Rente: Zweigleisig fahren beim Rentenantrag kann klug sein

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Wenn es um den Rentenantrag geht, könnte es klug sein, zweigleisig zu fahren. Dies bedeutet, dass man sowohl einen Antrag auf Altersrente als auch auf Erwerbsminderungsrente stellt.

Diese Strategie kann in bestimmten Fällen erhebliche finanzielle Vorteile bieten, wie die Geschichte von Herrn Neumann eindrucksvoll zeigt.

Der Fall Müller: Ein Überblick

Herr Müller, geboren 1959, hatte 45 Jahre lang gearbeitet und war nun alt genug, um die Altersrente für besonders langjährig Versicherte in Anspruch zu nehmen.

Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes wurde ihm jedoch geraten, zuerst die Erwerbsminderungsrente zu beantragen.

Dieser Rat erwies sich als finanziell vorteilhaft, da ihm dadurch monatlich 100 € mehr zur Verfügung standen.

Vorzeitige Antragstellung und Beratung

Müller war stets vorausschauend und hatte schon ein Dreivierteljahr vor Erreichen des Rentenalters einen Termin bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) vereinbart, um den Rentenantrag zu stellen.

Während dieses Termins wurde ihm empfohlen, nicht nur den Antrag auf Altersrente zu stellen, sondern auch einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente.

Finanzielle Überlegungen

Müller hatte vor seiner Erkrankung weniger verdient, was sich auf die Höhe seines Krankengeldes und Arbeitslosengeldes auswirkte. Diese waren niedriger als die erwartete Rente.

Daher stellte er auch den Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Bei einer rückwirkenden Bewilligung dieser Rente würde die Agentur für Arbeit das gezahlte Arbeitslosengeld zurückfordern, und Neumann würde die Differenz zwischen Rente und Arbeitslosengeld erhalten.

Der steinige Weg zur Entscheidung

Obwohl Müller zur ärztlichen Begutachtung geladen wurde, passierte nach der Untersuchung lange Zeit nichts. Er erhielt zwar den Altersrentenbescheid, aber keine Entscheidung über die Erwerbsminderungsrente.

Nachdem er lange Geduld bewiesen hatte, beschwerte er sich schriftlich bei der DRV. Schließlich schaltete er seine Gewerkschaft ein, die ihm Rechtsschutz gewährte und die DRV mit einer Untätigkeitsklage drohte.

Daraufhin wurde ihm eine teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt.

Unterschiede zwischen Alters- und Erwerbsminderungsrente

Die teilweise Erwerbsminderungsrente beträgt 50 % der vollen Rente. Juristisch ist es einfach auszurechnen, dass die teilweise Erwerbsminderungsrente anteilig höher ist als die Altersrente. In Müllers Fall bedeutete dies etwa 100 € netto mehr im Monat.

Die Berechnung der Zurechnungszeit

Bei Erwerbsminderungsrenten wird eine Zurechnungszeit berücksichtigt, die die Zeit kompensiert, in der der Betroffene aufgrund von Krankheit nicht mehr arbeiten konnte.

Diese Zeiten werden fiktiv hochgerechnet, als hätte der Betroffene bis zu einem bestimmten Alter weiter gearbeitet.

Diese Regelung wurde ab Januar 2019 verlängert und betrug für Müller 65 Jahre und 10 Monate. Dadurch fiel die volle Erwerbsminderungsrente höher aus.

Schutz durch Teilrente

Auch wenn der Altersrentenbescheid bereits ergangen war, gilt der Besitzschutz auf die Entgeltpunkte der Rente.

Bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente bleiben diese Punkte erhalten, wodurch die Rentenansprüche nicht vermindert werden.

DRV korrigiert den Rentenbescheid

Durch die Berücksichtigung der Zurechnungszeit erhöhte die DRV Neumanns Altersrente. Diese Anpassung brachte ihm monatlich 100 € netto mehr ein.

Fazit: Zweigleisigkeit zahlt sich aus

Niemand möchte in die Lage kommen, auf Bürgergeld angewiesen zu sein, wenn Krankengeld und Arbeitslosengeld auslaufen und noch keine Entscheidung über die Rente getroffen wurde. Daher ist es ratsam, zweigleisig zu fahren.

Selbst wenn die Erwerbsminderungsrente vorrangig ist, kann die Altersrente, beispielsweise für Schwerbehinderte, parallel in Anspruch genommen werden. Bei einer erfolgreichen Entscheidung wird die Rente entsprechend angepasst.

Bestehen Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung für denselben Zeitraum, wird nur die höchste Rente gezahlt.

Nach bindender Bewilligung einer Altersrente ist ein Wechsel zu einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausgeschlossen.