Die Abwehr gesundheitlich notwendiger Maßnahmen durch ein Kind und die deshalb nötige Aufsicht rechtfertigen einen Pflegegrad 2. So entschied das Bundessozialgericht gegen die Pflegekasse und zugunsten eines Diabetikers. (B 3 P 9/23 R)
Es geht durch die Sozialgerichte
Die Eltern des Betroffenen klagten vor dem Sozialgericht, und dieses verurteilte die Pflegeversicherung, einen Pflegegrad 2 zu gewähren. Die Pflegekasse ging in Berufung, und auch das Landessozialgericht erkannte einen Pflegegrad von 2 und wies darüber hinaus die Berufung zurück.
Kind braucht Aufsicht
Die Richter beim Landessozialgericht erklärten: Im Modul 4 (Selbstversorgung) sei „beim Essen die Kontrolle der vollständigen Nahrungsaufnahme im Zusammenhang mit der Dosierung der Insulingaben zu berücksichtigen unabhängig davon, ob eine Diät einzuhalten sei.“ Insofern bedürfe es einer Aufsicht, und dies spreche für einen Pflegegrad 2 (beim Pflegegrad 1 ist eine Aufsicht nicht notwendig).
Pflegekasse sagt, Abwehr müsse selbst zur Krankheit gehören
Die Pflegeversicherung forderte jetzt eine Revision vor dem Bundessozialgericht, doch auch dieses entschied zugunsten des Diabetikers. Die Pflegekasse argumentierte, selbstbestimmtes Abwehrverhalten könne nur dann Teil des Moduls 3 sein, wenn die Angst selbst Krankheitswert hätte. Verhaltensweisen, die nicht Folge von Gesundheitsproblemen seien, könnten im Modul 3 nicht aufgenommen werden. Auch bestehe kein im Modul 4 zu berücksichtigender Hilfebedarf beim Essen.
Abwehr der Insulinpumpe bedeutet Pflegebedarf
Die Richter erklärten die Revision für unbegründet. Die Vorinstanzen hätten richtig entschieden, dass der Pflegegrad bei 2 liege.
Der Betroffene sei pflegebedürftig. Eine Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen durch Kinder, die diese aus gesundheitlichen Gründen durchführen müssten bedeute einen pflegewichtigen Hilfebedarf. Hier handle es sich um die Abwehr des schmerzhaften Setzen der Insulinpumpe aus kindlicher Angst.
Es geht um tatsächliche Problemlagen
Es ginge dabei nicht um Phasen kindlicher Entwicklung, sondern um tatsächliche Problemlagen und einen Bedarf an persönlicher Hilfe. Auch bei Nahrungsaufnahme gegen es bestimmte Anforderungen.
Wenn Kinder diese nicht beachteten, müsste zügig die Aufsichtsperson eingreifen. Dies dürfe, anders als bei gesunden Kindern, nicht zeit- oder phasenweise dem natürlichen Hungergefühl der Kinder überlassen bleiben.
Es geht nicht um altersentsprechende Entwicklung
Beim Punkt „Hilfebedarf beim Essen“ ginge es nicht darum, ob die Selbstständigkeit des Kindes beim Essen nicht altersentsprechend entwickelt sei. Entscheidend sei vielmehr, ob das Kind die erhöhten Anforderungen des essensangepassten Dosierung der Insulingaben nachkomme.
Dies sei nicht der Fall, und deshalb brauche es beim Essen eine Aufsicht.
Selbstständigkeit im Sinne einer Impulskontrolle sei bei dem Diabetiker nicht zu erwarten. Um die Nahrung vollständig zeitnah aufzunehmen brauche das Kind Impulse, Unterstützung und Aufsicht. Aufgrund dieses Pflegebedarfs sei ein Pflegegrad von 2 anzuerkennen.




