Keine Umzugspflicht eines Bürgergeldbeziehers bei dreimonatiger Kündigungsfrist ohne volle Übernahme der Parallelmiete durch das Jobcenter
Das Sozialgericht Freiburg Az. S 6 AS 2524/08 ER hat geurteilt, dass keine Umzugspflicht eines Bürgergeldbeziehers bei dreimonatiger Kündigungsfrist ohne volle Übernahme der Parallelmiete durch das Jobcenter bestehe.
Das Jobcenter senkte ihre Miete drastisch ab und forderte zum Umzug auf – rechtswidrig sagt das Gericht und erklärte die Aufforderung des Jobcenters zum Umzug für unzumutbar
Einer Empfängerin von Grundsicherung/Bürgergeld kann der Umzug in angemessenen Wohnraum dann nicht zugemutet werden, wenn sie sich von Ihrem bisherigen Mietverhältnis nur mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten lösen kann und das Jobcenter eine Übernahme von parallelen Mitzahlungen – nur für einen Monat zugesichert hat.
Einem Hilfebedürftigen ist es nicht zuzumuten, sich weiter zu verschulden, so ausdrücklich das Gericht.
Denn Trotz mehrfacher Anfragen der Leistungsbezieherin bezüglich der Übernahme ihrer Umzugskosten reagierte das Jobcenter einfach nicht.
Der unbestritten verschuldeten Antragstellerin war es – auch aus diesem Grund – nicht zuzumuten, für einen Umzug weitere Schulden zu machen.
Gericht gibt der Hilfebedürftigen zum Schluss noch einen guten Rat hinsichtlich des Nachweises und der Dokumentation bei der Wohnungssuche
Vor diesem Hintergrund wird die bloße Auflistung der Anrufe bei Wohnungsanbietern in der Zukunft nicht genügen.
Die Hilfebedürftige wird auch die entsprechenden Zeitungsausschnitte aufbewahren müssen, aus denen sich die Angebote ergeben, bei denen sie angerufen hat. Sie wird notieren müssen, was sie genau hinsichtlich welches Wohnungsangebots unternommen hat.
Auch wird es nicht ausreichen, lediglich vier Eigenbemühungen pro Monat nachzuweisen.
Realistisch sind 4 Wohnungsbesichtigungen pro Woche
Realistischer dürften durchschnittliche Bemühungen um vier Wohnungen pro Woche sein.
Wohnungsabsagen, weil ein Kinderspielplatz vor einem Fenster ist oder weil der Boden vergilbt ist, dürften in der Zukunft den Beweis, dass die Kostensenkung unmöglich oder unzumutbar ist, vereiteln.
Die Jobcenter sollte die Leistungsbezieherin darüber in Kenntnis setzen, welche Leistungen sie bei Umzug beanspruchen kann, damit solche Fragen nicht mehr auftauchen können.
Praxistipp
Jobcenter können von Bürgergeld- Empfängern nicht verlangen, dass sie zur Sicherstellung ihres Existenzminimums erneut ein Darlehen aufnehmen ( BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 9/20 R – )
Bürgergeld: Jobcenter forderte zu Schulden auf – Gericht kassierte Aufforderung