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Liedermacher Konstantin Wecker solidarisierte sich – Familienvater geht in Berufung
Wie wir bereits berichteten, wurde ein Familienvater mit Schlägen und Tritten aus dem Jobcenter geworfen, weil er wegen ausstehende Hartz IV-Zahlungen für ihn und seine Familie beim zuständigen Jobcenter nachfragen wollte. Die Situation eskalierte und in der nachfolgenden Verhandlung wurde Ufuk T. zu 170 zu 170 Tagessätzen à 15€ wegen „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und Körperverletzung“ verurteilt. Doch der Geschädigte gibt nicht auf und geht in Berufung.
Was war geschehen?
Der Angeklagte war gegen 16 Uhr im Jobcenter mit seiner Familie erschien. Zu dieser Zeit werden in der Behörde durchaus noch “Kunden”, wie es neudeutsch heißt, vorgelassen. Der Leistungsberechtigte trug sein Anliegen an der Eingangspforte vor. Er sagte, dass er sich in einer großen Notlage befinde und Hilfe benötige. Trotz Hartz IV Bescheid habe er über einen Monat kein Geld bekommen. Er könne die Miete nicht zahlen und habe zudem kein Geld für seine Familie, um Essen zu kaufen.
Beim Empfang am Tresen wurde dem Mann gesagt, dass sein zuständiger Sachbearbeiter bereits gegangen sei. Zudem würde es keine Vertretung geben. Stattdessen solle er in 4 Tagen wiederkommen, dann würde sein Anliegen bearbeitet werden. Er wurde aufgefordert das Jobcenter zu verlassen.
Familienvater weigerte sich zu gehen
Weil aber die existenzielle Not so groß war, ging der Angeklagte nicht. Stattdessen wollte er so lange bleiben, bis er mit einem Sachbearbeiter sprechen könne. Die Mitarbeiter des Jobcenters riefen daraufhin die Polizei. Diese sollte den verzweifelten Mann mit samt seiner Familie aus der Behörde begleiten. Zunächst kamen zwei Polizisten. Auch diese konnten den Mann nicht dazu veranlassen, die Behörde zu verlassen, obwohl angeblich bereits ein Hausverbot sowie Platzverweis ausgesprochen wurden. Er bestand weiterhin darauf, einen Sachbearbeiter zu sprechen, damit wenigstens die nächsten Tage Verpflegung gesichert sind.
Frische Wunde durch Operation
Nun wurde der Familienvater zwangsweise mithilfe eines Security-Mitarbeiter von der Polizei nach draußen begleitet. Dabei versuchte der Beklagte sich dem Zugriff zu entziehen. Die Auseinandersetzung, die zunächst als Rangelei begann, eskalierte. Dabei wurde der Angeklagte zu Boden geworfen. Ufuk T. wurde aber kurz zuvor am Unterleib operiert und hatte starke Schmerzen. Aus diesem Grund verschränkte er seine Arme vor seinem Bauch, um sich zu schützen. Dennoch brachte einer der Polizisten den Mann in die Bauchlage und setzte sich auf ihn, um die Hände auf dem Rücken zu fixieren. Weiterhin hielt aber der Familienvater seine Hände vor dem Bauch. Dabei rief er sinngemäß: “Ich habe Schmerzen und wurde gerade operiert, bitte hören sie auf!”.
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Schläge auf die Rippen
Nun forderte ein Polizeibeamter Verstärkung an. Nach einer kurzen Zeit waren insgesamt sechs Polizisten anwesend. Mit einem Schlagstock hebelte ein Polizist die Arme auf dem Rücken, während die anderen 5 Beamten hin festhielten, seine Nase nach oben zogen und sich auf die Beine setzten. In dem Polizeibericht war zu lesen: „Mit leichten Schlägen auf die Rippen wurde Atemnot erzeugt, damit der Wille des Angeklagten gebrochen wird“.
Nach dem Zugriff war der Angeklagte beim Arzt. Dort wurden schwere Hämatome diagnostiziert. Entsprechende Beweisfotos wurden dem Gericht vorgelegt.
Bis zur Eskalation fand laut Polizeibericht ein 20 minütiges Gespräch zwischen Polizisten und Angeklagtem statt. In dem Bericht war zu lesen: Etwa 20 Minuten fand “zuvor in vernünftiger Atmosphäre ohne Aggressivität von Seiten des Angeklagten” eine Komunikation zwischen Beamten und Ufuk T. statt. Zudem sagte einer der Polizisten, dass keine erkennbaren und gezielten Schläge seitens des Angeklagten gegen die Polizisten erkennbar gewesen wären.
Gericht folgte ausschließlich den Aussagen der Polizisten
In dem nachfolgenden Verfahren stützte sich die Anklage im Wesentlichen auf die Aussagen der Polizisten. Den Angaben des Angeklagten wurde in keinster Weise gefolgt. Nun wird ein Berufungsverfahren am Landgericht Mannheim stattfinden.
Liedermacher Konstantin Wecker solidarisierte sich
Öffentliches Aufsehen hatte der Fall erregt. Viele Menschen solidarisierten sich mit dem Familienvater. Selbst der bekannte Künstler und Liedermacher Konstantin Wecker unterstützt Ufuk T. Er sagte: „Als engagierter Verteidiger von Menschenrechten protestiere ich hiermit gegen diese Mannheimer Vorgänge. Dass Menschen in Deutschland hungern sollen, weil man sie mit Polizeigewalt aus Amtsgebäuden entfernt und daran hindert, ihren grundgesetzlich garantierten Rechtsanspruch auf ein jederzeit zu gewährleistendes menschenwürdiges Existenzminimum geltend machen zu können, empört mich zutiefst.”
Berufungsverfahren am Landgericht
Der Hartz IV Betroffene wird nun von dem Strafverteidiger Günter Urbanczyk vertreten. In dem Verfahren will der Anwalt ergründen, wie es zu der Eskaltion kommen konnte und ab wann und wie die Situation aus dem Ruder laufen konnte. Auch will der erfahrene Rechtsanwalt die soziale Hintergründe, die so etwas möglich machen, beleuchten. “Das ist in dem ersten Verfahren offensichtlich zu kurz gekommen”, so Urbanczyk bei einer Veranstaltung in Mannheim.
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