Bürgergeld: Jobcenter muss für neues Sofa zahlen

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Eine Bedarfsgemeinschaft von Bürgergeld-Beziehern benötigte ein Ersatzsofa, denn ihr altes Sofa war durch Bettwanzen Befall unbrauchbar geworden. Die Unbrauchbarkeit stellte das zuständige Jobcenter nicht infrage, weigerte sich aber trotzdem zu zahlen. Es handelt sich, so das Jobcenter, nicht um eine Erstausstattung, sondern um eine Ersatzbeschaffung.

Das Landessozialgericht Hamburg verurteilte das Jobcenter dazu, 200 Euro für den Kauf dieses Ersatzsofas zu überweisen. (LSG Hamburg, Urteil 5. April 2024, L 4 AS 153/23 D)

Jobcenter muss in einem gewissen Rahmen zahlen

Das Jobcenter berief sich hier auf den Paragrafen 24 Absatz 3 Satz 1 Nr 1 sowie Satz 2 im Sozialgesetzbuch II. Dort ist geregelt, dass das Jobcenter die Erstausstattung einer Wohnung in einem gewissen Rahmen bezahlen muss.

Dies gilt aber nicht für den Ersatz von Möbeln in bereits bezogenen Wohnungen. Hier sollen Pauschalen im Regelsatz / Bürgergeld greifen. Nach Rechtshinweisen des Landessozialgerichts Hamburg sprach das Jobcenter den Betroffenen einen Zuschuss von 115 Euro zu.

Landessozialgericht entscheidet über Summe

Die Bürgergeld-Bezieher hielten diesen Betrag für zu niedrig und verlangten 450 Euro statt den gewährten 115 Euro. Das Landessozialgericht stand in der Bewertung der akzeptablen Summe zwischen beiden und entschied, dass das Jobcenter 200 Euro an die Betroffenen zahlen müsse.

Für Leistungsberechtigte, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, ist weniger der konkrete Betrag interessant, sondern vielmehr die Begründung des Gerichts. Diese lässt sich nämlich hervorragend auf andere Fälle übertragen,

Pauschalen müssen an der Realität orientiert sein

Laut dem Landessozialgericht regele der Paragraf 24, Absatz 3, Satz 6 im Sozialgesetzbuch II die Berechnung dieser Pauschalen. Klar werde, dass für das Bemessen der Beträge geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwände und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen seien.

Dies hätte das Jobcenter nicht getan. Festsetzungen im Gesetz würden für Ein- und Zweipersonenhaushalte gelten, die Betroffenen lebten jedoch in einem Vierpersonenhaushalt. Außerdem seien die festgesetzten Beträge seit 2015 nicht angepasst worden. Angesichts der Preisentwicklung sei das erheblich bedenklich.

Das Gericht recherchiert aktuellen Preis

Es ließe sich zwar auf Gebrauchtmöbel verweisen. Bei Sofas wäre dann aber kaum ein hinreichend empirisch abgesicherter Preis zu finden. In Sozialkaufhäusern sei hingegen das Angebot begrenzt und von den eingehenden Möbeln abhängig, sodass es auch hier keine permanent sicheren Preise gebe.

Schließlich startete das Gericht selbst eine Internetrecherche. Das günstigste Dreiersofa fand sich dort im Angebot für 200 Euro, und deshalb sollte das Jobcenter diesen Betrag zahlen.

An der Praxis orientiert

Das Landessozialgericht erfreut durch sein unbürokratisches Vorgehen. Bürgergeld-Berechtigte müssen sich oft durch ein Dickicht von Bestimmungen kämpfen, und Behörden zahlen häufig auch kleinste Beträge erst nach vielen Anträgen.

Das Gericht setzte hingegen auf Lebenspraxis. Es suchte selbst, was der Markt tatsächlich hergibt, und nahm dies als fairen Maßstab. Fair für die Leistungsberechtigten, denn diese haben zwar Anspruch auf eine Pauschale, nicht aber auf ein Sofa, das mehr als doppelt so viel kostet wie das günstigste, das verfügbar ist.