Sozialhilfe Mehrbedarf nur mit Merkzeichen G

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Mehrbedarf für Gehbehinderte nur mit einem Behindertenausweis mit dem Merkzeichen G

30.07.2012

Schwerbehinderte, die einen Behindertenausweis mit dem Merkzeichen „G“ oder „aG“ besitzen, haben einen Anspruch auf einen Mehrbedarf für Gehbehinderte nach § 30 Abs. 1 des SGB XII. Und zwar in Höhe von 17 Prozent der für sie maßgeblichen Regelleistung (Sozialhilfe nach SGB XII). Wer noch keinen Schwerbehindertenausweis für den neuen Bewilligungsabschnitt hat oder zunächst kein „G“ im Ausweis vermerkt wurde, sollte den Mehrbedarf für Gehbehinderte nach Ansicht des Bundessozialgerichts in Kassel nicht rückwirkend nachgezahlt bekommen. Die rückwirkende Anerkennung des Merkzeichens G reiche laut BSG nicht aus, um für vergangene Zeiträume eine Änderung der Verhältnisse zu bewirken. (AZ: B 8 SO 12/10 R)

Die Richter begründeten ihre Auffassung damit, dass Wortlaut und Entstehungsgeschichte des § 30 Abs.1 SGB XII ein solches einschränkendes Verständnis dieser Regelung nahelegten. Der Gesetzgeber habe die Bewilligung dieses pauschalen Mehrbedarfs ausdrücklich an das aktuelle Vorhandensein des Merkzeichens „G“ geknüpft. Wäre dem nicht so, müsste eine Korrektur möglicher Entscheidungen des Sozialamts im Gesetz bereits angelegt sein. Dies entspräche nicht dem „Grundsatz der Verwaltungspraktikabilität“.

Im Vorverfahren hatten die Kläger darauf verwiesen, dass er durch ein derartig eingeengtes Verständnis des Mehrbedarfsregelung praktisch einen Rechtsverlust für Zeiten erleide, in denen bereits eine Gehbehinderung vorgelegen habe. Dies widerspreche u.a. dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes, der sich aus Artikel 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (Rechtsstaatsgebot) ableite. Der 8. Senat begegnete dem jedoch mit dem Hinweis auf die
Möglichkeit einer einzelfallbezogenen Erhöhung des Regelbedarfes, wie sie im früheren § 28 Abs. 1 SGB XII – dem jetzigen § 27 Abs. 4 SGB XII, d.V. – vorgesehen ist, wenn ein Bedarf seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Eine solche Möglichkeit könne im Fall des Klägers durch eines Rücknahmeantrag nach § 44 SGB X überprüft werden.

Zusammenfassung:
Betroffene sollten bei Beginn der Behinderung sofort einen Ausweis mit dem Merkzeichen G beantragen, um Ansprüche nicht zu verlieren. Hat sich der gesundheitliche Zustand verschlechtert, sollte schnell ein Schwerbehindertenausweis neu beantragt werden. Derlei Anträge werden beim Versorgungsamt gestellt. Eine Nachzahlung gibt es demnach nicht. (wm)

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