Das Bundessozialgericht hat in einem Urteil (Az: B 13 R 19/17 R) eine wichtige Entscheidung zur Altersrente fรผr besonders langjรคhrig Versicherte getroffen. Im Kern geht es darum, dass der Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor dem Rentenbeginn unter bestimmten Umstรคnden nicht zur Erfรผllung der geforderten 45-jรคhrigen Wartezeit angerechnet wird.
Wer hier nicht aufpasst, kann schnell in eine Rentenfalle geraten und am Ende ohne die erwartete Rente dastehen.
Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren: Unter diesen Voraussetzungen nicht anrechenbar
Das Bundessozialgericht entschied, dass der Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor dem Rentenbeginn nicht zur Erfรผllung der Wartezeit beitrรคgt, wenn der Versicherte zuvor in eine Transfergesellschaft gewechselt ist, um eine Insolvenz zu vermeiden, und das Transferarbeitsverhรคltnis durch Fristablauf endete.
Im vorliegenden Fall รผbergab ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhรคltnis an eine Transfergesellschaft, nachdem sein vorheriger Arbeitgeber das Arbeitsverhรคltnis aufgelรถst hatte.
Der anschlieรende Bezug von Arbeitslosengeld รผber 20 Monate wurde vom Gericht als nicht anrechenbar eingestuft, da diese Arbeitslosigkeit nicht auf einer Insolvenz oder einer vollstรคndigen Geschรคftsaufgabe beruhte.
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Warum Beitragszeiten nicht immer angerechnet werden
Die gesetzliche Regelung besagt, dass Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn in der Regel nicht auf die erforderlichen 45 Beitragsjahre angerechnet werden.
Nur wenn diese Arbeitslosigkeit aufgrund einer Insolvenz oder einer vollstรคndigen Geschรคftsaufgabe des Arbeitgebers erfolgt ist, kรถnnen diese Zeiten ausnahmsweise berรผcksichtigt werden.
Im konkreten Fall stellte das Gericht fest, dass der alte Arbeitgeber sein Geschรคft nicht vollstรคndig aufgegeben hat, sondern lediglich eine Transfergesellschaft eingerichtet wurde, um die Insolvenz abzuwenden. Das reichte nicht aus, um die Anrechnung zu rechtfertigen.
Transfergesellschaft: Ein Risiko fรผr die Rentenzeit
Das Bundessozialgericht stellte eindeutig fest, dass der Wechsel in eine Transfergesellschaft zur Insolvenzabwendung nicht mit einer vollstรคndigen Geschรคftsaufgabe gleichgesetzt werden kann. Eine Transfergesellschaft ist eine eigenstรคndige Einheit, die Arbeitnehmer vorรผbergehend auffรคngt und nicht das Ende der unternehmerischen Tรคtigkeit bedeutet.
Das Arbeitsverhรคltnis des Klรคgers endete lediglich durch den Fristablauf der Transfergesellschaft, nicht durch Insolvenz oder eine vollstรคndige Aufgabe des Unternehmens. Daher kรถnnen diese Zeiten nicht auf die Wartezeit angerechnet werden.
Verfassungsmรครigkeit der Regelung โ Keine willkรผrliche Entscheidung
Der Klรคger sah in dieser Regelung eine Ungleichbehandlung und fรผhrte eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Artikel 3 des Grundgesetzes an. Er argumentierte, dass auch eine Betriebsรคnderung als vollstรคndige Geschรคftsaufgabe gewertet werden sollte, wenn dies zur Grรผndung einer Transfergesellschaft fรผhrt. Das Gericht sah dies anders.
Der Gesetzgeber hat bewusst die Rรผckausnahme nur auf die Tatbestรคnde โInsolvenzโ und โvollstรคndige Geschรคftsaufgabeโ beschrรคnkt, um Fehlanreize zur Frรผhverrentung zu verhindern. Diese Regelung soll verhindern, dass Versicherte ohne ernsthafte Absicht zur Wiedereingliederung Arbeitslosengeld beziehen und so die Altersrente in Anspruch nehmen kรถnnen.
Missbrauch verhindern โ Interessen der Gemeinschaft schรผtzen
Die Entscheidung des Gesetzgebers, nur wenige Ausnahmegrรผnde zur Anrechnung zuzulassen, wurde vom Gericht als nicht willkรผrlich angesehen. Diese Differenzierung basiert auf einer nachvollziehbaren Abwรคgung zwischen den Interessen der Beitragszahler und den Bedรผrfnissen der Versicherten, die unverschuldet arbeitslos wurden.
Die Regelung verfolgt das Ziel, den Missbrauch des Arbeitslosengeldbezugs zur Frรผhverrentung zu verhindern und das solidarische Rentensystem zu schรผtzen.
Keine abschlagsfreie Altersrente bei fehlender Wartezeit
Letztlich wurde die Revision des Klรคgers zurรผckgewiesen. Der Versicherte konnte die geforderten 45 Beitragsjahre nicht nachweisen, da von den 540 erforderlichen Beitragsmonaten lediglich 529 Monate erfรผllt waren.
Die 20 Monate des Arbeitslosengeldbezugs in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn wurden aufgrund der klaren gesetzlichen Vorgaben nicht anerkannt.
Verhinderung von missbrรคuchlicher Frรผhverrentung als klares Ziel
Ein wichtiger Punkt der Entscheidung ist die Prรคvention von Frรผhverrentungen auf Kosten der Beitragsgemeinschaft. Das Bundessozialgericht fรผhrte aus, dass durch die beschrรคnkte Anrechenbarkeit von Arbeitslosengeldzeiten verhindert werden soll, dass Versicherte zwei Jahre vor dem Renteneintritt in den Bezug von Entgeltersatzleistungen wechseln, ohne eine ernsthafte Perspektive auf berufliche Wiedereingliederung zu haben.
Ziel ist es, die Fehlentwicklungen der 1980er und 1990er Jahre, als Frรผhverrentung verbreitet war, zu vermeiden.
Was du wissen musst, um die Rentenfalle zu vermeiden
Das Urteil des Bundessozialgerichts zeigt klar auf, wie streng die Vorgaben zur Anrechenbarkeit von Beitragszeiten sind. Gerade Arbeitslosengeldzeiten, die in den letzten zwei Jahren vor dem geplanten Rentenbeginn bezogen werden, sind nur unter ganz spezifischen Bedingungen anrechenbar.
Wer Arbeitslosengeld bezieht und dabei auf eine abschlagsfreie Rente hofft, sollte unbedingt die gesetzlichen Voraussetzungen prรผfen, um nicht eine bรถse รberraschung zu erleben.