Mit Krankheit in die Rente retten

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Mit zunehmendem Alter kann es fรผr viele Menschen schwierig werden, ihre Erwerbstรคtigkeit fortzusetzen. Grรผnde hierfรผr sind nicht nur gesundheitliche Probleme, sondern auch Arbeitsplatzverluste durch Stellenabbau oder BetriebsschlieรŸungen. Doch welche Optionen gibt es, um die Zeit bis zur Altersrente zu รผberbrรผcken? Das wollen wir einmal beantworten.

Warum wird der รœbergang zur Altersrente fรผr viele zum Problem?

Mit Ende 50 oder Anfang 60 treten bei vielen Menschen erstmals ernsthafte Probleme auf, die die Arbeit immer schwerer machen.. Chronische Erkrankungen oder seelische Belastungen fรผhren oft zu lรคngeren Krankschreibungen und erschweren eine Rรผckkehr in den Arbeitsmarkt. Gleichzeitig verschรคrfen finanzielle Sorgen die Situation, da durch lรคngere Ausfรคlle Einkommenslรผcken entstehen kรถnnen.

Welche finanziellen Hilfen stehen zur Verfรผgung?

Fรผr Menschen, die aus gesundheitlichen oder beruflichen Grรผnden nicht mehr arbeiten kรถnnen, gibt es verschiedene staatliche Leistungen. Zu den wichtigsten zรคhlen das Arbeitslosengeld und das Krankengeld.

Arbeitslosengeld: Wer hat Anspruch und wie lange kann es bezogen werden?

  • Menschen รผber 58 Jahre kรถnnen bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld beziehen, vorausgesetzt, sie haben zuvor ausreichend lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt.
  • Arbeitslosengeld dient oft als Brรผcke zur Altersrente. Besonders relevant wird es, wenn jemand aufgrund von Krankheit oder einer Kรผndigung nicht mehr arbeitsfรคhig ist.

Krankengeld: Wie hilft es bei chronischer Krankheit?

  • Krankengeld kann nach sechs Wochen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber fรผr maximal 72 Wochen (1,5 Jahre) gezahlt werden. Voraussetzung ist eine durchgehende Krankschreibung.
  • Der Bezug von Krankengeld ist jedoch mit Herausforderungen verbunden: Betroffene mรผssen oft kรคmpfen, da Krankenkassen Zweifel an der Arbeitsunfรคhigkeit รคuรŸern kรถnnen.

Wie funktioniert die Kombination aus Krankengeld und Arbeitslosengeld?

Ein bewรคhrtes Modell zur รœberbrรผckung sieht wie folgt aus:

  1. Phase 1: Krankengeldbezug
    Nach der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber wird Krankengeld bezogen, wenn eine Krankschreibung vorliegt. Diese Phase kann bis zu 1,5 Jahre dauern.
  2. Phase 2: Arbeitslosengeld nach Krankengeld (Aussteuerung)
    Nach Ablauf des Krankengeldes (sogenannte Aussteuerung) kรถnnen Betroffene bei der Arbeitsagentur Arbeitslosengeld beantragen. Voraussetzung ist, dass sie weiterhin arbeitsunfรคhig sind und zuvor in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben.
  3. Gesamtdauer der รœberbrรผckung
    Durch die Kombination aus Krankengeld (1,5 Jahre) und Arbeitslosengeld (2 Jahre) kรถnnen Betroffene bis zu 3,5 Jahre รผberbrรผcken. Diese Zeit reicht oft aus, um bis zur Altersrente zu gelangen.

Was tun, wenn kein Arbeitsvertrag mehr besteht?

Auch wer bereits aus dem Arbeitsverhรคltnis ausgeschieden ist, kann Krankengeld beziehen. Der entscheidende Schritt ist, sich wรคhrend des Bezugs von Arbeitslosengeld bei Krankheit weiterhin krankschreiben zu lassen.

  • Nach sechs Wochen Arbeitslosengeldzahlung รผbernimmt die Krankenkasse die Leistung, und der Anspruch auf Krankengeld entsteht erneut.
  • Dies ermรถglicht auch in dieser Konstellation eine รœberbrรผckung von bis zu 3,5 Jahren.

Welche Herausforderungen gibt es in der Praxis?

Obwohl die Kombination aus Krankengeld und Arbeitslosengeld in der Theorie gut funktioniert, ist die Praxis oft kompliziert:

  • Bรผrokratische Hรผrden: Betroffene mรผssen sich mit der Krankenkasse und der Arbeitsagentur auseinandersetzen. Insbesondere Krankenkassen prรผfen die Arbeitsunfรคhigkeit oft kritisch.
  • Psychische Belastung: Schwerkranke Menschen sind hรคufig schon durch ihre Erkrankung belastet. Die zusรคtzlichen Behรถrdengรคnge und Auseinandersetzungen mit Leistungstrรคgern kรถnnen eine erhebliche Stressbelastung darstellen.

Welche Alternativen gibt es zur Altersrente?

Neben der Regelaltersrente gibt es weitere Modelle, die in Betracht gezogen werden kรถnnen:

  • Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen: Diese kann unter bestimmten Voraussetzungen bereits ab 62 Jahren in Anspruch genommen werden.
  • Teilrente: Durch eine Teilzeitarbeit oder einen Minijob kรถnnen noch fehlende Versicherungszeiten erfรผllt werden, um einen Rentenanspruch zu sichern.

Praxisbeispiel: Frau Meier auf dem Weg in die Altersrente

Frau Meier ist 59 Jahre alt und hat รผber 35 Jahre lang als Sachbearbeiterin in einem mittelstรคndischen Unternehmen gearbeitet. Seit einiger Zeit leidet sie unter einer chronischen Rรผckenerkrankung und Depressionen, was ihre Arbeit zunehmend erschwert.

Nach mehreren lรคngeren Krankheitsphasen wird Frau Meier schlieรŸlich arbeitsunfรคhig geschrieben. Ihr Arbeitgeber kรผndigt ihr nach Ablauf der gesetzlichen Lohnfortzahlung aufgrund betrieblicher Umstrukturierungen. Frau Meier steht nun vor der Herausforderung, ihren Lebensunterhalt zu sichern, bis sie in die Altersrente eintreten kann.

Schritt 1: Krankengeld nach der Krankschreibung

Nachdem Frau Meier sechs Wochen lang weiterhin ihr Gehalt vom Arbeitgeber erhalten hat (Lohnfortzahlung), beginnt sie Krankengeld von ihrer Krankenkasse zu beziehen. Dies ist mรถglich, da sie weiterhin arbeitsunfรคhig geschrieben ist.

  • Dauer des Krankengeldes: Bis zu 72 Wochen (1,5 Jahre).
  • Hรถhe des Krankengeldes: Etwa 70 % des Bruttoverdienstes, jedoch maximal 90 % des Nettogehalts.

Wรคhrend dieser Zeit kรผmmert sich Frau Meier um ihre Gesundheit, besucht Reha-MaรŸnahmen und arbeitet an ihrer Genesung. Dennoch bleibt sie dauerhaft arbeitsunfรคhig.

Schritt 2: Aussteuerung und Wechsel zum Arbeitslosengeld

Nach Ablauf der 72 Wochen endet ihr Anspruch auf Krankengeld. In diesem Fall spricht man von der sogenannten Aussteuerung. Frau Meier wendet sich nun an die Arbeitsagentur, um Arbeitslosengeld zu beantragen.

Obwohl sie weiterhin krankgeschrieben ist, hat sie Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil sie in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat und nicht mehr in einem Arbeitsverhรคltnis steht.

  • Dauer des Arbeitslosengelds: Bis zu 24 Monate (bei Personen รผber 58 Jahren).
  • Hรถhe des Arbeitslosengelds: Etwa 60 % ihres vorherigen Nettoverdienstes (bzw. 67 % bei Personen mit Kindern).

Schritt 3: รœberbrรผckung bis zur Altersrente

Durch die Kombination aus Krankengeld (1,5 Jahre) und Arbeitslosengeld (2 Jahre) kann Frau Meier insgesamt 3,5 Jahreรผberbrรผcken. Diese Zeitspanne reicht, bis sie mit 62 Jahren in die Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen eintreten kann.

Da Frau Meier bereits seit mehreren Jahren einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 50 besitzt, erfรผllt sie die Voraussetzungen fรผr diese spezielle Form der Altersrente. Allerdings muss sie einen Abschlag von 10,8 % auf ihre monatliche Rentenzahlung in Kauf nehmen, da sie vorzeitig in Rente geht.

Herausforderungen nur mit Unterstรผtzung

Wรคhrend der gesamten Phase hat Frau Meier mit verschiedenen bรผrokratischen Herausforderungen zu kรคmpfen:

  • Ihre Krankenkasse fordert mehrfach neue Atteste an, um die Krankschreibung zu bestรคtigen.
  • Bei der Arbeitsagentur wird sie aufgefordert, sich trotz Krankheit aktiv um eine Arbeitsstelle zu bemรผhen. Dies fรผhrt zu zusรคtzlichen Belastungen, die sie ohne Unterstรผtzung kaum bewรคltigen kรถnnte.

Frau Meier sucht Hilfe beim Sozialverband Deutschland (SoVD), der sie sowohl bei der Kommunikation mit den Behรถrden als auch bei der Beantragung ihrer Altersrente unterstรผtzt. Durch die Beratung erfรคhrt sie auch von der Mรถglichkeit, mit einem Minijob zusรคtzliche Versicherungszeiten zu erwerben, um ihre Rentenhรถhe minimal zu verbessern.

Ergebnis

Dank einer guten Planung und professioneller Beratung gelingt es Frau Meier, den รœbergang zur Altersrente finanziell abzusichern. Trotz der gesundheitlichen und bรผrokratischen Herausforderungen kann sie mit 62 Jahren in die Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen eintreten und sich auf ihre Gesundheit konzentrieren.