Gericht verbietet Zimmerkontrollen in Flüchtlingsunterkunft

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Private Sicherheitsdienste dürfen die Zimmer von Flüchtlingen in einer Erstaufnahmeeinrichtung nicht ohne gesetzliche Grundlage kontrollieren.

Allein eine Hausordnung kann die Einschränkung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung nicht rechtfertigen, entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg zur früheren Hausordnung einer Flüchtlingsunterkunft in Freiburg in einem am Donnerstag, 24. Februar 2022, zugestellten Urteil (Az.: 12 S 4089/20). Die Mannheimer Richter ließen wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.

Im Streit stand die bis zum 15. Dezember 2021 geltende Hausordnung der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) für Flüchtlinge in Freiburg. Die Hausordnung galt in vergleichbaren Einrichtungen landesweit in ganz Baden-Württemberg.

Danach durften Bewohner weder Besuch empfangen noch einfache Haushaltsgegenstände mitnehmen – etwa einen Gebetsteppich oder einen Haarschneider. Der private Sicherheitsdienst kontrollierte zudem täglich die Zimmer, ob die Bewohner das wollten oder nicht. Selbst nachts musste Zugang zu den einzelnen Zimmern gewährt werden.

Ohne Gesetz keine Zimmerkontrollen in Flüchtlingsunterkunft

Mehrere Flüchtlinge zogen gegen die Hausordnung mit Unterstützung unter anderem der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), von Pro Asyl und der Aktion Bleiberecht Freiburg vor Gericht.

Nachdem sämtliche Flüchtlinge ausgezogen waren, wollten zwei aus Ghana stammende Antragsteller die Rechtmäßigkeit der Hausordnung weiterhin überprüfen lassen. Sie sahen ihre Menschenwürde und in den Zimmerkontrollen ihr Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzt.

Das Regierungspräsidium hielt die täglichen Kontrollen für erforderlich. So lägen oftmals erhebliche hygienische Missstände in den von bis zu drei Personen bewohnten Zimmern vor. Auch müsse geprüft werden, ob der Brandschutz eingehalten werde.

VGH Mannheim betont Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung

Die Mannheimer Richter hielten in ihrem Urteil den Normenkontrollantrag der Flüchtlinge für teilweise unzulässig. Sie seien nach dem Auszug nicht mehr von den Einschränkungen betroffen. Allerdings sei bei „schwerwiegenden Grundrechtsverletzungen” – wie die Zimmerkontrollen – die „Rechtsklärung weiter möglich”.

Hier seien die Zimmer in der Erstaufnahmeeinrichtung als „Wohnung” anzusehen. Damit könnten sich die Flüchtlinge auf ihr Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung berufen.

Zwar spreche die Unterbringungsstruktur dafür, dass die Einschränkung dieses Grundrechts notwendig sein könne. Dies dürfe aber nicht allein eine Hausordnung festlegen. Für die Regelungen fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.

„Dieses Urteil ist von bundesweiter Bedeutung, denn es macht klar, dass die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 Grundgesetz auch in Sammelunterkünften gilt. Das gibt geflüchteten Menschen ein Stück Eigenständigkeit und Würde zurück”, erklärte Peter von Auer, rechtspolitischer Referent bei PRO ASYL.

Nach Angaben der GFF gibt es auch in anderen Bundesländern vergleichbare unverhältnismäßige Hausordnungen. fle/mwo

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