Hartz IV: Übernahme der Stromschulden auch bei selbst verschuldetem Verhalten
18.05.2013
Bislang war es so, dass die Übernahme von Stromschulden von Hartz IV-Beziehern insbesondere dann von den Jobcentern abgelehnt werden konnte, wenn die Energieschulden nach Auffassung der Behörde „schuldhaft“ zustande kamen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen (Az.: L 2 AS 313/13 B ER) hat nun jedoch geurteilt, dass die Leistungsträger die Energieschulden übernehmen müssen, auch wenn der Leistungsberechtigte die Schulden beim Energielieferanten „schuldhaft“ verursachte.
Immer mehr Menschen können sich die hohen Stromkosten nicht mehr leisten. Diese werden Hartz IV-Beziehern nicht von den Leistungsträgern finanziert, sondern müssen von den kargen Regelleistungen getragen werden. Nicht selten kommt es in Folge zu Schulden, weil das wenige Geld nicht ausreicht, die Stromkosten zu begleichen.
Grundsätzliche Übernahme wenn keine anderen Möglichkeiten zur Schuldenregulierung bestehen
Wer dann einen Antrag beim Jobcenter auf Übernahme der Stromschulden mittels eines Darlehens hofft, um keine Stromsperre zu erleben, wird oftmals im Regen stehen gelassen. Vielfach heißt es seitens der Jobcenter, die Schulden wurden durch Eigenverschulden produziert und werden daher nicht mittels eines Darlehens übernommen. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen urteilte aber nun: Grundsätzlich besteht für das Jobcenter die Verpflichtung, die Schulden mit Hilfe eines Darlehens zu übernehmen, wenn es sonst keine andere Möglichkeit gibt, die Wohnung des Betroffenen mit Strom zu versorgen.
Somit wurde das Jobcenter Münster in dem konkret verhandelten Fall dazu verpflichtet, ein Darlehen in Höhe von 3000 Euro zu übernehmen. Mit dem Geld müssen dann die Gas- und Stromschulden bezahlt werden.
Behörde weigerte sich den Darlehensantrag zu bearbeiten
Die Behörde hatte dem Kläger schon in der Vergangenheit Geld für die Zahlung der Abschläge zur Verfügung gestellt. Dieses hatte der Mann jedoch nur sporadisch an das Energieunternehmen weitergeleitet. So kam es dann zu einer Kappung der Stromleitung und Energiezufuhr. Ein Gerichtsvollzieher ließ zudem den Zähler ausbauen. Ein privaten Kredit zur Schuldenregulierung konnte der Kläger nicht besorgen, da er selbst mittellos ist. Auch eine Einigung scheiterte an den Stadtwerken.
Seit über einem Jahr weigerte sich die Behörde beharrlich über den Antrag eines Darlehens zu entscheiden. In dieser Zeit sprach der Betroffene über wieder in der Behörde vor, um eine Genehmigung des Darlehensantrages zu erreichen. Das Gericht rügte, dass die Behörde bei dem Hartz IV Folgeantrag merken hätte müssen, dass keine Abbuchungen zugunsten der Stadtwerke passierten. Daher sei dem Kläger mit sofortiger Wirkung ein Darlehen auszuzahlen, damit die Schulden beglichen werden können. Die Raten werden dann von den laufenden Regelleistungen abgetragen. (sb)
Bild: Gabi Eder / pixelio.de