Wer Bürgergeld-Bezieher verpetzt bleibt nicht immer anonym

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Wer Bürgergeld Bezieher beim Jobcenter “anschwärzt”, kann nicht immer davon ausgehen, anonym zu bleiben. Dies gilt vor allem dann, wenn falsche Verdächtigungen geäußert werden und das Jobcenter deshalb anlasslose Überprüfungen vornimmt.

Zeigt nämlich ein sogenannter Hinweisgeber grundlos vermeintliche „Sozialbetrüger” beim Jobcenter an, muss die Behörde dem zu Unrecht Verdächtigten auf Verlangen den Namen des Hinweisgebers mitteilen.

Rufschädigung ist entscheidend

Handelt der Informant „wider besseres Wissen und vorsätzlich rufschädigend”, überwiege das Interesse der betroffenen Leistungsbezieherin, sich gegen die Vorwürfe rechtlich zur Wehr setzen zu können, entschied das Sozialgericht Berlin in einem Urteil (Az.: S 103 AS 4461/20).

Keine Anonymität nach grundlosem Anschwärzen beim Jobcenter

Konkret ging es um ein Schreiben an ein Berliner Jobcenter. Unter der Überschrift „Sozialbetrug!” wurde behauptet, der Vater der Leistungsbezieherin sei verstorben und habe ihr ein Vermögen hinterlassen.

Aus der Erbschaft fahre sie ein fast neues Auto. Mit diesem Auto gehe sie ihrer Schwarzarbeit bei verschiedenen Reinigungsfirmen nach. Außerdem habe die „Sozialschmarotzerin” von ihrem Vater ein Häuschen geerbt. Das solle das Jobcenter doch mal überprüfen. Der Brief trug eine unleserliche handschriftliche Unterschrift.

Das Jobcenter führte daraufhin eine Überprüfung durch und stellte fest, dass an den Vorwürfen nichts dran war. Zwar war der Vater der Frau tatsächlich verstorben, sie hatte aber nichts geerbt.

Die Bürgergeld-Bezieherin verlangte nun Einsicht in die Anzeige, um gegen den Informanten wegen Rufschädigung vorgehen zu können.

Die Behörde hatte ihr zwar Einsicht in eine Kopie des Schreibens gewährt, die Unterschrift jedoch aus Geheimhaltungsgründen geschwärzt.

Sozialgericht Berlin: Betroffene darf Unterschrift einsehen

Die Klägerin habe aber Anspruch auf Vorlage des ungeschwärzten Schreibens, urteilte das Sozialgericht Berlin. Zwar sei die Identität eines Behördeninformanten grundsätzlich schutzwürdig.

Handle der Informant jedoch „wider besseres Wissen und bewusst rufschädigend” oder gebe er „leichtfertig falsche Informationen” weiter, überwiege das Interesse des betroffenen SGB II Empfängers an der Offenlegung des Informanten.

Die Bezeichnung als „Sozialschmarotzerin” sei zudem beleidigend. Die Unterstellung, die Frau würde „schwarz” arbeiten, sei rufschädigend. Letztlich sei es dem Anzeiger nur darum gegangen, die Klägerin vor der Behörde schlecht zu machen.

Er habe weder den konkreten Arbeitgeber der Beschwerdeführerin, deren Einsatzorte und Arbeitszeiten noch Kontaktdaten für Rückfragen hinterlassen. In einem solchen Fall überwiege das Informationsinteresse der Klägerin. Es sei nicht auszuschließen, dass sie den Informanten anhand der leserlichen Unterschrift identifizieren könne.

Anders lautendes Urteil

Dagegen hatte das Sozialgericht Berlin in einem Urteil vom 1. Dezember 2016 entschieden, dass die Rentenversicherung eine Hinweisgeberin auf Leistungsmissbrauch nicht nennen muss (Az.: S 9 R 1113/12 WA). Der Name der Hinweisgeberin sei ein „rechtlich besonders geschütztes Sozialdatum”.

Im vorliegenden Fall hatte die Hinweisgeberin den Rentenversicherungsträger darüber informiert, dass ein Rentner nach seiner Scheidung mit einer jüngeren Frau an die Costa Brava gezogen sei und sich dies auf seine Rentenansprüche auswirken könnte.

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