Hartz IV Sozialbehörde frisierte Daten?

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Schwere Vorwürfe erhebt der Kassler Stadtverordnete Kai Boeddinghaus (Die Linke) gegenüben die Sozialbehörden der Stadt. Die Akten im Sozialamt waren allem Anschein nach absichtlich frisiert und unvollständig.

07.06.2013

Rund 1000 Haushalte in Kassel, die auf Hartz IV Zahlungen angewiesen sind, sollen von der Stadt Monatelang zu wenig Unterkunftskosten bezahlt bekommen haben, obwohl ihnen eine deutlich höhere Summe zugestanden hätte. Davon jedenfalls geht die Linke in Kassel aus.

Im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses hatte der Linkspolitiker Kai Boeddinghaus die Akten des Sozialamtes durchgesehen. Seinen Angaben zufolge gebe es „Indizien“, dass die Stadt Kassel eine sechsstellige Summe den Leistungsberechtigten vorenthalten habe.

Nach massiven Auseinandersetzungen und politischen Querelen wurde das Berechnungssystem für die Unterkunftskosten bei Hartz IV fortlaufend verändert. Ende 2010 hatten die Stadtoberen angekündigt, dass durch eine Neuregelung Hartz IV Bezieher besser stehen würden. Die Betroffenen sollten für bis zu 18 Monaten Nachzahlungen erhalten.

Doch bis heute ist nicht geklärt, ob dies tatsächlich vollständig passierte und wie viel Finanzmittel aufgewendet wurden. Zudem seien die entsprechenden Akten nach Angaben des Linksparteipolitikers „unvollständig und frisiert“. Obwohl es mehrfach Änderungen gab, sei augenscheinlich auffällig, dass es so gut wie „keine Konzeptpapiere, Entwürfe oder Protokolle von Dienstbesprechungen sich finden lassen, in denen die Neuerungen vorbereitet wurden“, so Boeddinghaus. Das sei auch erkennbar im Vergleich mit anderen Akten. Der Unterschied sei geradezu eklatant. Zum Beispiel habe der Sozialamtsleiter Detlev R. in einem Rundschreiben Januar 2011 seine Mitarbeiter um Verständnis gebeten, da es neue Anforderungen gebe, welche durch „intensive juristische Bewertungen notwendig“ geworden seien. Doch über eben jene Rechtsprüfungen lasse sich in den Akten nichts finden, moniert der Stadtverordnete.

Zudem stellte er fest, dass die durchnummerierten Blätter in den Unterlagen die Abfolge von Verfahrensänderungen nicht mit der zusammenpasst, die eigentlich passiert sei. Diese und weitere Indizien würden dafür sprechen, dass die Akten manipuliert wurden.

Die Unterlagen, wie viel Geld nun nachgezahlt werden müssten, geben im Gesamtbild ein „einziges Durcheinander“, dass „keinerlei System erkennen lässt“. Damit würden sich die Hinweise verdichten, „dass nicht nur die Aktenführung, sondern auch die Nachzahlungspraxis lückenhaft ist“.

Am kommenden Donnerstag tagt der seit 2011 eingesetzte Untersuchungsausschuss erneut. Dort sollen auf Verlangen der Linkspartei die offenen Fragen geklärt werden. Die Öffentlichkeit wird dabei aber ausgeschlossen. In den geschlossenen Räumen wird sich der Stadtverordnete sicherlich viel Häme aussetzen müssen, da er die Vertraulichkeit des Gremiums verletzt hat. Ihm sei dies bewusst, sagt Boeddinghaus. Er habe aber in „Notwehr“ gehandelt, da den anderen Fraktionen offenbar das Interesse an der Aufklärung verloren gegangen scheint. (sb)

Bild: Jorma Bork / pixelio.de