Bürgergeld: Bareinzahlungen werden vom Jobcenter angerechnet

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Ein aktuelles Verfahren vor dem Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg zeigt, dass Bürgergeld-Empfänger jede Geldbewegung offenlegen müssen. Wer Bareinzahlungen ohne klaren Nachweis tätigt, riskiert eine Einstufung als Einkommen. Dies mindert den Anspruch auf Leistungen und führt unter Umständen zu Erstattungsforderungen.

Hintergrund des Rechtsstreits: Nachzahlungen und Bareinzahlungen

Im entschiedenen Fall (L 9 AS 975/22) bezog eine dreiköpfige Bedarfsgemeinschaft bereits seit 2013 ergänzende Leistungen. Die Mutter (selbstständig als Haushalts- und Bürohilfe) und der Vater (angestellt als Barkeeper bzw. Schichtleiter) hatten getrennte Konten.

Auf das Konto der Mutter gingen unter anderem das Kindergeld und eigene Einnahmen ein, während vom Konto des Vaters Miete, Strom, Gas und andere Gemeinschaftsausgaben abgebucht wurden.

Bereits 2015 erhielten sie eine Nachzahlung in Höhe von rund 5.500 Euro, die die Mutter größtenteils in bar abhob. Eine weitere Nachzahlung in Höhe von etwa 8.200 Euro ging 2017 auf ihr Konto. Beim Vater tauchten indes immer wieder Bareinzahlungen auf, deren genaue Herkunft das Jobcenter klären wollte.

Entscheidung zur vorläufigen und endgültigen Festsetzung

Auf den Antrag vom August 2017 hin bewilligte der Leistungsträger die Leistungen zunächst nur vorläufig, um nach Vorlage der tatsächlichen Einnahmen eine endgültige Entscheidung zu treffen. Diese fiel für den Zeitraum von September 2017 bis Februar 2018 zugunsten des Jobcenters aus:

Die Bareinzahlungen des Vaters wurden als „sonstiges Einkommen“ gerechnet, sodass für mehrere Monate kein Leistungsanspruch mehr bestand. Folglich forderte die Behörde bereits ausgezahlte Beträge zurück.

Warum Bareinzahlungen als Einkommen angerechnet wurden

Nach § 11 SGB II wird alles, was nach Antragstellung zufließt und nicht eindeutig vor Antragstellung vorhanden war, grundsätzlich als Einkommen berücksichtigt. Den Klägern gelang kein durchgehender Nachweis, dass die Bareinzahlungen lediglich interne Umbuchungen oder noch vorhandene Altbestände seien.

Trotz umfangreicher Kontoauszüge war die Herkunft eines Großteils der Summen unklar. Da die Kläger zuvor keinerlei Barvermögen angegeben hatten, ließ sich nicht zweifelsfrei belegen, dass diese Gelder bereits vor dem Leistungsbezug existierten.

Feststellungslast: Wer muss die Herkunft beweisen?

Die Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld müssen ihre Hilfebedürftigkeit vollständig belegen. Nach ständiger Rechtsprechung trägt derjenige die materielle Beweislast, der Leistungen beansprucht. Falls die Herkunft wesentlicher Bargeldzuflüsse trotz intensiver Prüfung nicht nachgewiesen wird, darf die Behörde dieses Geld als Einkommen anrechnen.
Detaillierte Berechnungen: Bedarf und anzurechnendes Einkommen

Der Leistungsträger stellte den Bedarf fest, bestehend aus Regelbedarf für die Erwachsene und das Kind (einschließlich Mehrbedarfen) sowie den Kosten für Unterkunft und Heizung. Anschließend zog er die ordnungsgemäß deklarierten Einnahmen der Mutter (abzüglich anteiliger Betriebsausgaben), den Lohn des Vaters und das Kindergeld vom Bedarf ab.

Da diese Beträge nicht genügten, sämtliche Bareinzahlungen zu erklären, behandelte er einen erheblichen Teil der Einzahlungen als zusätzliches Einkommen und verlangte daraufhin Erstattung überzahlter Leistungen.

Was bedeutet das Urteil für andere Bürgergeld-Beziehende?

Wer während des Leistungsbezugs regelmäßig Bargeld auf sein Konto einzahlt, muss lückenlos dokumentieren, woher es stammt. Ohne stichhaltige Beweise gilt es als zufließendes Einkommen, das den Bedarf mindern kann. Im Ergebnis droht die Rückforderung bereits bewilligter Leistungen, wenn ein Leistungsträger die Hilfebedürftigkeit im Nachhinein verneint.

Urteil und Konsequenzen

Das Landessozialgericht bestätigte den endgültigen Festsetzungs- und Erstattungsbescheid. Die Berufung wurde zurückgewiesen, da sich nicht aufklären ließ, dass es sich bei den Einzahlungen um bereits vorhandene oder eindeutig deklarierte Mittel gehandelt hat.

Die Revision ist nicht zugelassen. Damit ist klargestellt, dass Bürgergeld-Beziehende ihre Bareinzahlungen sorgfältig belegen müssen, um Leistungskürzungen oder Rückforderungen zu vermeiden.