Krankenkassen müssen schwerbehinderte Versicherte mit geeigneten und fehlerfreien Inkontinenzhilfen versorgen. Denn es dient dem mittelbaren Behinderungsausgleich, wenn insbesondere ein berufstätiger Versicherter mit einer Blasenentleerungsstörung geeignete, ärztlich verordnete Inkontinenzhilfen auch tatsächlich erhält, entschied das Sozialgericht Frankfurt am Main in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 8. März 2024 (Az.: S 34 KR 850/21).
Hilfsmittel müssen qualitativ sein
Bietet der von der Krankenkasse benannte Vertragspartner nur unzureichende Hilfsmittel an, kann sich der Versicherte alternative Produkte von anderen Anbietern beschaffen und die Kosten erstattet verlangen.
Der berufstätige Kläger leidet infolge einer Erkrankung an einer schweren Blasenentleerungsstörung. Der behandelnde Arzt hatte ihm deshalb vier Windeln und eine Windelhose pro Tag verordnet.
Als der von der Krankenkasse benannte Lieferant aufgrund von Lieferengpässen keine für den Versicherten geeigneten Windeln und Windelhosen mehr liefern konnte, erhielt er für seine Notfallversorgung 16,60 Euro monatlich.
Zu diesem Preis konnte der Kläger keine Ersatzprodukte finden. Er benötigte Windeln mit hoher Saugleistung und dichte Windelhosen, zumal seine Kunden nichts von seiner Inkontinenz bemerken sollten.
Die Krankenkasse vertrat die Auffassung, dass der Kläger mit anderen, preisgünstigeren Inkontinenzprodukten von Vertragspartnern versorgt werden könne. Ein Versicherter habe nur Anspruch auf eine wirtschaftliche und nicht auf eine optimale Versorgung und könne daher keine optimalen Windeln und Windelhosen erhalten.
Der Kläger kaufte sich die gewünschten, für ihn besser geeigneten Inkontinenzhilfen selbst und verlangte von der Krankenkasse die Erstattung der Kosten.
SG Frankfurt/Main: Kasse muss für Behinderungsausgleich sorgen
Das Sozialgericht gab ihm recht.
Der Kläger habe im Rahmen seines mittelbaren Behinderungsausgleichs Anspruch auf „passgerechte und mängelfreie Inkontinenzhilfen“. Die vom Vertragspartner der Krankenkasse angebotenen Produkte seien hinsichtlich Qualität und Menge unzureichend gewesen.
Hilfen müssen funktionieren
Der Versicherte habe wegen seiner schweren Blasenentleerungsstörung deutlich gemacht, dass er besonders dichthaltende und dünne Inkontinenzhilfen benötige, damit Kunden und Geschäftspartner nichts bemerkten.
Er habe mehrfach erfolglos versucht, von den Leistungserbringern seiner Krankenkasse geeignete Alternativprodukte zu erhalten. Daher sei die Krankenkasse nun verpflichtet, die Kosten für die selbst beschafften Inkontinenzhilfen zu übernehmen. fle
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