Das geflügelte Wort “Rente mit 63” gebrauchen Journalisten und auch Politiker noch heute und schüren damit falsche Vorstellungen. Denn es gab nie eine für immer feststehende Rente mit 63, sondern dieser volkstümliche Begriff bezeichnet die vorgezogene Rente für besonders langjährig Versicherte.
Die vorgezogene Rente für besonders langjährig Versicherte
Wer 45 Jahre bei der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt bekommt, der oder die kann zwei Jahre vorzeitig in Rente gehen, ohne dabei Abzüge hinzunehmen.
Da die Regelalterszeit, in der Rentenversicherte regulär in den Ruhestand eintraten, lange bei 65 Jahren lag, handelte es sich tatsächlich um eine “Rente mit 63”. Das ist 2024 nicht mehr der Fall.
Die Regelaltersgrenze wird auf 67 Jahre erhöht
Die Grenze für den Renteneintritt bei der gesetzlichen Rentenversicherung wird derzeit in Schritten erhöht, bis sie bei 67 Jahren liegt. Die “Rente mit 63”, also die vorgezogene Altersrente für besonders langjährig Versicherte, beginnt nach wie vor zwei Jahre früher.
Aus der “Rente mit 63” ohne Abschläge wird dann also eine Rente mit 65.
Wer bekam zuletzt die Rente mit 63?
Die Rente mit 63 galt noch für besonders langjährig Versicherte, die vor 1953 zur Welt gekommen waren. Die konnten mit genau 63 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen. In den Jahrgängen danach erhöht sich dieses Alter jeweils um einen Monat, später dann um zwei Monate.
Kann ich überhaupt noch mit 63 Jahren in Rente gehen?
Heute ist es nur noch möglich, mit Abschlägen in die vorzeitige Rente mit 63 Jahren zu gehen. Langjährig Versicherte können vorzeitig in den Ruhestand eintreten, müssen dafür aber saftige Abschläge in Kauf nehmen.
Jeder Monat, den Sie früher in Rente gehen, bedeutet einen Abzug von 0,3 Prozent. Bei einem Renteneintritt von 67 Jahren müssten Sie 48 Monate Abzüge in Kauf nehmen, und das wären 14,4 Prozent.
Sie bekommen dann nicht etwa die ursprünglich mögliche volle Rente, wenn Sie Ihr reguläres Rentenalter erreichen, sondern diese 14,4 Prozent weniger Geld bleiben für den Rest Ihres Lebens.
Ungewollte Falschinformation
Leider fördern Journalisten mit dem Begriff “Rente mit 63” falsche Vorstellungen, zumindest beim oberflächlichen Lesen. So schreibt die Zeit am 8. Juni 2024: “Mehr Menschen nutzen Rente mit 63”.
Im Text wird dann erläutert: “Im vergangenen Jahr haben mehr Menschen die vorgezogene, abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte – die sogenannte Rente mit 63 – in Anspruch genommen als noch 2022.” Aber die vorgezogene abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte lag im vergangenen Jahr bereits bei 63 Jahren und 11 Monaten.
Weiter heißt es bei der Zeit: “Die FDP hat sich dafür ausgesprochen, die Rente mit 63 abzuschaffen.” Das muss die FDP aber überhaupt nicht fordern, da die vorgezogene Altersrente für besonders langjährig Versicherte ohne Abzüge 2024 keine “Rente mit 63” mehr ist.
Auch die Mainpost schreibt am 8.6.2024: “Immer mehr Menschen beziehen die Rente mit 63.” “Rente mit 63” wird dabei nicht einmal in Anführungszeichen geschrieben, und gemeint ist die vorgezogene Rente ohne Abzüge.
Die Aussage, dass immer mehr Menschen 2024 eine Rente mit 63 beziehen würden, ist also schlicht und ergreifend falsch.
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht, Sozialpolitik und Naturwissenschaften. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.