Wenn Arbeitnehmer von einer unbefristeten Beschรคftigung in eine befristete wechseln, die nรคher an ihrem Wohnort liegt, darf die Agentur fรผr Arbeit nicht pauschal das Arbeitslosengeld sperren. Denn es gebe fรผr den Beschรคftigten ein berechtigtes Interesse an der Kรผndigung. So entschied das Sozialgericht Speyer. (S 1 AL 63/15).
Inhaltsverzeichnis
Was ist der rechtliche Hintergrund?
Die Agentur fรผr Arbeit kann beim Arbeitslosengeld eine Sperrzeit erteilen, in der sie keine Leistungen auszahlt. Wenn Sie Ihren Job verlieren und Arbeitslosengeld beantragen, dann betrรคgt diese Sperrzeit aus bestimmten Grรผnden in der Regel zwรถlf Wochen.
Erstens bei Eigenkรผndigung, zweitens bei einem Aufhebungsvertrag und drittens bei einer selbstverschuldeten Kรผndigung durch den Arbeitgeber.
Bei einer Eigenkรผndigung ist aber nur dann eine Sperre legitim, wenn es zu dieser keinen wichtigen Grund gab.
Vorsatz und grobe Fahrlรคssigkeit
Eine Sperrzeit wird also dann verhรคngt,ย wenn Sie sich versicherungswidrig verhalten haben, ohne einen wichtigen Grund dafรผr zu haben. Kein wichtiger Grund liegt besonders dann vor, wenn eine Kรผndigung aus Vorsatz oder wegen grober Fahrlรคssigkeit erfolgt.
Was bedeutet die Sperrzeit?
Die in der Sperrzeit nicht ausgezahlten Bezรผge erhรคlt der Arbeitssuchende รผberhaupt nicht mehr, sie sind verloren. Allerdings ist er in der Sperrzeit weiter in der gesetzlichen Krankenkasse versichert.
Der Fall
Ein Maurer war unbefristet bei einem Arbeitgeber tรคtig, der 50 Kilometer von seinem Wohnort entfernt lag. Er kรผndigte, um in einem Betrieb zu arbeiten, der unmittelbar in der Nรคhe seines Zuhauses ist, und der ihm zudem zwanzig Prozent mehr Lohn zahlte.
Das neue Arbeitsverhรคltnis war allerdings befristet auf zwei Monate. Es wurde nicht verlรคngert, und der Maurer meldete sich arbeitslos.
Zwรถlf Wochen Sperre
Die Bundesagentur fรผr Arbeit verhรคngte ihm eine zwรถlfwรถchige Sperre auf das Arbeitslosengeld mit der Begrรผndung, der Maurer habe mit der Eigenkรผndigung seines unbefristeten Arbeitsverhรคltnisses seine Arbeitslosigkeit im Anschluss an das Ende seiner befristeten Tรคtigkeit selbst herbeigefรผhrt.
Geringere Fahrtkosten und Anfahrtszeit sind ein berechtigter Grund
Der Maurer sah das nicht ein, klagte vor dem Sozialgericht, und dieses gab ihm Recht. Die Bundesagentur habe die Sperrzeit zu Unrecht verhรคngt. Denn der Klรคger hรคtte ein berechtigtes Interesse gehabt, in den Job zu wechseln, der erstens am Wohnort lag und zweitens deutlich besser bezahlt war.
Anfahrtsweg und Fahrtkosten hรคtten sich drastisch verringert, und zudem hรคtte sich der Lohn erhรถht. Es hรคtte also einen berechtigten Grund fรผr die Kรผndigung gegeben.
Das Landessozialgericht Hamburg urteilte รคhnlich
Auch das Landessozialgericht Hamburg entschied, dass eine feste Zusage oder die konkrete Aussicht auf eine neue Beschรคftigung ein wichtiger Grund zur Eigenkรผndigung sind, und deswegen keine Sperre verhรคngt werden darf. (L 2 AL 49/09).
Was sind weitere wichtige Grรผnde fรผr eine Eigenkรผndigung?
Weitere Urteile entschieden in folgenden Fรคllen, dass ein wichtiger Grund fรผr eine Eigenkรผndigung vorlag und deshalb keine Sperrzeit verhรคngt werden durfte.
Erstens eine Kรผndigung, um mit dem Lebenspartner zusammenzuziehen, zweitens eine Kรผndigung um die Pflege oder Betreuung eines Kindes oder einer unterhaltspflichtigen Person zu รผbernehmen, und drittens eine Eigenkรผndigung wegen รberforderung bei der Arbeit, die sehr belastend ist (L 5 AL 21/08).
Fazit
Agenturen fรผr Arbeit sperren immer wieder die Auszahlung des Arbeitslosengeldes, ohne dass die Berechtigung fรผr eine solche Maรnahme vorliegt. Wenn Sie selbst in die Situation kommen, dass Sie gekรผndigt haben und die Agentur Ihnen deshalb eine Sperre auferlegt, obwohl Sie meinen, einen wichtigen Grund fรผr die Kรผndigung zu haben, dann sollten Sie dagegen vorgehen.
Sozialgerichte rรผcken falsche Entscheidungen der Agenturen oft gerade, und bei einer begrรผndeten Klage ist Ihre Aussicht auf Erfolg hoch.