 47 Jahren infrage kommt.
Diese große Witwenrente gilt derzeit ab einem Alter von 46 Jahren und zwei Monaten. Wenn Sie im Dezember 1978 zur Welt kamen, im Dezember 2024 ihren 46. Geburtstag feiern und ihr Partner in diesem Jahr verstorben ist, dann haben Sie nur einen Anspruch auf eine kleine Witwenrente.
Sind Sie aber am 1. November 1978 geboren, und Ihr Partner stirbt im Dezember 2024, dann hätten Sie Anspruch auf eine große Witwenrente, denn im Dezember dieses Jahres sind Sie 46 Jahre und einen Monat alt.
Die große Witwenrente berechtigt Sie zu 55 Prozent der Rente des Ehepartners, nach altem Recht waren es sogar 60 Prozent.
Wann spielt das Alter keine Rolle?
Auch hier gelten Ausnahmen. Wenn Sie ein Kind großziehen oder erwerbsgemindert sind, dann bekommen Sie auch unter dem gesetzten Alter eine große Witwenrente. Das gilt auch bei einem erwachsenen Kind, wenn sich dieses wegen einer Behinderung nicht selbst versorgen kann.
Reform der Witwenrente
Bei der Witwenrente gab es eine Reform. Deshalb fallen manche Betroffene noch unter die alte Rechtslage. Die gilt für Sie, wenn die Ehe bis zum 31.12.2002 geschlossen wurde, und einer der beiden Partner vor dem ersten Januar 1962 zur Welt kam.
Das alte Recht bot Vorteile, denn die große Witwenrente lag hier bei 60 Prozent der Rente des Verstorbenen (statt 50 Prozent), und die kleine Witwenrente galt über die zweijährige Frist hinaus.
Wie hoch ist die Witwenrente?
Wie besprochen, wird die Witwenrente in Prozent der Rente ausgezahlt, die der oder die Verstorbene bezog oder mit seinen Beiträgen zur Rentenversicherung erwarten konnte.
Es handelt sich also nicht um eine fixe Summe, sondern die Bezüge der Hinterbliebenen sind abhängig vom Einkommen des Verstorbenen und den daraus berechneten Rentenpunkten.
Bei einer großen Witwenrente können Sie also bei einer Bruttorente von 1500 Euro erst einmal mit einer Hinterbliebenenrente von 825 Euro rechnen. Bei einer kleinen Witwenrente wären es 375 Euro.
Das Einkommen wird angerechnet
Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass Sie dieses Geld auch bekommen, denn die Rentenversicherung berücksichtigt bei der Rente Ihr Einkommen. Sie zieht also 40 Prozent ihres Bruttoeinkommens ab und davon den Einkommensfreibetrag. Von dem Ergebnis werden 40 Prozent auf ihre Witwenrente angerechnet.
Der Einkommensfreibetrag bei der Hinterbliebenenrente liegt in diesem Jahr bei 1038,05 Euro. Nehmen wir an, Sie verdienen 2.500 Euro brutto. 40 Prozent davon sind genau 1000 Euro. Diese werden abgezogen, und es bleiben 1.500 Euro. Minus, 1038,05 Prozent Freibetrag sind 461,95 Euro.
Davon rechnet die Rentenversicherung jetzt 40 Prozent auf ihre Witwenrente an, und das sind 187, 78 Euro. Bei der genannten großen Witwenrente von 825 Euro bleiben Ihnen also real noch 687,22 Euro über. Bei einer kleinen Witwenrente wären es nur 187,22 Euro.
Die Höhe der Witwen- oder Witwerrente in Deutschland hängt also von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere vom Zeitpunkt der Eheschließung, dem Geburtsdatum der Ehepartner und der Art der Witwenrente (klein oder groß). Die folgende Tabelle bietet eine Übersicht über die prozentualen Anteile der Witwenrente in Bezug auf die Rente des Verstorbenen:
Art | Kleine Witwenrente | Große Witwenrente |
---|---|---|
Eheschließung vor dem 1. Januar 2002 und mindestens ein Partner vor dem 2. Januar 1962 geboren | 25 % | 60 % |
Eheschließung nach dem 31. Dezember 2001 oder beide Partner nach dem 1. Januar 1962 geboren | 25 % | 55 % |
Erläuterungen:
- Kleine Witwenrente: Beträgt grundsätzlich 25 % der Rente, die der verstorbene Ehepartner zum Zeitpunkt des Todes bezogen hat oder hätte. Sie wird in der Regel für zwei Jahre gezahlt, es sei denn, die Ehe wurde vor dem 1. Januar 2002 geschlossen und mindestens ein Partner ist vor dem 2. Januar 1962 geboren; in diesem Fall wird sie unbegrenzt gezahlt.
- Große Witwenrente: Beträgt 55 % (nach neuem Recht) bzw. 60 % (nach altem Recht) der Rente des Verstorbenen. Voraussetzungen für den Bezug sind:
- Der Hinterbliebene ist mindestens 47 Jahre alt (Stand 2029; die Altersgrenze wird schrittweise angehoben).
- Erziehung eines Kindes unter 18 Jahren.
- Erwerbsminderung.
Beispielrechnung:
Angenommen, der verstorbene Ehepartner hatte einen monatlichen Rentenanspruch von 1.500 €.
- Kleine Witwenrente:
- Bei Anwendung des neuen Rechts: 25 % von 1.500 € = 375 € monatlich.
- Große Witwenrente:
- Nach neuem Recht: 55 % von 1.500 € = 825 € monatlich.
- Nach altem Recht: 60 % von 1.500 € = 900 € monatlich.
Wichtig: Das eigene Einkommen des Hinterbliebenen wird auf die Witwenrente angerechnet, was die tatsächliche Rentenhöhe beeinflusst.
Extratipp: Der Witwenrente-Rechner
Diese Beispiele sind lediglich Rechenmodelle. Sie können ihren eigenen Anspruch auf Hinterbliebenenbezüge mit einem Witwenrente-Rechner ermitteln. Diesen finden Sie im Internet unter anderem bei nettolohn.de
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.