Bildzeitung: Stimmungsmache und sonst nichts
Obwohl der Winter gerade erst anfängt, sich zu verabschieden, scheint für einige schon ein journalistisches „Sommerloch“ vor der Tür zu stehen – diesen Eindruck erweckt jedenfalls die „Bild-Zeitung“, denn seit Tagen kümmert diese sich sehr ausführlich um unseren Vizekanzler Guido Westerwelle und seiner polarisierenden Kritik an Hartz 4 und den angeblich faulenzenden Arbeitslosen. Denn bei der Berichterstattung der auflagenstärksten Tageszeitung Deutschlands zeigt sich, dass wohl offenbar häufig nicht ganz klar ist, was zuerst da war: die Aussage Westerwelles oder die Überschrift des Artikels? So zu sehen anhand eines Beispiels von „süddeutsche.de“, wonach Westerwelles Äußerung "Wer arbeitet, darf nicht der Depp der Nation sein!" von der „BILD“ schließlich in Form von "Bin ich dumm, wenn ich arbeite?"als Überschrift verarbeitet wurde – und im Artikel selbst schließlich Antworten fallen, die gar nicht so recht zu dem Titel passen mögen, denn die Personen um die es geht, verdienen zwar nur gering und sind damit auch genauso unzufrieden wie mit einer Erhöhung des Hartz 4-Regelsatzes, dennoch würde keiner die aktuelle Beschäftigung gegen ein Leben von ALG II eintauschen wollen.
Und auch der so genannte „Faktencheck“ bringt nach „süddeutsche.de“ keine finale Lösung bei der Frage, ob die arbeitende Bevölkerung denn nun als dumm zu bezeichnen ist oder nicht. Denn hier werde lediglich darauf hingewiesen, dass z.B. Klassenfahrten für Kinder von Hartz 4-Empfängern durch das Job-Center finanziert würden oder der Regelsatz durchaus ausreichen könne, um sich abwechslungsreich und gesund zu ernähren. Daneben enthalte der „Check“ aber auch die anderen Fakten, nämlich dass es für über 50-jährige Arbeitssuchende nahezu unmöglich ist, wieder eine Stelle zu finden und die Chance, „auf dem Land“ etwas zu finden, generell sehr gering ist.
Da aber auch durch diese „Fakten“ der gemeine Arbeitnehmer weiterhin nicht für „dumm“ verkauft werden kann, bringt die „BILD“ nun eine jüngst veröffentlichte Studie des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel ins Spiel, welche offenbar endlich die „passenden“ Antworten bringen soll und den Titel "Die Hartz-IV-Falle: Wenn arbeiten nicht mehr lohnt" trägt . So zeigt diese Studie zum Thema Hartz 4 unter anderem auf, dass für einige Bezieher von ALG II wie z.B. Alleinerziehende eine Beschäftigung tatsächlich mit etlichen Problemen behaftet sein kann, wenn hier z.B. das Geld für die Kinderbetreuung fehlt oder keine Betreuungsmöglichkeit gegeben ist. Durch dieses und andere Beispiele wird durch die Untersuchung am Ende deutlich: Hartz 4, das ist nicht die angeblich große Zahl von „Schmarotzern“ und „Faulenzern“, die sich auf Kosten des Staates ein schönes Leben machen, sondern bedeutet in vielen Fällen massive, zum Teil unlösbare Probleme in Hinblick auf einen beruflichen Wiedereinstieg.
Unterm Strich kann angesichts dieser Form der Berichterstattung dem Fazit von „süddeutsche.de“ nur zugestimmt werden: Es ist zwar grundsätzlich nichts dagegen zu sagen, wenn eine Zeitung in großem Stil von einer aktuellen Diskussion um Hartz 4 berichten möchte – doch was in diesem Zusammenhang durchaus Ärger und vor allem Sorge bereitet ist, dass die „BILD“ mit dieser Stimmungsmache vermutlich bei vielen „Stamm-Lesern“, die mit ihrer beruflichen Situation unzufrieden sind, genau ins Schwarze trifft – denn laut „süddeutsche.de“ sind der aktuellen Medienanalyse nach 43 % der „BILD“-Leser Arbeiter. (Ein Leserbeitrag, 20.01.2010)
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