Die Bundesregierung plant eine umfassende Ausweitung der sogenannten Mütterrente. Eltern mit Kindern, die vor 1992 geboren wurden, sollen künftig die gleiche rentenrechtliche Anerkennung erhalten wie Eltern jüngerer Jahrgänge. Damit würden etwa zehn Millionen Menschen Anspruch auf eine höhere Rente bekommen. Die Finanzierung über Steuermittel sorgt jedoch für politischen Streit.
Inhaltsverzeichnis
Drei Punkte für jedes Kind: Was sich ändern soll
Bislang erhielten Eltern für Kinder, die vor dem 1. Januar 1992 geboren wurden, 2,5 Rentenpunkte angerechnet. Künftig sollen es drei Punkte sein – ebenso wie für später geborene Kinder. Mit der geplanten Reform würde eine Ungleichbehandlung beseitigt, die auf gesellschaftliche Veränderungen und politische Entscheidungen der 1990er-Jahre zurückgeht.
Die Rentensteigerung fällt konkret aus: Ein zusätzlicher halber Rentenpunkt pro Kind entspricht ab Juli 2025 etwa 20,40 Euro brutto mehr pro Monat.
Zusammenfassung der Erhöhungen:
- 1 Kind: etwa 20,40 Euro mehr
- 2 Kinder: etwa 40,79 Euro mehr
- 3 Kinder: etwa 61,19 Euro mehr
Die Beträge beziehen sich auf den neuen Rentenwert von 40,79 Euro ab Juli 2025. Künftige Rentenanpassungen könnten die Werte verändern.
Wer profitiert – und wer nicht
Einen Anspruch auf die zusätzliche Anerkennung haben Elternteile, die die Kinder überwiegend erzogen haben. Historisch bedingt sind davon hauptsächlich Frauen betroffen. Auch Väter, Adoptiveltern, Pflegeeltern oder Großeltern können profitieren, wenn sie nachweisen, dass sie das Kind überwiegend betreut haben.
Ein Wermutstropfen bleibt: Menschen, die im Alter Grundsicherung beziehen, werden von der Erhöhung oft nicht profitieren. Die zusätzlichen Rentenbeträge werden auf die Grundsicherung angerechnet, sodass sich die Gesamteinkünfte kaum ändern.
Gesetzeslage: Wann fließt das zusätzliche Geld?
Obwohl die Mütterrente III Teil des Koalitionsvertrags ist, gibt es noch keinen Gesetzentwurf. Erst nach Erarbeitung durch das zuständige Ministerium und dem anschließenden parlamentarischen Verfahren kann die Regelung in Kraft treten. Expertenschätzungen zufolge ist mit einer Umsetzung frühestens Ende 2025 zu rechnen, eventuell mit rückwirkender Wirkung.
Lesen Sie auch:
- Rente: Verbesserung bei Zuzahlungsbefreiung für Rentner in 2025 die jeder kennen sollte
- Rente: Zu früher Rentenantrag führt zu teurer Krankenversicherung
Finanzierung über Steuermittel – eine umstrittene Lösung
Die geplante Ausweitung der Mütterrente wird teuer: Experten kalkulieren jährliche Mehrkosten zwischen 4,5 und 5 Milliarden Euro. Diese Summen sollen nicht durch höhere Rentenversicherungsbeiträge, sondern direkt aus dem Bundeshaushalt finanziert werden.
Die Begründung der Bundesregierung lautet: Kindererziehung sei eine gesellschaftliche Aufgabe und müsse solidarisch von allen Steuerzahlern getragen werden. Die Deutsche Rentenversicherung unterstützt diese Sichtweise, verweist jedoch auf die hohe Belastung des Haushalts.
Kritiker warnen: Zusätzliche Ausgaben könnten Investitionen in Bildung, Infrastruktur oder Verteidigung gefährden und künftige Steuererhöhungen notwendig machen.
Politische Fronten: Unterstützung und Widerstand
Innerhalb der Koalition (CDU/CSU und SPD) besteht Konsens über die Reform. Vor allem die CSU hatte sich seit Jahren für eine weitere Ausweitung starkgemacht.
Andere Parteien äußern Skepsis:
- FDP: Lehnt die Reform ab, plädiert für individuelle Rentenpunkte bei Erwerbsunterbrechungen.
- Grüne: Fordern stattdessen eine stärkere Grundrente.
- Linke: Unterstützt zwar die Angleichung, fordert jedoch eine umfassendere Rentenreform.
- AfD und BSW: Befürworten Modelle, die eher auf Mindestrenten oder Erziehungsprämien setzen.
Mütterrente: Historische Entwicklung im Überblick
Die Idee, Erziehungszeiten rentenrechtlich anzuerkennen, gibt es seit Jahrzehnten. Die Entwicklung verlief stufenweise:
Zeitraum | Anerkannte Erziehungszeit pro Kind |
Vor 2014 | 1 Jahr (1 Entgeltpunkt) |
Ab 2014 (Mütterrente I) | 2 Jahre (2 Punkte) |
Ab 2019 (Mütterrente II) | 2,5 Jahre (2,5 Punkte) |
Geplant (Mütterrente III) | 3 Jahre (3 Punkte) |
Das Ziel: Erziehungsleistungen unabhängig vom Geburtsjahr gleich zu bewerten.
Chancen und Schwächen der Reform
Befürworter sehen in der Mütterrente III einen überfälligen Akt der Gerechtigkeit und eine Anerkennung der Lebensleistung von Eltern älterer Generationen. Zudem könnten viele Rentnerinnen mit kleinen Bezügen spürbar profitieren.
Allerdings weist die Reform auch Schwächen auf:
- Geringer individueller Rentenzuwachs.
- Keine Wirkung bei Grundsicherungsempfängern.
- Hohe Kostenbelastung für den Staat.
- Keine Lösung für strukturelle Probleme wie Altersarmut und Gender Pension Gap.
Was Betroffene jetzt tun können
Aktuell besteht kein Handlungsbedarf. Die Deutsche Rentenversicherung rät, keine Anträge zu stellen, solange das Gesetz nicht verabschiedet ist. Erfahrungsgemäß werden Rentenanpassungen bei geklärten Konten automatisch umgesetzt.
Dennoch empfiehlt es sich, das eigene Rentenkonto auf Vollständigkeit zu überprüfen. Lücken bei der Anerkennung von Kindererziehungszeiten könnten sonst eine spätere Rentenerhöhung verhindern.