Mit den geplanten Hartz IV-Verschärfungen könnte sich die Situation von Leistungsberechtigten massiv verschlechtern
16.06.2014
Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat unter dem Titel „Rechtsvereinfachung im SGB II” Vorschläge erarbeitet, die eine weitere Verschärfung von Hartz IV zur Folge haben könnten. Sollten die Änderungsvorschläge der Vertreter aus vornehmlich wirtschaftsnahen Verbänden sowie der Bundesagentur für Arbeit (BA) tatsächlich angenommen werden, könnten die Jobcenter zukünftig Angehörige von Hartz IV-Beziehern stärker bei Rückforderungen in die Haftung nehmen, schärfere Sanktionen verhängen und überzahlte Beträge ohne Bescheid zurückfordern. Der Erwerbslosen- und Sozialrechtler, Harald Thomé, spricht von einem drohenden „Bewegen im rechtsfreien Raum“ der Erwerbslosen.
Änderungsvorschläge zur „Rechtsvereinfachung im SGB II” schränken Rechte von Hartz IV-Beziehern ein
Am vergangenen Mittwoch fanden bereits 24 der 120 Änderungsvorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Bundestag einen ersten Zuspruch. Mit diesen Sondergesetzen für Arme droht die weitere Entrechtung von Hartz IV-Beziehern. Thomé befürchtet die Schaffung einer „Sonderrechtszone“ durch die Novelle, „die immer stärker vom einst gültigen Sozialrecht abweicht”, schreibt er in einer Stellungnahme. Nach seiner Einschätzung könnten die Änderungen im Herbst beschlossen werden. Besonders drastisch würden sich demnach die Vorschläge der BA auf die Situation von Erwerbslosen auswirken, sollte diese wiederholt Termine beim Jobcenter versäumen. Bisher müssen Hartz IV-Bezieher in einem solchen Fall mit einer 30-prozentigen Leistungskürzung rechnen. Wenn es nach der BA geht, soll zukünftig die Leistung jedoch vollständig gestrichen werden. Darüber hinaus will die Arbeitsagentur die Rechte von Erwerbslosen hinsichtlich der Möglichkeit, Bescheide auf ihre Richtigkeit überprüfen lassen zu können, stärker einschränken. Sollte dieser Änderungsvorschlag durchgesetzt werden, bedeutete das für viele Hartz IV-Bezieher, dass sie kaum noch Möglichkeiten haben, sich gegen fehlerhafte Bescheide zu wehren. Dabei wird jeder dritte Widerspruch zugunsten der Erwerbslosen entschieden und ist somit berechtigt.
Erwerbslosengruppen wollen gemeinsam gegen geplante Änderungen im SGB II Widerstand leisten
Bei einem bundesweiten Treffen, das in der vergangenen Woche mit Teilnehmern von 60 Erwerbslosengruppen stattfand, wurde ein gemeinsamer Widerstand gegen die geplanten Änderungen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe beschlossen und für September angekündigt. In einer gemeinsamen Presseerklärung des Erwerbslosen Forum Deutschland, der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS e.V.) und der Arbeitslosenselbsthilfe Oldenburg (ALSO) soll „auf bestehende Missstände in den Jobcentern aufmerksam“ gemacht und „gegen das Vorenthalten von Leistungsansprüchen“ protestiert werden.
Durch die geplanten Aktionen wollen die Erwerbslosengruppen die drohenden Verschlechterungen durch die geplanten Änderungen abwehren. „Diese Vorschläge dürfen nicht Gesetz werden, da sie die Rechte von Leistungsbeziehern abermals einschränken und die Schlechterstellung über Sonderregeln ausweiten anstatt diese abzuschaffen“, betont Martin Behrsing vom Erwerbslosen Forum. (ag)
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