Hartz IV: Arbeitslosengeld II (ALG II) für Auszubildende und SchülerInnen?
Normalerweise haben Auszubildende (Azubis) und SchülerInnen keinen Anspruch auf ALG II. Aber es gibt sechs Ausnahme Fälle, in denen der Bezug von ALG II möglich ist:
1. Nimmt die Ausbildung die Arbeitskraft im Allgemeinen nicht voll in Anspruch und ist der Antragsteller deshalb von Leistungen nach dem BAföG ausgeschlossen, dann ist die Gewährung von Hartz 4 möglich. Die entsprechende Entscheidung über den Förderausschluss nach dem BAföG trifft die örtliche BAföG-Stelle. So ist die Ausbildung an einer Abendrealschule lediglich in den letzten zwei Schulhalbjahren, die Ausbildung an einem Abendgymnasium lediglich in den letzten drei Schulhalbjahren dem Grunde nach dem BAföG förderungsfähig.
2. Beim Besuch weiterführender allgemein bildender Schulen oder Berufsfachschulen (einschließlich der Klassen aller Formen der beruflichen Grundbildung) ab Klasse 10 sowie von Fach- und Fachoberschulen, welche keine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen, besteht nur dann ein Anspruch auf BAföG, wenn der/die Auszubildende nicht bei seinen/ihren Eltern wohnt und:
* von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende, zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist (tägliche Hin- und Rückfahrt über 2 Stunden), oder
* verheiratet ist oder war, oder
* mit mindestens einem Kind zusammenlebt.
Wer an dieser Hürde scheitert und somit nicht BAföG-berechtigt ist, kann ALG II bekommen.
Beispiel: Eine ledige Schülerin ohne Kind hat bereits eine eigene Wohnung und besucht die 13. Klasse eines Gymnasiums. Da sie das Gymnasium aber auch von der Wohnung der Eltern aus in 30 Minuten erreichen könnte, hat sie keinen Anspruch auf BAföG. Deshalb ist aber wiederum ein Anspruch auf ALG II möglich.
3. Ähnliches gilt auch für Auszubildende. Einen Anspruch auf ALG II können Auszubildende haben, die nur deshalb kein BAB bekommen
– weil sie noch bei den Eltern (bzw.) einem Elternteil leben oder
– wenn sie eine eigene Wohnung haben, obwohl sie die Ausbildungsstätte auch von der Wohnung der Eltern in einer angemessenen Zeit erreichen können und weder volljährig, noch verheiratet sind oder waren und auch nicht mit einem Kind zusammen leben.
4. SchülerInnen von Berufsfachschulen und Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt und deren BAföG-Bedarf auf 192 Euro festgesetzt ist.
5. TeilnehmerInnen an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen, die bei den Eltern wohnen und deren BAB-Bedarf auf 192 Euro festgesetzt ist.
6. Wird ein Studium wegen Krankheit oder Schwangerschaft länger als drei Monate unterbrochen entfällt Anspruch auf BAföG. Dann kann ebenfalls ein Anspruch auf ALG II bestehen.
In den genannten Ausnahmefällen ist ein Bezug von ALG II möglich. Um tatsächlich ALG II beziehen zu können, muss man natürlich auch noch die "Bedürftigkeitsprüfung" meistern. Während der Erst-Ausbildung sind die Eltern zum Unterhalt verpflichtet. Vor einer Leistungs-gewährung wird daher die Leistungsfähigkeit der Eltern über-prüft. Problemlos dürfte sich eine Antragstellung also nur darstellen, wenn die Eltern selbst ALG II-Bezieher sind.
Mietzuschuss für Auszubildende, Studierende und Schüler
Auszubildende, Studierende und Schüler können seit beginn des Jahres unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss zu Miete und Heizkosten erhalten. Diesen Zuschuss kann erhalten, wer tatsächlich BAFöG oder BAB oder Ausbildungsgeld (für behinderte Auszubildende) bezieht und bei dem/der die realen Wohnkosten höher sind, als der hierfür in der Ausbildungsförderung vorgesehene Pauschalbetrag.
Anspruchsberechtigt sind also folgenden Gruppen:
– Auszubildende, die BAB beziehen und im eigenen Haushalt wohnen, bei denen die BAB aber die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht ausreichend berücksichtigt. Die gilt auch für TeilnehmerInnen an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, die BAB beziehen.
– SchülerInnen, die Schüler-BaföG beziehen (mit eigenem Haushalt oder im Haushalt der Eltern).
– Studierende, die BaföG beziehen, bei ihren Eltern wohnen und Kosten für die Unterkunft und Heizung beisteuern müssen, etwa weil die Eltern ALG II beziehen. Hier ist aber ein Wohngeldantrag beim Wohngeldamt vorrangig.
– Behinderte Auszubildende, die Ausbildungsgeld von der Arbeitsagentur bekommen.
Der Zuschuss beträgt die Differenz zwischen den tatsächlichen Wohnkosten ("Warmmiete") und dem in der Ausbildungsförderung enthaltenen Abteil für die Wohnkosten.
In der rechten Spalte finden sich zwei Beispiele. Zu beachten ist noch, dass sie neben der Ausbildungsförderung keine weiteren eigenen Einkünfte haben, denn die würden gegengerechnet.
Der Antrag muss gestellt werden bei dem für die Kosten der Unterkunft zuständigen Leistungsträger; das ist in Celle der Landkreis Celle, Georg-Wilhelm-Str. 14. Sie können sich dabei auf den § 22 Abs. 7 SGB II berufen.
Beispiel (Abweichungen von Region und Stadt möglich!)
Der volljährige Auszubildende A. lebt in einem eigenen Haushalt (kein Wohnheim bzw. Internat mit Vollverpflegung) und absolviert eine berufliche Ausbildung zum Schneider. Für die Unterbringung sind 350 Euro monatlich zu zahlen. Im Rahmen der BAB werden 197 Euro (133 Euro enthaltener KdU-Anteil zzgl. 64 Euro KdU-Zulage) für die Wohnkosten gewährt; Kindergeld ist zu berücksichtigen. Ein Anspruch auf Wohngeld besteht nicht. Die Ausbildungsvergütung beträgt 252 Euro brutto. Bei der Einkommensanrechnung können die üblichen Freibeträge geltend gemacht werden. Es ergibt sich folgende Rechnung:
Einkommen
BAB Regelbedarf—————————————310 Euro
zzgl. Erhöhungsbetrag (KdU-Anteil)——–+—133 Euro
zzgl. BAB-KdU-Zulage—————————+— 64 Euro
BAB-Gesamtbedarf——————————=–507 Euro
Einkommensanrechnung BAB
Ausbildungsvergütung——————————–252 Euro
abzgl. pauschal 21,5 %
für Sozialversicherungsbeiträge
gemäß § 71 SGB III———————————– 54 Euro
anzurechnen gerundet—————————=–198 Euro
BAB-Anspruch—————————————–309 Euro
Einkommensanrechnung SGB II
Ausbildungsvergütung——————————–252 Euro
abzgl. Freibetraggem.
§ 30, 2 Nr. 1 SGB II———————————— 30,40 Euro
abzgl. Freibetrag nach
11 Abs. 2 Satz 2 SGB II—————————–100 Euro
anzurechn. Ausbildungsvergütung—————-121,60 Euro
zzgl. Kindergeld—————————————-154 Euro
anzurechn. Gesamteinkommen———-=—584,60 Euro
Bedarf
Regelleistung nach § 20
Abs. 2 Satz 1 SGB II—————————- —345 Euro
Wohnkosten einschl. Heizung——————-350 Euro
Gesamtbedarf————————————=–695 Euro
————
Gegenüberstellung Gesamtbedarf / -einkommen
Bedarf—————————————————-695 Euro
abzgl. Einkommen ———————————584,60 Euro
ungedeckter Bedarf (KdU-Anteil)———-110,40 Euro
Ergebnis: Der kommunale Träger leistet einen Zuschuss in Höhe von 110,40 Euro. (Stand: März 2007)
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