Hartz IV Urteil: Eine Einkommenssteuererstattung ist kein Vermögen (§ 12 SGB II), sondern Einkommen im Sinne des § 11 SGB II
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (AZ: L 20 AS 15/09 ZVW) urteilte: Eine Einkommenssteuererstattung ist kein Vermögen (§ 12 SGB II), sondern Einkommen i.S.d. § 11 SGB II (SG Detmold, Beschluss vom 10 Mai 2006, S 10 AS 79/06 ER; Mecke, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 11, Rn. 26). Wie das BVerwG (Urteil vom 18 Feb 1999, 5 C 35.97) dargelegt hat, steht nicht entgegen, dass sich in der konkret bezifferten und zur Auszahlung gebrachten Steuererstattung eine bereits vorher bestehende Rechtsposition (hier: der gesetzliche Steuererstattungsanspruch) realisiert. Aus § 76 des aufgehobenen Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) als der Vorgängerregelung zu § 11 SGB II ergibt sich, dass das "Schicksal der Forderung" nur im Falle bewußter Ansparungen von Bedeutung ist (BVerwG, a.a.O.). Diese Grundsätze gelten nach neuer Rechtslage fort (vgl. insbes. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10 April 2006, L 20 B 35/06 AS), denn insbesondere § 11 SGB II hat ersichtlich keine Abkehr vom Regelungsinhalt des § 76 BSHG vollzogen. Nicht zu folgen vermag die Kammer dem Einwand des SG Leipzig (Beschluss vom 16 August 2005, S 9 405/05 ER), wonach es für diese Unterscheidung keinen sachlichen Grund gebe und auch eine Steuererstattung auf einer bewußten Ansparung beruhen könne. Die vom BVerwG aufgezeigten Unterscheidungskriterien stellen sicher, dass der Rückgriff auf Erspartes (gleichsam seine "Zahlbarmachung") nicht als Einkommenserzielung gewertet wird. Erst hiermit ist der gesetzlich vorgesehene Schutz bestimmten Vermögens (§ 12 Abs. 2 und 3 SGB II) überhaupt erst sicher gestellt.
Das Gericht verkennt nicht, dass eine Steuererstattung das Ergebnis von Überlegungen des Steuerpflichtigen sein, steuerrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten zu unterlassen, wenn der voraussichtliche wirtschaftliche Vorteil zu einem späteren Zeitpunkt auch im Wege der Steuererstattung realisiert werden kann. In diesem Fall erscheint es möglich, eine bewusste Ansparung im Sinne der dargestellten Rechtsprechung dann anzuerkennen, wenn sich diese Motivation in objektiven Umständen (etwa einem Hinweis des Steuerberaters) manifestiert. Anhaltspunkte hierfür liefert der vorliegende Fall indes nicht. (Tacheles, 08.01.2010)
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