Hartz IV: Kabelfernsehen nur bei Mietbedingung

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Kabelfernsehgebühren für ALG II Leistungsbezieher der Grundsicherung nach dem SGB II sind nur bei nicht mietvertraglich freigestellter Nutzung vom Grundsicherungsträger zu übernehmen .- Kosten für die Warmwasserbereitung – Zur Übernahme von Stromkosten als Kosten der Unterkunft –

Kabelfernsehen auch bei Hartz IV? Das Bundessozialgericht entschied im Wortlaut: Zu den tatsächlichen Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gehören auch die Nebenkosten, jedoch grundsätzlich nur soweit es sich um die ihrer Art nach in § 2 BetrKV aufgeführten Betriebskosten handelt (vgl Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Leitfaden – Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, S 31 f; eine Ausnahme gilt für Warmwasserbereitungskosten (siehe dazu BSG vom 27 Feb. 2008 – B 14/11b AS 15/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 5)).

§ 556 Abs 1 BGB iVm § 2 BetrKV (vom 25.11.2003) legen abschließend fest, welche Nebenkosten aus dem Mietobjekt vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Aus § 556 Abs 1 BGB folgt ferner, dass eine Vereinbarung der Umlage von Kosten, die nicht als Betriebskosten unter § 2 BetrKV fallen, unwirksam ist (vgl nur Weidenkaff in Palandt, BGB, 67. Aufl, 2008, § 556 RdNr 3 mwN). Hieraus folgt, dass sie grundsätzlich auch nicht auf den Grundsicherungsträger in Gestalt der Erbringung durch die steuerfinanzierten SGB II-Leistungen überwälzt werden dürfen. Die Beschränkung der grundsätzlich erstattungsfähigen Nebenkosten auf die in § 2 BetrKV genannten Posten ermöglicht es zudem, von einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines jeden Mietvertrags abzusehen. Dieses entspricht auch den Anforderungen einer Massenverwaltung.

Die Aufwendungen für einen Breitbandkabelanschluss unterfallen § 2 BetrKV. Sie erfüllen damit die oben aufgezeigte Grundvoraussetzung, um als Kosten der Unterkunft nach dem SGB II bewertet zu werden. Nach § 2 Nr 15 Buchst b BetrKV handelt es sich bei den durch den Kabelanschluss und die Kabelnutzung entstehenden Kosten um Betriebskosten iS des § 1 BetrKV, gleichgestellt dem Betrieb der Gemeinschafts-Antennenanlage (§ 2 Nr 15 Buchst a BetrKV). Nach § 2 Nr 15 Buchst b BetrKV sind Betriebskosten auch solche, die mit dem Betrieb der mit einem Breitbandkabelnetz verbundenen privaten Verteilanlage zusammenhängen, entsprechend § 2 Nr 15 Buchst a BetrKV (Fernsehgemeinschaftsantenne), ferner die laufenden monatlichen Grundgebühren für Breitbandkabelanschlüsse.

Die Kosten für Kabelanschluss und -nutzung sind auch nicht deswegen von den Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II auszunehmen, weil sie der Informationsbeschaffung, Bildung sowie Unterhaltung dienen und es dem Einzelnen ermöglichen, seine Umwelt zu erfahren sowie am kulturellen Leben teilzuhaben (vgl zum Schwarz-Weiß-Fernsehgerät BVerwG, Urteil vom 24.2.1994 – 5 C 34/91, BVerwGE 95, 145; zum gebrauchten Fernsehgerät vom 18 Dezember 1997 – 5 C 7/95, BVerwGE 106, 99). Zwar sind derartige Bedürfnisse des täglichen Lebens regelmäßig von der Regelleistung abgedeckt (BVerwG- 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256; vgl hierzu auch Lang/Link ind Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 23, die die Kosten für eine Satellitenschüssel dem Regelbedarf zuordnen; grundsätzlich zweifelnd, ob § 22 SGB II als Anspruchsgrundlage für die Übernahme von Kabelanschlussgebühren in Betracht kommt: Piepenstock in Juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 34). Dies gilt aber zumindest dann nicht, wenn Fernsehen und Radiohören von einer technischen, fest mit den Mietsachen verbundenen Vorrichtung abhängig sind und die Aufwendungen hierfür mietvertraglich begründet werden. In diesem Fall müssen sie – im Gegensatz zu Aufwendungen durch die GEZ und Stromkosten – vom Grundsicherungsträger als Bestandteil der Kosten der Unterkunft vom Grundsicherungsträger übernommen werden (s auch BVerwG, Urteil vom 28 November 2001 – 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256). Verlagerte man die Kosten eines derartigen Fernseh- und Radiozugangs in die Regelleistung, müsste auch derjenige, der zwar mietvertraglich verpflichtet ist, die Aufwendungen für einen Breitbandkabelanschluss zu tragen, diese Form der Informationsbeschaffung jedoch nicht nutzen will, die Aufwendungen hierfür aus der Pauschale nach § 20 Abs 1 SGB II bestreiten (vgl hierzu BVerwG, Urteil vom 28 November 2001 – 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256).

Daraus folgt aber zugleich, dass tatsächliche Aufwendungen für umlagefähige Betriebskosten – auch die Kosten für einen Kabelanschluss und die Anschlussnutzungsgebühren – grundsätzlich nur dann erstattungsfähig sind, wenn die Verpflichtung zur Zahlung durch den Mietvertrag begründet worden ist (BSG, Urteile B 11b AS 31/06 R und vom 15 April 2008 – B 14/7b AS 58/06 R; s hierzu auch Berlit in LPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 19; Kalhorn in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VII/07, § 22 RdNr 13; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 22, 23; Piepenstock in Juris-PK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 32, 34).

Übernimmt der ALG II Hilfebedürftige die Kosten "freiwillig", etwa um einen bestimmten "besseren" Standard zu erhalten, handelt es sich nicht um Kosten der Unterkunft iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Nur die Aufwendungen, die mit der Unterkunft rechtlich und tatsächlich verknüpft sind, sind auch als Leistungen nach § 22 SGB II zu erbringen (vgl zur Garage als zusätzlichem Ausstattungsmerkmal BSG, Urteil vom 7 November 2008 – B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 28; s zum Kabelanschluss auch BVerwG, Urteil vom 28 Nov. 2001 – 5 C 9/01, BVerwGE 115, 256; vgl auch Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, aaO, S 32 f).

Vom Hilfebedürftigen kraft Mietvertrages zu tragende monatliche Grundgebühren für Breitbandkabelanschlüsse sind dann nicht als angemessene KdU vom Grundsicherungsträger zu übernehmen, wenn der Fernsehempfang bereits anderweitig technisch gewährleistet ist.

Der Vermieter hat den Mietern über den Kabelanschluss hinaus einen Zugang zum Fernsehen durch eine Gemeinschaftsantenne verschafft. Dieser Zugang ist zudem als Teil der Betriebskosten auf die Mieter umgelegt. Die Aufwendungen hierfür sind von der Beklagten als Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II übernommen und der Anspruch der Klägerin auf Übernahme dieser Nebenkosten als Teil der Kosten der Unterkunft damit von der Beklagten erfüllt worden. Eine darüber hinausgehende Erstattung von Kosten, die ebenfalls dafür aufgewendet werden, Fernsehen und Radiohören zu gewährleisten, ist nicht angemessen iS von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Durch die Leistungen nach § 22 SGB II soll die Erhaltung eines einfachen Standards erreicht werden (vgl BSG B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Dieser Rahmen wird jedoch überschritten, wenn doppelte Leistungen erbracht werden sollen, nur weil mit der weiteren Leistung ein höherer Standard bewirkt werden kann.

Die Behörde hat entsprechend der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG (BSG Urteil B 14/11b AS 15/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 5) von den tatsächlich von der Klägerin aufzuwendenden Heizkosten zu Recht Kosten der Warmwasserbereitung in Abzug gebracht. Letztere sind Bestandteil der Regelleistung und daher mit der Leistung nach § 20 SGB II bereits abgegolten. Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin war von dieser Rechtslage auch bereits vor der gesetzlichen Klarstellung durch Ergänzung des § 20 Abs 1 SGB II um den Bedarf "Haushaltsenergie" durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (BGBl I, 1706) auszugehen. In Höhe des Anteils, mit dem über die Regelleistung der Bedarf für Kosten der Warmwasserversorgung gedeckt wird, würde der Hilfebedürftige doppelt Leistungen erhalten, gewährte der Grundsicherungsträger ihm zusätzlich die Kosten der Heizung in vollem Umfang (vgl hierzu ausführlich: Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, aaO, S 35 ff).

Sind technische Vorrichtungen vorhanden, mit denen die Kosten für Warmwasserbereitung separat erfasst werden können, sind die tatsächlichen Kosten hierfür von den Heizkosten in Abzug zu bringen. Dahinter steht die Überlegung, dass dann, wenn die konkrete Erfassung der Kosten der Warmwasserbereitung möglich ist, es in der Hand des Hilfebedürftigen liegt, seinen Warmwasserverbrauch zu steuern bzw zu versuchen, mit dem ihm durch die Regelleistung zur Verfügung gestellten Rahmen auszukommen (BSG Urteil B 14/11b AS 15/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 5; vgl auch Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Leitfaden – Kosten der Unterkunft, 2009, S 36).

Ebenso wie die Kosten für Warmwasserbereitung Bestandteil der Regelleistung sind, müssen auch die Kosten für Strom, sofern er nicht zur Erzeugung von Heizenergie genutzt wird, aus der maßgeblichen Regelleistung gedeckt werden. Die Klägerin hat daher keinen Anspruch auf Erhöhung der Leistungen für Unterkunft um ihre Aufwendungen für Haushaltsstrom. Nach dem Wortlaut des § 20 Abs 1 SGB II (idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende BGBl I, 1706) umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts auch Aufwendungen für Haushaltsenergie. Mit der Ergänzung des § 20 Abs 1 SGB II um den Bedarf "Haushaltsenergie" ist keine inhaltliche Änderung des Umfangs der Regelleistung erfolgt – die Ergänzung ist lediglich zur Klarstellung vorgenommen worden, sodass auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende am 1.8.2006 Stromkosten nicht über Leistungen nach § 22 SGB II zu erbringen waren (BSG Urteil vom 27 Feb. 2008 – B 14/11b AS 15/07 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 5). (28.04.2009)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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